Kennt ihr schon… die Malta-Bibliothek?
Im GW2 verbirgt sich die weltweit größte maltesische Literatursammlung außerhalb Maltas.
Ein Urlaub, der die linguistische Forschung veränderte: Professor Thomas Stolz reiste 1996 mit seiner Frau nach Malta. Was als gewöhnliche Erholungsreise geplant war, wurde rückblickend zum Startpunkt des weltweit einzigartigen Malta-Zentrums und der dazugehörigen Bibliothek.
Mitte der 90er Jahre reiste der Linguist Thomas Stolz mit seiner Frau zum Sommerurlaub nach Malta. Doch es kam anders als geplant: „Kaum im Urlaub angekommen, erkrankte meine Frau an Windpocken. Sie musste sich im Hotel in Quarantäne begeben. Ich hatte also sehr viel Zeit, um zu lesen“, erinnert sich Thomas Stolz, Professor für Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Bremen. Auf der Suche nach etwas zum Lesen, um seiner Frau und sich die Langeweile zu vertreiben, stellte er fest, dass er mithilfe seiner Italienischkenntnisse die regionalen Zeitungen verstehen konnte. „Als Linguist fand ich das natürlich interessant. Um der Sache nachzugehen, habe ich mir zunächst ein Wörterbuch und ein paar Kinderbücher besorgt“, erzählt er. „Ich fing an, auf Maltesisch zu lesen, den ganzen Urlaub hindurch. Zeit hatte ich ja genügend.“
Das Maltesische war wenig erforscht
Zurück in Bremen stellte er zu seiner Überraschung fest, dass das Maltesische kaum erforscht war. „Es gab nur wenige Forschungsarbeiten dazu. Das Maltesische wurde bis dahin nur am Rande, als Teil der Arabistik, bearbeitet. Die meiste Forschung fand innerhalb Maltas statt und erreichte selten die internationale Forschungscommunity“, erinnert sich Stolz. In den folgenden Sommern reisten er und seine Frau mehrfach nach Malta. Der Professor nutzte die Gelegenheiten, die linguistische Fakultät der dortigen Universität kennenzulernen und knüpfte erste Kontakte. „Ich setze mir das Ziel, das Maltesische in das Bewusstsein der sprachwissenschaftlichen Forschung zu rücken. Dazu brachte ich Forschende aus aller Welt zusammen“, berichtet Stolz.
Gründung der Malta-Bibliothek als Teil des Malta-Zentrums
2007 gründete er die “Internationale Gesellschaft für maltesische Linguistik” in Bremen. Auf dieser Basis entstand 2012 das Malta-Zentrum als Kooperation zwischen den Universitäten Malta und Bremen. Ein wichtiger Bestandteil dessen ist die Malta-Bibliothek: Sie umfasst die seit 2000 erschienenen Veröffentlichungen in maltesischer Sprache. Die Bremer arbeiten dazu mit einem großen Versandbuchhändler auf Malta zusammen. Dieser schickt jährlich eine Liste aller Neuerscheinungen. Auf dieser Basis werden pro Jahr etwa 30 bis 60 neue Bücher bestellt. Diese werden zunächst in der Staats- und Universitätsbibliothek katalogisiert. Dann werden die Exemplare in der Bibliothek im GW2 einsortiert und im Online-Katalog erfasst. „Aktuell haben wir 1.126 Bücher im Bestand“, sagt Julia Nintemann, wissenschaftliche Mitarbeiterin und zuständig für die Organisation des Malta-Zentrums.
Bremen als Zentrum der Maltesischen Sprachforschung
Durch die Entwicklung des Malta-Zentrums ist Bewegung in die Erforschung der maltesischen Sprache gekommen. Etwa 100 bis 150 Personen weltweit forschen dazu. In Bremen haben sie die Möglichkeit, vor Ort am Bestand zu arbeiten und sich mit anderen zu vernetzen. Für Privatpersonen und zu beruflichen Zwecken bietet das Zentrum regelmäßig Sprachkurse an. Für Studierende gibt es über das Erasmus-Programm die Möglichkeit, ein Semester in Malta zu verbringen. Auch die Bremer Forschung geht voran: Maike Vorholt untersucht im Rahmen des DFG-Projekts „Präpositionen und ihre Grammatik im Maltesischen“ das System der maltesischen Präpositionen. Das Ziel des Projekts besteht darin, den Gesamtbestand maltesischer Präpositionen zu bestimmen und diese hinsichtlich ihrer phonologischen, morphologischen, syntaktischen und semantischen Eigenschaften umfassend zu beschreiben.
Kooperation bis 2027 verlängert
Ende Mai erhielt das Malta-Zentrum Besuch vom Botschafter der Republik Malta, Dr. Giovanni Xuereb, und dem Honorarkonsul Dr. Thomas Stöcker. Ihr Besuch fiel mit der Verlängerung der Kooperation zwischen den Universitäten Malta und Bremen zusammen. „Dieser Besuch war für uns eine große Ehre. Es freut uns, dass unsere Forschung auch für Malta von großer Bedeutung ist“, fasst Thomas Stolz zusammen. „Durch das Malta-Zentrum ist die Erforschung der Sprache nun kein Nischenthema mehr, sondern hat einen festen Platz in der Linguistik.“