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Die Rätsellöserin

Akademischer Mittelbau im Fokus: Martha Schnieber aus der Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur

Forschung

Jung, talentiert und schon ziemlich erfolgreich – keine schlechten Voraussetzungen, wenn man noch am Anfang einer wissenschaftlichen Karriere steht. So wie Martha Schnieber aus der Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur im Fachbereich Mathematik/Informatik: Ihre Masterarbeit wurde als eine der besten des Jahres 2021 im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet.

Gran Canaria war gestern. Was in diesem Zusammenhang heißt: Gerade erst ist Martha Schnieber von der spanischen Ferieninsel zurückgekehrt. Dort weilte sie aber nicht, um am Strand die Seele baumeln zu lassen – sondern um auf einer wissenschaftlichen Konferenz Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt ihre Forschungsansätze zum „Digital Systems Design“ vorzustellen. „Ich hatte vorher ein Paper zur Begutachtung eingeschickt, das aus meiner Masterarbeit entstanden war. Das wurde dann angenommen, und schon gab es die Einladung zur Tagung.“

Belohnung Nr. 2 sozusagen für die junge Frau, denn mit gerade mal 24 Jahren hatte Martha Schnieber schon ihren Master in Informatik gemacht. Ihre Abschlussarbeit sorgte gleich für Aufsehen. Sie war so gut, dass der Springer-Verlag sie nun in der Reihe „BestMasters“ veröffentlichen will. Der Wissenschaftsverlag zeichnet darin die besten Masterarbeiten aus Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus.

Eine „1“ von beiden Gutachtern

Die junge Bremer Studentin schrieb ihr Abschlusspapier in der Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur (AGRA) des Studiengangs Informatik. „Vor der Veröffentlichung in der ‚BestMasters‘-Publikationsreihe liegt ein strenges gutachterliches Verfahren“, betont AGRA-Leiter Professor Rolf Drechsler die hohe Hürde. Er war zusammen mit Professor Andreas Breiter einer der beiden Gutachter. Drechslers Urteil: „Dass die Masterarbeit bei Springer publiziert wird, belegt die hervorragenden wissenschaftlichen Kenntnisse von Martha Schnieber!“ Die beiden Gutachter der Universität hatten vorher auch schon jeweils eine „1“ vergeben.

Portrait Martha Schnieber
Martha Schnieber hat ein großes Faible für das Rätseln und Knobeln. Mathematik-Problemstellungen machen ihr Spaß.
© Matej Meza / Universität Bremen

Bevor es zu den Inhalten ihrer Arbeit geht, sei erstmal ihr Weg in die Uni dargestellt – es wird ja niemand als Informatikerin auf diesem Level geboren, auch die Bremerin nicht. Auf dem Kippenberg-Gymnasium machte sie ihr Abitur mit den Leistungskursen Mathematik und Musik – „Informatik gab’s da nicht, das habe ich erst an der Uni kennengelernt.“ Mathematik habe sie aber schon immer gemocht. Sie hat ein großes Faible für das Rätseln und Knobeln, „und Mathematik-Problemstellungen sind ja manchmal auch so etwas wie eine intensive Knobelei. Mir macht sowas Spaß.“

Zum Informatik-Studium an der Universität Bremen meldete sich Martha Schnieber dann einfach mal aus Interesse an: „Mal gucken, was draus wird.“ Beginnende in diesem Studium absolvieren oft erstmal einen Vorkurs, „da macht man dann auch einen spielerischen Programmierkurs und trainiert logisches mathematisches und algorithmisches Denken. Ich konnte das gut“, erinnert sie sich. Andere nicht: Von den 300 Anfangenden im Bachelor sind ihrem Eindruck nach nur etwa 30 im Masterstudium gelandet.

Im Projektsemester zur studentischen Hilfskraft avanciert

Das Projekt im siebensemestrigen Bachelorstudium absolvierte sie in der AGRA-Gruppe von Rolf Drechsler. „Ich habe mich da ganz gut geschlagen und bin dort dann auch studentische Hilfskraft geworden“, sagt sie. Was macht man denn als Hilfskraft in einer Informatik-Arbeitsgruppe? „Man hilft in den Projekten der wissenschaftlichen Mitarbeitenden mit, indem man beispielsweise etwas programmiert, was die benötigen.“ Das habe sich dann so weiterentwickelt, dass sie irgendwann eigene Interessen verfolgen konnte: „Ich durfte schon im Masterstudium – noch vor der Abschlussarbeit – eigene Paper schreiben und veröffentlichen.“

Studieren nicht als Last, sondern als Lust: so ging es Martha Schnieber im Masterstudium. Vor allem die Theoretische Informatik tat es ihr an – eben der Bereich, wo logisches Denken gefragt war „und nicht nur stumpfes Programmieren“, so ihre Sicht, die Programmier-Fans wahrscheinlich nicht teilen. Die nervt dann eher die Theorie. „Einige Module haben mir echt Spaß gemacht. Das hat mir dann auch gezeigt, dass ich mir mit Informatik das Richtige ausgesucht haben.“

„Ich durfte schon im Masterstudium – noch vor der Abschlussarbeit – eigene Paper schreiben und veröffentlichen.“

Nun zu den Inhalten. Martha Schnieber hat auf der AGRA-Webseite eine Beschreibung ihrer Arbeitsinhalte stehen: „Ich arbeite an der formalen Verifikation von Gate-Level-Schaltungen, insbesondere von approximativen Schaltungen. Hier beweise ich, dass die formale Verifikation bestimmter approximativer Schaltungen in polynomialer Zeit und polynomialem Raum durchführbar ist, indem ich polynomiale obere Schranken für die Verifikationskomplexität gebe.“ Bitte WAS?

Die junge Informatikerin muss selbst ein wenig lachen, wenn Laien das vorlesen. „Wichtig ist dabei der Begriff der Verifikation. Man will sicherstellen, dass Schaltkreise auch wirklich das tun, was sie tun sollen.“ Die Überprüfung von Schaltkreisen könne eine komplexe und zeitintensive Sache sein – der Ansatz von Martha Schnieber ist es, diese Überprüfungen möglich schlank zu halten. Die Schaltkreise, um die es hier geht, kommen real auf Hardware-Chips zum Einsatz. Bei der Beschäftigung mit dieser Thematik innerhalb der Arbeitsgruppe ist sie nicht allein. Sie selbst hat sich auf „approximierte Schaltkreise“ spezialisiert: „Da muss nicht immer das richtige Ergebnis bei Rechnungen herauskommen, es reicht, wenn es meistens der Fall ist.“ Eine gewisse Ungenauigkeit wird also hingenommen, Hauptsache die Richtung stimmt – für die Anwendungen, die darauf basieren, reicht das aus, spart aber Zeit und Platz.

Welcher Dresscode gilt auf einer Informatik-Konferenz?

Im Juli 2022 war die Bremerin bereits bei ihrer ersten wissenschaftlichen Konferenz auf Zypern, nachdem ein erstes Paper auf Basis ihrer Masterarbeit angenommen worden war. Wie fühlt sich der Start in die Wissenschaftlerinnen-Welt an, zumal sie gleich ganz alleine nach Zypern gereist war? „Es ist sehr interessant zu erfahren, woran andere Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Man hört sich auf einer Konferenz ja sehr viele Vorträge an, und die wenigsten haben direkt mit dem eigenen Thema zu tun. Aber man erfährt viele spannende Sachen, die einen selbst auch anregen.“ Ganz neu sei alles für sie gewesen, „ich musste erstmal rauskriegen, was für ein Dresscode dort gefordert ist.“ Das T-Shirt mit dem Aufdruck „Life sucks“, dass sie beim Gespräch trägt, hatte sie in Zypern jedenfalls nicht an. „Aber in der Informatik geht es schon etwas lockerer zu. Einige waren bei der Konferenz auch mit T-Shirt und Sandalen unterwegs.“

Portrait Martha Schnieber
Über den Dächern der Uni: Bei Pausen hat die im MZH arbeitende Informatikerin einen prima Ausblick auf den Campus.
© Matej Meza / Universität Bremen

Die Perspektive für die Informatikerin ist gut, denn Menschen mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten werden händeringend gesucht. Sie überzeugt in ihrem Fachgebiet und ist zunächst einmal bis Ende 2024 „abgesichert“ durch das laufende AGRA-Projekt, in dem sie die besagte Verifikation der Schaltkreise vornimmt. Mittelfristig arbeitet sie auf eine Dissertation hin: „Ich habe verschiedene Themen, an denen ich gerade forsche und rätsele. Ich versuche dafür Lösungen zu finden, die Ergebnisse in Paper zu fassen und diese dann wieder zu veröffentlichen.“

Und wenn es mal nicht um Wissenschaft und Arbeit geht? „In meiner Freizeit laufe ich – auch schon mal einen Halbmarathon.“ Ihre Begeisterung für Musik – sie spielt Harfe – sei durch die Tätigkeit an der Uni leider etwas ins Hintertreffen geraten. „Und ich lese sehr gerne. Aber keine Rätselhefte!“ schmunzelt Martha Schnieber.

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