Nachhaltigkeit wird zum grundlegenden Leitprinzip der Universität Bremen
Die Universität Bremen modernisiert ihr Leitbild: Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität werden zentral.
Es ist eine weitreichende Veränderung. Die Universität Bremen ändert ihr Leitbild, das inzwischen mehr als 20 Jahre alt ist: Die Themen Klima und Nachhaltigkeit bekommen eine herausgehobene Bedeutung. Beschlossen hat dies im April 2022 der Akademische Senat. Zuvor war mit der Einrichtung einer Kommission für Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität ein starkes Zeichen gesetzt worden. Für Studierende und Mitarbeitende bedeutet diese Weiterentwicklung der Universität, dass das Thema in allen Bereichen künftig eine große Rolle spielen wird.
Die Studierenden waren die treibende Kraft. Auf ihre Initiative hin hat sich die Universität Bremen auf den Weg gemacht, das Thema Klima noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Schon im Sommer 2020 hatten sie eine Anfrage an das Rektorat gestellt und das Thema damit prominent auf die Tagesordnung gebracht.
Studierende brachten etwas in Bewegung
Die Vertreter:innen der Studierenden im Akademischen Senat wollten wissen, wie ihre Universität zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz steht und was in der Forschung, in der Lehre und auf dem Campus für den Klimaschutz getan wird. Hintergrund waren Forderungen der Students for Future Bremen, die auf der studentischen Vollversammlung im November 2019 vorgestellt und diskutiert wurden. Der Akademische Senat – das Uni-Parlament, das aus Professorinnen und Professoren, Mitarbeitenden und Studierenden besteht – berief eine Klausurtagung ein. Auf ihr diskutierten die Mitglieder darüber, wie Klimaschutz noch stärker Eingang in Forschung, Lehre und den Betrieb der Uni finden kann.
„Die Studierenden haben nicht lockergelassen und sie haben ja auch Recht“, sagt der Physik-Professor Jens Falta, der die Kommission im Akademischen Senat leitet. „Es ist gesellschaftlich wichtig, dass die Universität sich da nicht heraushält. Im Gegenteil: Wir müssen eine Vorreiterrolle einnehmen.“
Das Engagement der Studierenden hat ohne Zweifel einiges in Gang gesetzt. Die Kommission für Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität (NKK) wurde gegründet. Sie soll das Thema in alle Bereiche der Universität tragen und konkrete Maßnahmen erarbeiten. In diesem Zuge verständigte sich der Akademische Senat auch darauf, ein neues Leitbild zu formulieren. Geleitet wird die entsprechende Lenkungsgruppe von Uni-Rektorin Jutta Günther. In dieser Gruppe sind Personen aller Statusgruppen, Dekan:innen, Personalvertretung, Repräsentant:innen der Gleichstellung und Diversität, Students for Future und die Umweltmanagerin der Universität vertreten.
Ein neues Leitbild für die Zukunftsthemen
„Die Welt verändert sich. Das muss sich auch in unserem Leitbild widerspiegeln“, davon ist die Rektorin überzeugt. Das Leitbild der Universität Bremen sei nun mehr als 20 Jahre alt, es müsse unbedingt aktualisiert werden. „Der Beschluss des Akademischen Senats, Nachhaltigkeit zum grundlegenden Leitprinzip der Universität zu machen, bedeutet eine enorme Aufwertung des Themas.“ Und sie stellt klar: „Die Hinwendung zum Thema soll keineswegs die wissenschaftliche Kreativität eingrenzen, sondern erwächst aus unserem Auftrag, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.“ Es sei ein Gesamtprojekt, zu dem alle Disziplinen etwas beitragen könnten.
Jutta Günther weiter: „Wir möchten nicht nur die naturwissenschaftliche Seite beleuchten, sondern neben der ökologischen auch die soziale und ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage ist eine drängende globale Herausforderung. Bei der Problemlösung sind die Geistes- und Sozialwissenschaften ebenso gefragt wie die Natur- und Technikwissenschaften.“
Neuer Studiengang: Natural Science for Sustainable Future
Der neue englischsprachige Bachelor-Studiengang „Natural Science for Sustainable Future“, der gerade in Planung ist, greift diese Idee auf. „Wir haben gemeinsam mit den Fächern Physik, Geowissenschaften, Biologie und Chemie beschlossen, diesen Studiengang zu entwickeln“, erläutert Jens Falta. „Mit Schwerpunkt in den Naturwissenschaften entsteht hier ein Studiengang „Natural Science for Sustainable Future“, der auch einen großen Anteil aus anderen Wissenschaften beinhalten wird: Wirtschaft, Sozialwissenschaft, Philosophie.“ Der englischsprachige Studiengang unterstreiche von vornherein die internationale Orientierung der Ausbildung.
Der Studiengang ist nicht fächerorientiert, sondern themenzentriert. Energie- und Ressourcenfragen, Ökologie und globale Gesundheit spielen eine Rolle. Er wird von den beteiligten Fachbereichen getragen. Dies erfordert neue Konzepte der Zusammenarbeit. Jens Falta hofft, dass in zwei Jahren die ersten Studierenden starten können.
Auch in bestehenden Studiengängen wird es veränderte Angebote geben. Professor Falta nennt ein Beispiel aus seinem Fachgebiet, der Festkörperphysik. „Hier steht die effiziente Lichterzeugung, also zum Beispiel durch LED, auf dem Lehrplan. Auf diesem Gebiet hat sich sehr viel getan. Ich möchte nicht nur den Studierenden der Physik vermitteln, welche großen Chancen hier liegen.“
Klar ist: Das Thema wird die Universität umfassend prägen. So wird gerade auch ein Green Office für Studierende eingerichtet werden. Die Idee: Indem Studierende einen festen Ort bekommen, erhält deren Arbeit am Thema Klimaschutz mehr Kontinuität. Und die Stimme der Studierenden soll stärker wahrnehmbar sein, die Vernetzung leichter werden.
Klimaschutz ist schon lange wichtiges Thema an der Universität Bremen
Das Thema Klima spielt an der Universität Bremen schon lange eine wichtige Rolle. In Forschung und Lehre ist sie in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz bereits gut aufgestellt. Auf dem Campus gibt es viele konkrete Klimaschutzaktivitäten. So bezieht die Universität ihren gesamten Energiebedarf aus Ökostrom, und eine Initiative von Mitarbeitenden betreibt Solaranlagen auf Uni-Dächern.
„Wir fangen also nicht bei null an, denn die Uni hat sich schon früh mit Umweltschutz beschäftigt“; betont die Uni-Rektorin. Einen wichtigen Part spielt dabei Dr. Doris Sövegjarto, die für das gesamte Klima-und Umweltmanagement auf dem Campus der Universität Bremen zuständig ist und auch in der Kommission des Akademischen Senats vertreten ist. Sie hat zum Beispiel erreicht, dass die Universität seit 2004 ein kontinuierlich validiertes Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco-Management Audit Scheme) hat. Mit diesem Zertifikat wird der Universität bescheinigt, dass sie ihre Umweltleistungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus erfüllt.
Deswegen ist Jutta Günther zuversichtlich: „Aus meiner Sicht ist die Universität Bremen schon jetzt sehr gut positioniert, um ‘Klimawandel und Nachhaltigkeit’ zu ihrem Leitthema zu machen,“ erklärt sie. „Hier liegt eine große Chance, das Studium noch attraktiver zu gestalten. Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Universität.“
Der Beschluss des Akademischen Senats vom 27. April 2022 lautet:
„Nachhaltigkeit ist das grundlegende Leitprinzip der Universität Bremen. Im Hinblick auf die Klimakrise, das Artensterben und weitere existenzbedrohende Krisen sind der Universität dabei die globalen Nachhaltigkeitsziele und Klimagerechtigkeit zentrale Anliegen. Die Universität bekennt sich zu ihrer Verantwortung für die notwendige globale sozialökologische Transformation und für Gerechtigkeit gegenüber gegenwärtigen und zukünftigen Generationen. Für diese Transformation als übergeordnete, strategische Aufgabe der Universität werden konkrete und verbindliche Ziele und Maßnahmen in einer universitätsweiten Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt. Dabei stützt sich die Universität auf ein Nachhaltigkeitsverständnis, in dem ökologische Rahmenbedingungen sowie soziale und ökonomische Aspekte vernetzt berücksichtigt werden.“ (Beschluss Nr. 9162)