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Hörsaal mit Glamour

Wie fühlt sich eine Vorlesung im Konzertsaal an? Zwei Studierende und ein Lehrender berichten von ihren Erlebnissen in der Bremer Glocke

Lehre & Studium

Der Umzug in die Bremer City ist geglückt: Die Mitarbeitenden und Studierenden des Fachbereichs 6 - Rechtswissenschaft haben sich einige Wochen nach Semesterstart bereits gut eingerichtet im Forum am Domshof. Das Gebäude der ehemaligen Bremer Landesbank wurde für die Universität so umgestaltet, dass auch mehrere Veranstaltungsräume für die universitäre Lehre vorhanden sind. Allerdings nur bis zu einer gewissen Größe. Einen klassischen Hörsaal für große Vorlesungen gibt es nicht. Die vorübergehende Lösung: Das nahegelegene Konzerthaus Glocke.

Im kleinen Saal der Bremer Glocke sitzen etwa 60 junge Frauen und Männer auf blankgeputzten, gepolsterten Holzstühlen. Die Wände sind mit dunklem Holz vertäfelt. Es gibt Spiegel, die von kunstvoll gearbeiteten Lampen angestrahlt werden. Unter einer Wandmalerei an der Stirnseite des Saales befindet sich eine Bühne. Dort, wo abends Musiker:innen ihre Kunst präsentieren, steht an diesem Donnerstagvormittag Professor Sebastian Kolbe an einem Pult und spricht über „notwendige und nützliche Verwendungen“. Seine Vorlesung zum Thema Sachenrecht, also dem Handel mit Dingen, gehört seit Jahrzehnten zum Pflichtprogramm im dritten Jura-Semester. Doch in diesem Herbst ist alles ein wenig anders: Art déco statt Hörsaalgestühl.

Mehr Glamour als GW1

„Es ist ein wunderschöner Raum mit einer besonderen Atmosphäre. Hier gibt es definitiv mehr Glamour als im GW1, in dem wir bisher unsere Vorlesungen hatten“, sagt Kolbe schmunzelnd. Allerdings habe er sich erstmal an die Glocke gewöhnen müssen, erzählt der Jurist weiter: „Die Lehrsituation ist hier andersherum als in einem klassischen Hörsaal. Im GW1 habe ich als Lehrender unten gestanden und in das aufsteigende Gestühl geblickt“. Hier in der Glocke stehe er hingehen erhöht und schaue auf die Studierenden herunter.

Professor Sebastian Kolbe
Professor Sebastian Kolbe lehrt Sachenrecht an der Universität Bremen - in diesem Semester ausnahmsweise in einem Konzertsaal.
© Annemarie Popp / Universität Bremen

Auch dass er recht weit vom Auditorium entfernt sei, fühle sich ungewohnt an. Manchmal könne er Fragen aus der letzten Reihe kaum verstehen. Dennoch sei der Raum für Lehrende gut geeignet: „Die Technik ist bestens gewartet. Wir können unsere Präsentationen per Beamer an die Wand werfen, haben ein Headset und sind so im ganzen Raum zu verstehen“. Und wenn es doch mal irgendwo hake, seien sofort kompetente und freundliche Mitarbeitende der Glocke zur Stelle.

Mitarbeitende halten Studierenden die Tür auf

Die Präsenz der Glocke-Mitarbeitenden ist auch Julius Munzel positiv aufgefallen. „Ich habe noch nie erlebt, dass mir jemand die Tür aufhält, wenn ich zur Vorlesung möchte. Das ist total ungewöhnlich“, berichtet der Student.

Julius Munzel
Jura-Student Julius Munzel gewöhnt sich nur langsam daran, dass ihm in der Glocke stets die Türen aufgehalten werden.
© Annemarie Popp / Universität Bremen

Vor dem kleinen Saal ist sogar ein Garderobenständer platziert worden und es gibt Personal, das die sogenannten Knie-Pads an die Studierenden verteilt. Die Knie-Pads sind an der Unterseite gepolsterte Tabletts, die sich die Studierenden auf den Schoß legen können. Sie sollen die fehlenden Klapptische eines klassischen Hörsaals ersetzen.

Das klappt nach Munzels Erfahrung nur bedingt: „Ehrlich gesagt habe ich immer Sorge, dass mein Laptop herunterrutscht und kaputtgeht. Es ist ein Balanceakt. Ich sitze in sehr verkrampfter Haltung“, berichtet der angehende Jurist. Sein Kommilitone Cedric Kujawa hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Ich benutze die Knie-Pads gar nicht. Das ist mir echt zu unsicher.“ Dass die Studierenden ohne Tisch kaum mitschreiben können, ist auch ihrem Professor Sebastian Kolbe aufgefallen. Er stellt Notizen zu seinen Vorlesungen zur Verfügung. „Das ist sehr hilfreich, aber das machen längst nicht alle Professor:innen“, berichtet Student Kujawa.

Cedric Kujawa
Die Knie-Pads für den Laptop hält Student Cedric Kujawa für wenig praktikabel. Doch der einzigartigen Atmosphäre der Glocke kann auch er sich nicht entziehen.
© Annemarie Popp / Universität Bremen

Trotz dieses Kritikpunkts kann sich der Student der besonderen Atmosphäre der Glocke nicht entziehen. „Das Gebäude ist ein Highlight. Gestern Abend war ich mit meiner Familie in einem Konzert im gleichen Saal, in dem ich heute studiere. Das ist schon was Besonderes“, sagt er.

Kommende Woche können Cedric Kujawa und seine Kommiliton:innen zur Abwechslung mal wieder die altvertraute Hörsaalluft schnuppern: Der kleine Saal der Glocke ist belegt und Professor Kolbe wird ausnahmsweise im GW1-Hörsaal sprechen. Auch in Zukunft werden Studierende und Professor:innen immer mal wieder einen Campusbesuch machen, wenn die Glocke nicht zur Verfügung steht. Ab und an in die „alte Heimat“ zu reisen kann ja auch ganz schön sein.

Weitere Informationen

Zur Webseite Forum am Domshof (mit vielen Bildern)

Webseite Fachbereich 6

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