Universität Bremen setzt im Wintersemester auf Präsenz
Was ist genau geplant? Das verrät Professor Thomas Hoffmeister, Konrektor für Studium und Lehre, im Interview.
Die Sehnsucht nach einer Rückkehr auf den Campus ist bei vielen Studierenden und Lehrenden groß. Endlich wieder gemeinsam im Hörsaal sitzen, mit anderen zusammen lernen statt allein vorm heimischen Rechner. Aktuell bereitet sich die Universität Bremen auf ein Präsenzsemester vor. Thomas Hoffmeister, Konrektor für Studium und Lehre, hat diesbezüglich eine klare Haltung: „Kommt an die Uni Bremen, denn wir bieten euch ein Studium in seiner besten Form, zusammen auf dem Campus!“
Herr Hoffmeister, wie bereitet sich die Universität Bremen auf das Wintersemester vor?
Im Moment sehr technisch. Wir wollen so für bestmögliche Sicherheit auf dem Campus sorgen. Die aktuelle Landesverordnung schreibt ja die 3G-Regel vor. Das bedeutet, dass in die Uni-Gebäude nur Geimpfte, Genesene und Getestete hineindürfen. Wir arbeiten gerade an elektronischen Lösungen. Das wird dann vermutlich so aussehen, dass man mit seinem digitalen Zertifikat einfach zur Erfassung an einem Panel vorbeigeht. Damit stellen wir sicher, dass wir einen zügigen Durchlauf an den Gebäudeeingängen haben. Das andere ist die Nachverfolgung. Das wollen wir über die Gast-Bremen-App machen. Alle Lehrveranstaltungsräume werden mit einem QR-Code ausgestattet, an dem sich die Studierenden an- und abmelden können. Außerdem entwickeln wir gerade Lösungen für genügend Studierenden-Arbeitsplätze vor Ort. Es ist noch unklar, ob die Abstandsregeln hier ebenfalls fallen können – so wie in den Hörsälen und Seminarräumen. Für uns ist es immens wichtig, dass sich die Studierenden wieder auf dem Campus treffen und zusammen arbeiten können. Das halte ich für noch wichtiger, als dass sie in allen Veranstaltungen zusammen sind.
Warum ist es wichtig, dass sich Studierende persönlich sehen?
Ein Studium ist zu einem guten Teil ein soziales Geschehen. Man lernt andere Menschen kennen, man diskutiert mit ihnen, man lernt zusammen – so kann man sich selbst viel besser einschätzen: Was habe ich alles Neues erfahren? Wie weit bin ich in meinem Lernstand?
„Zu einem Studium gehört wesentlich mehr, als dass man irgendeinen Stoff aufnimmt“
Und gemeinsames Lernen macht einfach mehr Spaß. Es entstehen Beziehungen, die teilweise ein Leben lang halten. Zu einem Studium gehört wesentlich mehr, als dass man irgendeinen Stoff aufnimmt. Es geht um das gemeinsame Erleben und Reflektieren. Daher kann ich nur appellieren: Kommt alle an die Uni Bremen, wir setzen auf Präsenz!
Das gemeinsame Erleben war in den vergangenen Semestern ja kaum möglich…
Leider war das so, ja. Wir bekommen durch unser Monitoring mit, dass die Studienleistungen mit jedem weiteren Onlinesemester mehr und mehr zurückgehen. Außerdem hat das reine Studieren vorm Bildschirm bei einigen Studierenden zu psychischen Problemen und Vereinsamung geführt. Wir müssen also abwägen: Vereinsamung und schlechtere Studienleistungen gegenüber Infektionsgefahr auf dem Campus. Hier haben sich das Rektorat, die Dekan:innen und Studiendekan:innen gemeinsam für die Präsenz entschieden.
„Der beste Schutz ist eine vollständige Impfung“
Ich kann die Bedenken, die uns gegenüber geäußert wurden, verstehen. Ja, es bleibt ein Restrisiko, aber durch Maßnahmen wie die 3G-Regel und Maskenpflicht in den Hörsälen können wir es minimieren. Der beste Schutz ist eine vollständige Impfung, daher mein Appell an alle Studierenden und Lehrenden, sich impfen zu lassen. Wir brauchen dieses solidarische Verhalten hier auf dem Campus, um ein Präsenzsemester mit all seinen Vorteilen zu ermöglichen.
Gibt es neben der 3G-Regel noch weitere Maßnahmen in Sachen Infektionsschutz?
Ja, da fahren wir bewusst mehrgleisig. Es ist ja durchaus möglich, dass eine Person trotz 3G-Regel eine Infektion auf den Campus bringt. Damit wir das möglichst frühzeitig feststellen, werden wir zusätzlich ein Monitoring-Projekt starten. Wir werden unter den Studierenden Freiwillige suchen, die sich mit einem sehr einfach durchzuführenden Spucktest regelmäßig testen lassen. Diese Proben werden mit einer PCR-Technologie innerhalb eines Tages analysiert, vermutlich in unseren eigenen Laboren. So können wir schnell sehen, ob es in der jeweiligen Kohorte doch eine Infektion gegeben hat – und gleich reagieren, bevor sich etwas auf dem Campus verbreitet.
Wird es denn ein reines Präsenzsemester werden oder gibt es auch Hybrid-Formate?
Kommt darauf an, was ich unter „hybrid“ verstehe. Wenn ich es so verstehe, dass ich zeitgleich mit einer Präsenz-Kohorte und einer Online-Kohorte arbeite, dann wird es nur sehr wenige dieser Formate geben – zum Beispiel in den internationalen Studiengängen, weil es dort Studierende gibt, die einfach nicht nach Deutschland kommen können. Häufiger wird es vermutlich Blended-Learning Lösungen geben, beispielsweise, dass Vorlesungen aufgezeichnet werden und ich es mir später zu Hause anschauen kann.
„Es werden kontinuierlich neue digitale Lösungen entwickelt“
Und natürlich wird es Inverted-Classroom-Formate geben, bei denen ich eine Vorlesung in Form von Videos präsentiert bekomme, ergänzt durch eine Plenumsveranstaltung in Präsenz. Wir haben ja während der Corona-Semester viele digitale Formate gut kennen gelernt – einige werden weiterhin genutzt und es werden auch kontinuierlich neue digitale Lösungen entwickelt werden.
Gibt es einen Plan B, wenn es im Herbst doch wieder schärfere Kontaktbeschränkungen geben sollte?
Ja, natürlich. Wir können ja als Universität nicht alles selbst bestimmen, daher müssen wir immer damit rechnen, dass es wieder neue Maßnahmen von Bund oder Land gibt. Dann werden wir gegebenenfalls zurückfallen auf ein Online-Semester. Damit haben wir ja mittlerweile viel Erfahrung – auch wie man den Übergang sinnvoll gestaltet. So ein Präsenzsemester ist natürlich anstrengender für alle Beteiligten, aber es ist ein so hohes Gut, dass wir gerne alles dafür tun, dass Studierende untereinander und auch Studierende und Lehrende wieder auf dem Campus zusammenkommen können.
Weitere Informationen
Aktuelle Informationen zum Leben, Studieren und Arbeiten während der Corona-Pandemie an der Universität Bremen unter: Informationen zur Corona Pandemie - Universität Bremen