„Genießen Sie das Studium!“
Wie Lehrende auf ihr eigenes Studium zurückblicken
Jede:r hat mal als Ersti angefangen – auch die Professor:innen der Universität Bremen. Wie sind sie auf ihre Fächer gekommen, was sind ihre schönsten Studienerinnerungen und was möchten sie den neuen Studierenden mit auf den Weg geben? Wir haben bei dreien von ihnen nachgefragt.
Louisa Kulke, Professorin für Entwicklungspsychologie mit pädagogischer Psychologie
Was haben Sie selbst studiert und warum?
Von 2009 bis 2012 habe ich Psychologie an der Uni Göttingen studiert und danach in Psychologie und Neurowissenschaften am University College London promoviert. Ich fand das Gehirn faszinierend – wie es möglich ist, dass wir Menschen denken und durch die Verbindungen im Gehirn so viele Eindrücke und Ideen entstehen können.
Was aus Ihrer Studienzeit haben Sie besonders positiv in Erinnerung?
Da fallen mir viele Dinge ein: WG-Partys, Grillabende am See oder Feiern im Pub nach den Prüfungen. Ich denke auch gerne an die gemeinsamen Kaffeepausen mit Freundinnen, wenn wir uns in der Bibliothek zum Lernen verabredet haben. Und nicht zuletzt habe ich meinen Ehemann im Studium kennengelernt!
Wenn Sie heute noch einmal studieren könnten, welches Fach würden Sie wählen?
Informatik oder Medizin, weil die beiden Fächer für meine tägliche Arbeit interessant sind. In meiner Forschung, besonders in den Neurowissenschaften, muss ich häufig programmieren. Und die Medizin liefert Hintergrundwissen.
Was möchten Sie den neuen Studierenden mit auf den Weg geben?
Genießen Sie das Studium. Gerade in der Psychologie gibt es einen hohen Notendruck. Trotzdem wäre es schade, das Leben mit Partys und Feiern zu verpassen. Ich kann auch empfehlen, Lehrveranstaltungen einfach einmal aus Interesse zu besuchen, auch wenn sie nicht zum Pflichtprogramm gehören.
Yasemin Karakaşoğlu, Professorin für Interkulturelle Bildung
Was haben Sie selbst studiert und warum?
Ich habe von 1984 bis 1991 in Hamburg Turkologie, Politikwissenschaft und Germanistik studiert. Dass ich Turkologie als Hauptfach gewählt habe, hatte auch etwas mit meiner persönlichen Identitätssuche zu tun. Mein Vater kommt aus der Türkei, ich habe als Kind dort gelebt. Auch später noch bin ich gerne dort gewesen und fand die türkische Kultur faszinierend. Wenn aber in Deutschland über die Türkei gesprochen wurde, dann fast durchweg negativ. Dem wollte ich mit meinem Studium etwas entgegensetzen. Als Nebenfächer habe ich vieles ausprobiert, bin am Ende aber bei Politikwissenschaft und Germanistik hängengeblieben: Ich bin ein politisch denkender Mensch und die Germanistik hat mir Werkzeuge an die Hand gegeben, um auch türkische Literatur zu interpretieren.
Was aus Ihrer Studienzeit haben Sie besonders positiv in Erinnerung?
Wir waren in der Turkologie nur eine kleine Gruppe von Studierenden und eine richtig eingeschworene Gemeinschaft. Die Verbindung zu der Professorin, bei der wir fast alle Veranstaltungen hatten, war sehr persönlich. Ich erinnere mich auch gerne an durchgemachte Sommernächte an der Alster und Partys im Garten unseres Instituts.
Wenn Sie heute noch einmal studieren könnten, welches Fach würden Sie wählen?
Im Prinzip würde ich auch heute wieder Turkologie studieren. Allerdings habe ich das Fach zu einer Zeit studiert, als die postkoloniale Kritik sich erst langsam etablierte. Der Blick auf die Türkei war noch stark westlich geprägt. Heute würde ich bewusster nach einer Umgebung suchen, in der dieser Blick hinterfragt wird. Als Nebenfächer könnte ich mir aus heutiger Sicht gut Soziologie und Philosophie vorstellen, weil sie viele theoretische Grundlagen für meine Arbeit in der Erziehungswissenschaft liefern.
Was möchten Sie den neuen Studierenden mit auf den Weg geben?
Man sollte bei der Studienwahl wirklich den eigenen Interessen folgen. Viele Aspekte unserer Arbeit werden in Zukunft von der KI übernommen. Umso wichtiger ist unsere eigene Befähigung zum kritischen Denken. Dafür lohnt es sich zu studieren! Dazu gehört manchmal auch, sich durch etwas sperrige oder trockene Themen durchzuarbeiten. Am Ende zahlt sich das aus.
Justus Notholt, Professor für Fernerkundung
Was haben Sie selbst studiert und warum?
Ich habe von 1979 bis 1985 in Göttingen und Kassel Physik studiert. In Göttingen habe ich angefangen, allerdings habe ich mich dort nicht so wohlgefühlt. Deshalb habe ich mein Studium dort nach einem Semester abgebrochen und erst einmal in einer Autowerkstatt gearbeitet. In Kassel habe ich dann weiterstudiert. Physik hat mich schon immer fasziniert, die Physikbücher aus der Schule habe ich auch in meiner Freizeit gelesen. Ich hätte mir aber auch ein ingenieurwissenschaftliches Studium vorstellen können.
Was aus Ihrer Studienzeit haben Sie besonders positiv in Erinnerung?
Einen Forschungsaufenthalt während meiner Promotion, als ich drei Monate in Neuseeland war. Ich habe auch dort viel gearbeitet, trotzdem war es schön, einmal rauszukommen und etwas Neues zu sehen. Die Landschaft war faszinierend und ich habe dort viele interessante Menschen kennengelernt. Mit einigen von ihnen bin ich immer noch in Kontakt.
Wenn Sie heute noch einmal studieren könnten, welches Fach würden Sie wählen?
Bionik – die Kombination aus Physik und Biologie. Zu dem Wissenschaftsgebiet gab es während meiner Studienzeit, soweit ich weiß, nur eine Professur in ganz Deutschland. Heute ist es verbreiteter. Ich finde es faszinierend, wie wir von der Natur lernen können. Die Grenzgebiete zwischen Physik, Biologie und Chemie haben es mir schon immer angetan.
Was möchten Sie den neuen Studierenden mit auf den Weg geben?
Vieles wird einfacher und machbar, wenn man sich mit den Mitstudierenden austauscht. Dann merkt man, dass man mit den eigenen Problemen nicht allein ist. Für viele ist der Beginn des Physikstudiums hart. Wenn einen das Studium grundsätzlich interessiert, lohnt es sich aber dranzubleiben. Notfalls macht man das erste Semester noch mal, das ist auch kein Weltuntergang.