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Grüner Frieden, heiße Höschen und eine Raumstation

Was neben der Universität Bremen 1971 sonst noch neu war

Uni & Gesellschaft

Vor 50 Jahren kürt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zum ersten Mal die Wörter des Jahres. Ausgewählt werden Begriffe und Wendungen, die die öffentliche Diskussion besonders bestimmt haben. Dazu zählen Umweltschutz, Nostalgie und heiße Höschen. „Spitzenwort des Jahres“ 1971 ist das Adjektiv „aufmüpfig“. So muss der etablierten Ordinarienuniversität mit Hierarchie und Lehrstuhl auch die Gründung der Universität Bremen vorgekommen sein. Praxisorientiertheit, Drittelparität und Projektstudium waren vielen etablierten Kräften zu radikal. Die frühen 70er Jahre sind grundsätzlich eine Zeit der Erneuerung. Hier eine Auswahl:

Die erste Raumstation

Die erste Raumstation der Welt: Saljut 1
©UdSSR Post

Zwei Jahre nachdem die USA erfolgreich auf dem Mond gelandet sind, punktet die UdSSR im Weltraum-Wettrennen. 1971 bringt sie erstmals eine Raumstation ins Weltall – Saljut 1. 22 Tage, so lang wie niemals zuvor, forschen und arbeiten drei Kosmonauten, Georgi Dobrowolski, Wladislaw Wolkow und Wiktor Pazajew, auf der Orbitstation. Bei der Rückkehr zur Erde dann die Katastrophe: Wegen eines fehlerhaften Ventils wird der Sauerstoff der Station vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre ins All gesaugt – die drei Männer ersticken. Knapp vier Monate später wird Saljut 1 über dem Pazifik zum Absturz gebracht.

Die erste E-Mail

Vor 50 Jahren schickt der US-Amerikaner Ray Tomlinson einen elektronischen Brief an sich selbst: Die E-Mail ist geboren. Auch die typische Adresse geht auf den Erfinder zurück. Um Profilnamen von der Domainadresse zu trennen, wählt er eine Taste, die weder in der Informatik noch in Personen- oder Firmennamen verwendet wurde: @.

Der erste „grüne Frieden“

Im Herbst 1971 chartern Friedensaktivist:innen des kanadischen „Don’t Make a Wave Committee“ einen Fischkutter. Das Ziel: Atomtests vor Alaska stören. Der Name des Kutters ist Programm: „Greenpeace“. Die Nichtregierungsorganisation ist geboren.

Die erste Wahl

50 Jahre Frauenwahlrecht in der Schweiz
© AdobeStock 269558224

1971 beschließen die Schweizer durch Volksabstimmung, dass Schweizerinnen das aktive und passive Wahlrecht auf Bundesebene bekommen. Damit ist die Schweiz eines der letzten Länder in Europa, das Frauen volle Bürgerrechte zugesteht. Bis Frauen allerdings in allen Kantonen wählen dürfen, wird es noch 20 Jahre dauern. In Appenzell Innerrhoden müssen Gerichte das Stimmrecht 1990 gegen den Mehrheitsentscheid der Männer an der Landsgemeinde durchsetzen.

Die erste Fernsehmaus

Kinder und ihre Fragen ernst nehmen. Das war von Anfang an das Erfolgsrezept der Sendung mit der Maus. 1971 präsentiert die orangefarbene Maus das erste Mal ihre Lach- und Sachgeschichten im Fernsehen – erfolgreich bis heute.

Die ersten heißen Höschen

Was 1962 Jahren die Miniröcke, sind 1971 die heißen Höschen: skandalös. Trotzdem oder gerade deswegen werden die kurzen, engen Hosen – oder Hotpants – bei Frauen wie Männern zum Verkaufsschlager.

Die ersten Mangos und Kiwis

Lecker Mango seit 1971
© Birgit Bruns/Universität Bremen

Auf der Allgemeinen Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung (ANUGA) in Köln werden den europäischen Konsument:innen erstmals Mangos, Kiwis, Papaya und Kumquats vorgestellt. In westdeutschen Geschäften gibt es nun auch Auberginen und Avocados zu kaufen. In der DDR ist exotisches Obst Mangelware. Ausnahmen sind Orangen aus Kuba oder Ananas aus der Dose.

Das erste Imagine

Vier Jahre vor dem Ende des Vietnam-Kriegs komponieren John Lennon und Yoko Ono den Popsong Imagine. Das Stück beschreibt die Vision einer Gesellschaft frei von Religion, Nationalismus und Besitz. Es gilt als eine Hymne der Friedensbewegung, laut Rolling Stone Platz 3 auf der Liste der 500 besten Songs. Übrigens wurde 1971 auch ein anderes Kultlied veröffentlicht: Led Zeppelins „Stairway to Heaven“.

Der erste deutsch-deutsche Dialog

26 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg finden 1971 die beiden deutschen Regierungen erstmals zu Gesprächen zusammen. Möglich machte das das Viermächte-Abkommen der Alliierten. Geregelt beim deutsch-deutschen Dialog wird der Personen- und Güterverkehr zwischen der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik, heute als Transitabkommen bekannt.

Der erste Boss

Zunächst nur in Gelb, dann auch in Orange, Rot und Grüne – der Textmarker
© AdobeStock 72609888

Trocknet schnell, tropft nicht und leuchtet gelb, ohne zu verdecken: 1971 erfindet die Firma Stabilo den Textmarker „Stabilo Boss“. Bisher wurden Textstellen an- und unterstrichen, Textpassagen zu markieren mutet revolutionär an. Ein Gedanke, der den Studierenden an der neuen Universität Bremen sicher gefallen hat.

Das letzte Fräulein

1971 ordnet der westdeutsche FDP- Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher an, alle weiblichen Erwachsenen in Amtsgeschäften verbindlich mit „Frau“ anzusprechen. Damit wird die ungeliebte Anrede „Fräulein“ abgeschafft. Unverheiratete Männer würden auch nicht mit „Herrlein“ angesprochen, lautete ein Argument bereits 100 Jahre früher. Ein weiterer Kritikpunkt: Weibliche Erwachsene werden öffentlich durch ihre Beziehung zum (Ehe)-Mann als verheiratet oder ledig klassifiziert. Bei Männern hingegen ist der Personenstand privat. In der DDR war übrigens bereits 1951 allen weiblichen Erwachsenen die Anrede „Frau“ erlaubt.

Mehr zu 50 Jahre Uni Bremen

Auf unserer Webseite 50 Jahre Uni Bremen findet ihr jede Menge Infos zum runden Geburtstag der Universität Bremen.

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