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Wie die Uni den digitalen Wandel gestaltet

Die Digitalisierung in Forschung, Lehre und Verwaltung ist für die Universität Bremen ein wichtiges Ziel – und Teil ihrer Strategie 2018–2028. Die Corona-Pandemie hat den Prozess enorm beschleunigt

Lehre & Studium

Diese Zeit werden viele an der Universität nicht vergessen: Als durch die Pandemie das erste digitale Semester startete, mussten die Uni-Leitung und Serviceeinrichtungen auf dem Campus im Sommer quasi ständig Feuerwehr spielen. Zentrale Infrastrukturkomponenten, wie die Lehr- und Lernplattform Stud.IP, wurden zum Beispiel in kürzester Zeit ausgebaut und weitere Lizenzen für die Videoplattformen StarLeaf und Zoom gekauft. Schließlich fanden fast alle Lehrveranstaltungen und Meetings der Universität auf einmal online statt. Das Engagement, möglichst viele Angebote und Serviceleistungen in Lehre und Verwaltung digital anzubieten, war bei allen Mitarbeitenden enorm. Jetzt gilt es, die Erfahrungen aus der Krise zu nutzen, um die Stärken von Online und analogen Angeboten in Zukunft zu verbinden.

Jedes Sommersemester steht an der Universität Bremen der Informationstag für Studieninteressierte (isi) auf dem Programm. Er bietet die Möglichkeit, sich auf dem Campus mit Studierenden und Lehrenden auszutauschen. Das Angebot lebt also vom persönlichen Austausch. Als klar war, dass isi wegen der Coronakrise nicht in Präsenz stattfinden konnte, organisierte die Zentrale Studienberatung mit Lehrenden eine Alternative: Die Virtuelle Infowoche für Studieninteressierte (VISi). Hinzu kamen zahlreiche weitere virtuelle Angebote.

Die Premiere war erfolgreich: Knapp 2.000 Studieninteressierte haben sich über mehrere Wochen in rund 120 Online-Veranstaltungen über Studienangebote informiert. Die Erfahrungen waren so gut, dass es die Idee gibt, VISi im Jahr 2021 zu wiederholen. „Und zwar in Kombination mit Präsenzveranstaltungen, wenn diese wieder möglich sind“, sagt Stephan Determann, Leiter der Zentralen Studienberatung. Zwar hätten weniger Personen teilgenommen als beim isi. „Das war aber nicht schlimm“, sagt er, „da es diejenigen, die dabei waren, auch wirklich interessiert hat.“ Viele seien weiterhin in Kontakt mit der Uni. Zudem wurden auch Menschen erreicht, die weiter weg wohnen. Sie konnten sich einfach online zuschalten und mussten nicht anreisen. Bei isi nehmen sonst vor allem Interessierte aus der Region teil. Der hohe Aufwand hat sich also gelohnt.

Meinung von Studierenden gefragt

Und wie wichtig ist die reale Begegnung zu Beginn eines Studiums? „Besonders in dieser Phase finde ich Präsenzveranstaltungen sehr wichtig, um sich besser kennenzulernen“, sagt der Bachelorstudent Louis Kniefs. „Ansonsten geht ein Großteil der Studienqualität verloren.“ Kenne man seine Leute, könne man auch gut digitale Lehrangebote nutzen. „Und die finde ich sehr sinnvoll“, betont der 24-jährige Student für Elektro- und Informationstechnik. Kniefs hat selbst als Tutor in einem digitalen Format der Informatikprofessorin Anna Förster mitgearbeitet. Das Konzept „Inverted Classroom“ vermittelt Faktenwissen per Video und vertieft es in Tutorien, die als Präsenzveranstaltungen angeboten werden. Das Format ersetzt also die klassische Vorlesung im Hörsaal. Bleiben da nicht die sozialen Kontakte auf der Strecke — zum Beispiel der gemeinsame Kaffee nach der Veranstaltung? „Man trifft sich dann woanders und kann sich die digitalen Formate gemeinsam ansehen und besprechen“, sagt Kniefs. Zum Beispiel an Lernorten, wie sie die Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) und einige Uni-Gebäude bieten. Insgesamt plädiert Kniefs für eine Digitalisierung mit Augenmaß. „Man muss immer genau schauen, wo es passt.“

„Ich finde digitale Lehrangebote sehr sinnvoll, man muss aber immer genau schauen, wo es passt,“ sagt Bachelorstudent Louis Kniefs.
© Dominik Martin

Seine Meinung ist auch in der Uni-Verwaltung gefragt. Kniefs gehört zu einer Gruppe von Studierenden aus mehreren Fachbereichen, die sich immer wieder mit dem Referat Lehre und Studium sowie dem Chief Digital Officer (CDO), Professor Andreas Breiter, austauschen. Dieser koordiniert die vielfältigen Prozesse der Digitalisierung der Universität gemeinsam mit dem Kanzler, dem Konrektor für Lehre und Studium und den Serviceeinrichtungen auf dem Campus. „Der Austausch in der Studierendengruppe über Fächergrenzen hinweg ist sehr interessant“, sagt Kniefs. Man merke, wie andere Disziplinen „ticken“ und könne voneinander lernen.

Von der Verwaltung werden die Studierenden ernstgenommen: „Uns sind die Meinung und Ideen der Studierenden wichtig“, sagt Franziska Richter vom Referat Lehre und Studium, die die Gruppe betreut. Deren Einschätzungen hätten im vergangenen Sommersemester sehr geholfen, als im Eiltempo Entscheidungen getroffen werden mussten, um digital gestütztes Lernen und Lehren zu unterstützen. „Die Situation im Sommer war natürlich für alle herausfordernd“, so Kniefs. „Aber so ein Feuerwehrcharakter beschleunigt die Digitalisierung.“

Sommersemester für viele Sprung ins kalte Wasser

„Ich hoffe sehr, dass wir viele digitale Tools auch nach der Coronazeit noch an der Universität nutzen werden“, sagt Professorin Kerstin Radde-Antweiler. Viele technische Instrumente, die die Universität bereitgestellt hat, erleichtern der Religionswissenschaftlerin die Kommunikation mit den Studierenden. „Tools zum Kommunizieren, wie Rocket.Chat und digitale Sprechstunden sind gut, wenn zum Beispiel Studierende eine lange Anfahrt zur Universität haben oder auch neben dem Studium arbeiten“, sagt sie.

„Ich hoffe aber, dass langfristig digitale und Präsenzlehre nicht mehr alternativ gedacht werden, sondern wir eine gute Kombination von digitalen Lehrtools und analoger Lehre entwickeln”, so Professorin Kerstin Radde-Antweiler.
© Beater C. Koehler

In der Lehre ist für die Wissenschaftlerin das sogenannte Blended Learning eine gute Möglichkeit, digitale und Präsenzlehre zu kombinieren. Das Konzept sieht einen Wechsel von Face-to-Face-Veranstaltungen, Selbstlernphasen und den direkten Austausch mit Dozierenden und Studierenden vor. So könne man in Seminaren das Faktenwissen gut über Erklärvideos oder Podcasts vermitteln. Davon habe sie viele seit Beginn der Pandemie erstellt. „Die werde ich auch weiterhin nutzen.“ In der Präsenzlehre habe man dann mehr Zeit für Diskussionen über den Stoff. „Diesen direkten Austausch können und wollen wir bislang nicht mit digitalen Formaten ersetzen“, sagt sie. Den persönlichen wissenschaftlichen Diskurs hält Radde-Antweiler für essentiell, um bei Studierenden das kritische Denken zu fördern. Die Wissenschaftlerin hofft, dass die Haltung gegenüber digitaler Lehre insgesamt offener wird an der Universität. „Natürlich waren viele von uns zu Beginn des digitalen Semesters stark beansprucht und am Ende des Semesters erschöpft.“ Die, die noch wenig Erfahrungen mit digitaler Lehre gehabt haben, erlebten quasi einen Sprung ins kalte Wasser. „Ich hoffe aber, dass langfristig digitale und Präsenzlehre nicht mehr alternativ gedacht werden, sondern wir eine gute Kombination von digitalen Lehrtools und analoger Lehre entwickeln.“

Das kann der Konrektor für Lehre und Studium, Professor Thomas Hoffmeister nur unterstützen: „Wir wollen langfristig gemeinsam daran arbeiten, um die Vorteile der Verbindung von analogen und digital basierten Lehr- und Lernformaten möglichst gut auszuschöpfen.“ So könne es gelingen, die Lehre zu verbessern und studierendenzentrierter zu gestalten.

Den digitalen Wandel gestalten

In ihrer Strategie 2018–2028 setzt sich die Universität Bremen das Ziel, den digitalen Wandel in all seinen Handlungsfeldern aktiv zu gestalten. Dafür baut sie sichere Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen auf. Forschungsdaten werden gesichert und offen zugänglich gemacht. Um die relevanten Prozesse in Verwaltung und Management zu unterstützen und qualitativ zu verbessern, baut sie digitale Informationssysteme aus. Insgesamt begreift die Universität Digitalisierung auch als Wegbereiter für organisatorischen Wandel und gestaltet die Ausrichtung der IT-Dienste als strategische Dimension der Universitätsentwicklung.

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