Kennt Ihr schon…das Wandbild im GW2?
Auf dem Campus gibt es viel zu entdecken. Doch was verbirgt sich dahinter? up2date hat für Neugierige Erklärungen zusammengetragen. Willkommen zur Campusführung!
„Wir waren ganz schön prophetisch“, sagt Jimmi D. Paesler nachdenklich, als er nach langen Jahren wieder vor dem Wandbild im Erdgeschoss des GW2 steht. Er hat es einige Jahrzehnte lang nicht gesehen und ist über den guten Zustand der Acrylmalerei überrascht.
Bis in die 90er-Jahre war der Bremer Maler Lehrbeauftragter im Studiengang Kunstpädagogik der Universität Bremen. Mit einer Gruppe von Studierenden hat er vier Semester lang die Konzeption für das Bild erstellt, das 1981 fertig wurde. Stichwort: „Kunst im öffentlichen Raum“. Thema des sechs mal zehn Meter großen Wandbildes war die Studiensituation an der Universität aus Sicht der Studierenden. Bei intensiver Betrachtung werden auch heute noch der allegorische Charakter und zeitbezogene versteckte Symbole sichtbar.
Digitalisierung begann
Paesler, inzwischen Mitte 70, mit Schiebermütze, Ohrstecker und Schalk in den Augen, gibt sich auch heute noch kämpferisch. „Wir wollten die bevorstehenden großen Umbrüche darstellen“, sagt er. „Die Ökonomisierung des Studiums. Die unklare berufliche Zukunft. Die Verunsicherung von Studenten. Wir haben das vorweggenommen. Die Geisteswissenschaften wurden reduziert, das läuft ja immer noch auf Hochtouren.“ Und es sei eine Zeit gewesen, in der die Digitalisierung gerade anfing. Folgerichtig gründet eine der Säulen, die die zentrale Treppe des Aufstiegs säumen, auf Computerteilen. „Ja, die sahen damals so mächtig aus“, lacht er.
Ungewisse Zukunft
Mühelos kann der ehemalige Lehrbeauftragte die porträtierten Personen in der rötlich gemalten Arbeitsgruppe mit Namen nennen. Die Zweite von rechts ist Ulrike. Sie hatte die Idee, ein Bildzitat zu wählen. Die grauen huttragenden Männer im Vordergrund, die mit dem Rücken zum Betrachter stehen, sind dem berühmten Bild von Richard Oelze „Die Erwartung“ nachempfunden. Oelze, der in Worpswede lebte, schuf das surrealistische Motiv 1935. Die grauen Männer im GW2 schauen nun gemeinsam mit dem Betrachter durch einen plastisch wirkenden Rahmen in das eigentliche Bild hinein. Sie sehen strauchelnde Studenten, die den politischen Kampf aufgeben. Dafür steht das rote Transparent, das die Treppe hinabrutscht. Die ungewisse Zukunft in der gesellschaftlichen Realität wird durch einen Lichtspalt hinter einer schweren Panzertür verdeutlicht.
Invalider Marx
„Haben Sie den invaliden Marx gesehen?“, kichert Paesler und weist darauf hin, dass der auf seiner Gesamtausgabe steht, „die blauen Bücher“. Die geballten Fäuste, die die nächste Säule halten, sollten eine Parodie auf die K-Gruppen (maoistisch und kommunistisch orientierte Gruppen in der Studentenbewegung) sein. Das Pendant zu Marx ist auf der rechten Bildseite zu sehen. Die Säulenheilige ist ein Hermaphrodit mit den Gesichtszügen von Woody Allen, einem Geldschein in der Hand und einer Banderole mit der Aufschrift. „Freiheit der Wissenschaft“. Die Käuflichkeit der Wissenschaft wollten die Studierenden damit aufs Korn nehmen. „Der rechts oben, der sich von der Mauer stürzen will, weil er den Übergang in die freie Wirtschaft nicht hinkriegt, das ist Victor Ströver“, sagt Päsler. Sein ehemaliger Student hat heute ein Webdesign-Unternehmen in einer Villa in Schwachhausen. Es ist also doch besser gelaufen, als erwartet.
Bilderklärung bei Führungen
„Der zweite von links in der Arbeitsgruppe, das war ich. Ja, ich hatte so lange Haare damals“. Jimmi Paesler freut sich, als er hört, dass Campusführungen immer auch die Wandbilddeutung einbeziehen. Er hat nur einen dringlichen Wunsch. „Es sollte eine Tafel angebracht werden, mit den Namen der Schöpfer darauf.“
Weitere Informationen zu dem Bremer Wandmaler und ehemaligen Lehrbeauftragten Jimmi D. Paesler.