Damals: Die lange Geschichte der Uni-Medizinplanung
An der Universität Bremen kann man fast alle wichtigen Fachrichtungen studieren. Nur eine ganz bestimmt nicht: Medizin. Aber auch das war mal angedacht – und ist es manchmal noch.
Man will den Beteiligten den guten Willen nicht absprechen, als sie 1969 die Sache im Gründungssenat der Universität Bremen zur Sprache bringen. Schließlich folgen sie damals doch nur der Empfehlung des Gründungsausschusses der im Aufbau befindlichen Universität und des Wissenschaftsrates, der Bremen für ein vorklinisches Studium der Medizin vorsah.
Auch die zuständigen Senatoren sind von der Idee angetan, bis auf – wie sollte es anders sein – den Senator für Finanzen. Er gießt etwas Wasser in den Wein, als er auf den Rahmen der Universitätsinvestitionen bis 1985 hinweist, der nicht überschritten werden darf. Nun ist erfahrungsgemäß gerade ein solcher Hinweis für Politikerinnen und Politiker eher kein Grund, von einer guten Idee zu lassen – zumal Bremen zu diesem Zeitpunkt dank üppiger Steuereinnahmen noch „Geberland“ im Länderfinanzausgleich ist, also finanziell besser gebettet als heute.
Eine frühe Form der Gutachteritis
Fröhlich geht man ans Werk mit einem Gutachten über die bauliche Integration im Bereich einer bestehenden Klinik. Die staatlichen Stellen treten in den notwendigen Abstimmungsprozess. Auch die Universität ist nicht untätig. Die zuständige Planungskommission nimmt die Arbeit auf – aber nicht im Bereich der Humanmedizin und Zahnheilkunde, wie es von staatlicher Seite angedacht war, sondern in der Arbeits- und Sozialmedizin. Wie in solchen Fällen üblich, bedarf es der inhaltlichen Absicherung der eigenen Position durch ein weiteres Gutachten. Das Ergebnis wiederum erfordert eine weitere Begutachtung in zeitnaher Folge. Unmittelbar danach erfolgt die Vergabe eines weiteren – na, man ahnt es schon.
1977/78 nimmt die Medizinplanung noch einmal Fahrt auf. Mehrere Gutachten zur Einrichtung einer human- und zahnmedizinischen Ausbildungsstätte an der Bremer Uni liegen nun zur Abstimmung vor. Die darauffolgen zehn Jahre sind sicherlich spannend verlaufen, leider jedoch im Bestand des Universitätsarchivs nicht dokumentiert. 1986, mit der Vorlage eines Memorandums – verfasst von Ärzten des Bremer Krankenhauses St.-Jürgen-Straße und der medizinischen Fakultät der Universität Göttingen – tritt der Realisierungsprozess in die entscheidende Phase: durch ein Gutachten!
Einstellung 21 Jahre nach der ersten Beratung
Danach folgen weitere Versuche der betroffenen Klinikärzte und anderer Kreise, Fakten zu schaffen. Diese bleiben jedoch folgenlos. 1990 weisen staatliche Stellen darauf hin, dass im Rahmen der Fortschreibung des Hochschulgesamtplanes die Frage, ob und wie ein Medizinstudium in Bremen möglich sei, gegebenenfalls zu beantworten sein wird. Dieser Hinweis führt letztlich zur Einstellung der Planungsaktivitäten – 21 Jahre nach der ersten Beratung im Gründungssenat.
Doch auch in den Jahrzehnten danach „plöppt“ die Idee einer medizinischen Ausbildung zumindest in Bremen, aber auch an der Universität immer wieder mal auf. Parteien jeder Richtung bringen das Thema im Laufe der Jahre wiederholt in die Diskussion ein. Zuletzt wird im Herbst 2019 darüber sinniert, ob Medizinstudierende den klinischen Teil ihrer Ausbildung künftig auch in der Hansestadt absolvieren könnten.
„Abgespeckte Variante des Medizinstudiums“
Die Bremische Bürgerschaft hat 2019 einen entsprechenden Prüfauftrag für den Aufbau einer solchen „abgespeckten Variante des Medizinstudiums“ beschlossen. Dabei hat man weiter die praktische Ausbildung in Kooperation mit Bremer Krankenhäusern im Kopf. Vertreterinnen und Vertreter der Universität erteilen dem Ansinnen nach einem „Studiengang Medizin“ auch im neuen Jahrtausend immer wieder eine Absage – wohl wissend, dass dies einen finanziellen Aufwand bedeuten würde, den sich das Land Bremen realistisch gesehen gar nicht leisten kann.
Gesundheitswissenschaften sind Medizin genug
Die Universität ist heute zufrieden damit, in den Gesundheitswissenschaften eine bedeutende Rolle zu spielen – und das hat ja auch mit Medizin zu tun ….