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Einsatz für Seegraswiesen: Biologin erforscht wichtiges Ökosystem

Für ihre Dissertation hat Esther Thomsen den diesjährigen CAMPUS PREIS bekommen

Forschung / Nachhaltigkeit

Esther Thomsen hat sich intensiv mit Seegraswiesen beschäftigt. Für ihre Dissertation hat sie in China auf der Insel Hainan untersucht, welche Auswirkungen Aquakulturen, die nicht nur in Asien in großem Stil betrieben werden, auf das Ökosystem der Seegraswiesen haben. Das sind Gräser, die in flachen Küstenmeeren wachsen. Dafür bekam sie den „CAMPUS PREIS: Forschen für nachhaltige Zukunft“. Er wird jedes Jahr von der KELLNER & STOLL-STIFTUNG FÜR KLIMA UND UMWELT, dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), der Universität Bremen und dem Verein Alumni der Universität Bremen ausgelobt.

Esther Thomsen bei der Probennahme von einer Wasserprobe
Das Foto zeigt Esther Thomsen bei der Probennahme von einer Wasserprobe aus einem Aquakulturteich.
© Kailin Mao

Wie sind Sie auf das Thema gekommen? Was hat Sie daran fasziniert?

Mich hat schon immer interessiert, wie unsere Aktivitäten an Land die Ökosysteme im Meer beeinflussen. Da Seegraswiesen in flachen Küstengewässern vorkommen, sind sie oft die ersten Ökosysteme, in die unser Abwasser eingeleitet wird. Das Thema um Aquakultur-Abwasser hat mich besonders interessiert, weil die Aquakulturproduktion global stark wächst. In der Region in Hainan war dieses Wachstum allerdings schon weitgehend abgeschlossen, da 2016 nahezu alle geeigneten Flächen schon mit Aquakulturteichen bebaut waren. Hainan ist diesem Trend voraus und erlaubte uns, einen Blick in die potentielle Zukunft von Seegraswiesen in der Region zu werfen.

Ist die Bedeutung von Seegraswiesen als Ökosystem bisher unterschätzt worden?

Ja, unbedingt. Das Interesse an Seegraswiesen und ihren Ökosystemleistungen wächst langsam, allerdings richtet sich das Interesse momentan vor allem auf die Funktion der langfristigen Kohlenstoffspeicherung im Sediment der Seegraswiesen. Stichwort „Blauer Kohlenstoff“. Andere wichtige Funktionen von Seegraswiesen wie zum Beispiel die Rolle von Seegraswiesen als Stickstofffilter oder als Kinderstube für juvenile Fische finden immer noch zu wenig Beachtung.

Wie muss man sich das Leben dort auf der Insel vorstellen?

Hainan ist eine faszinierende Insel. Die Hauptstadt Haikou ist eine moderne Millionenstadt, an den Küsten entstehen Hochhaussiedlungen besonders für wohlhabende chinesische Tourist:innen. Vielerorts entstehen vor der Küste künstliche Inseln. Moderne Schnellzüge verbinden die Städte miteinander. Dazwischen liegen Reisfelder, die Küsten sind gesäumt von Aquakulturteichen, hier leben viele Menschen in einfachen Verhältnissen.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

Die unkontrollierte Einleitung von ungeklärten Abwässern aus Aquakulturen führt zur Überdüngung (Eutrophierung) der Küstengewässer und schadet den Seegraswiesen. Insbesondere die hohen Nährstoffkonzentrationen im Abwasser und die Trübung durch organisches Material führt unter anderem zu Lichtmangel für die Pflanzen. Dadurch verändert sich zunächst die Artenzusammensetzung und die Seegraswiesen gehen langsam zurück. Diese Veränderungen verringert die Stickstofffilterfunktion der Seegraswiesen, das führt zu noch schlechterer Wasserqualität und weiterem Sterben der Seegraswiesen.

Was ist das für ein Schwellenwert, den Sie errechnet haben?

Als Indikator für die Überdüngung habe ich einen Stickstoffschwellenwert berechnet: Liegt die Konzentration über diesem Schwellenwert, sind die Pflanzen gestresst und werden über einen längeren Zeitraum geschädigt. Das bedeutet, wir können eingreifen, bevor die Seegraswiesen nachhaltig geschädigt werden.

Wie ging es dann weiter?

Wir haben unsere Ergebnisse vor Ort vorgestellt, es waren Regierungsvertreter:innen, Umweltorganisationen, Aquakultur Betreibende und andere Forschende anwesend. Nach Abschluss unseres Deutsch-Chinesischen Forschungsprojektes “ECOLOC” wurden einige Aquakulturteiche zurückgebaut mit dem Ziel, wieder Mangroven anzupflanzen. Bis ein Mangrovenwald ansteht, wird es noch einige Jahrzehnte dauern. Außerdem haben unsere Kolleg:innen ein Forschungsprojekt gestartet, um verschiedene Methoden zu testen, Seegräser wieder anzusiedeln. Außerdem gab es Gesetzesänderungen. Alle neuen Aquakulturanlagen müssen nun zwingend ihre Abwässer reinigen, bevor sie in die Küstengewässer eingeleitet werden. Welchen Einfluss unsere Forschungsergebnisse auf diese Entscheidungen hatten, kann ich nicht genau abschätzen.

Im Rahmen unseres Begleit- bzw. Folgeprojekt zu ECOLOC “TICAS” fand ein Workshop statt, in dem wir mit lokalen Umweltorganisationen über die lokalen Seegraswiesen, deren Funktionen und unsere Forschungsergebnisse diskutiert und die Seegraswiesen besichtigt haben.

Esther Thomsen in einer der letzten Seegraswiesen
Das Foto zeigt Esther Thomsen in einer der letzten Seegraswiesen, die sie und ihr Team gefunden hatten.
© Lena Wawrschin

Themenmonat Nachhaltigkeit

Seit ihrer Gründung 1971 steht die Uni Bremen für gesellschaftliche Verantwortung. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind grundlegende Leitprinzipien der Universität: in Forschung, Lehre und Betrieb. Im Onlinemagazin up2date. der Uni Bremen steht im Mai das Thema Nachhaltigkeit daher im Fokus. Der Themenmonat beleuchtet aktuelle Projekte, Fragen und Herausforderungen.

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