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Kennt ihr schon… die Tischlerei?

Auf dem Campus gibt es einiges zu entdecken. Was verbirgt sich hinter den vielen Türen? up2date. hat für Neugierige angeklopft. Willkommen zur etwas anderen Campusführung

Campusleben

Schon beim Betreten des langen Flurs des Betriebshofs der Universität Bremen lässt sich erahnen, was sich hinter den zwei dicken Feuerschutztüren verbirgt. Der warme und erdige Geruch von Holz verrät es. Hier, zwischen den Holzspänen, Brettern und Zeichenplänen, wird gebohrt, geflickt und gesägt. Das ist das Reich von Tischlermeisterin Christiane Sarnow, ihren zwei Gesell:innen und vier Auszubildenden. Seit 2005 ist sie an der Universität Bremen und leitet die Tischlerei. Vor allem eins steht bei ihr im Fokus: dem Nachwuchs eine gute Ausbildung zu geben.

In einem großen Raum mit heller Fensterfront stehen die Sägen, Hobel und Klüpfel bereit: Hier arbeiten die Tischler:innen und die, die es werden wollen, an ihren Werkbänken sowie im angrenzenden Maschinenraum an verschiedenen Aufträgen, die aus der Uni an sie herangetragen werden. Mit einem dieser Aufträge – genauer gesagt, mit einer Küche fürs GEO-Gebäude – ist Sarah zurzeit beschäftigt. Sie ist Auszubildende im zweiten Lehrjahr in der Tischlerei und arbeitet gerade an der Arbeitsplatte für die maßgefertigte Küche. „Der Raum ist sehr schlauchig, die Küche soll ums Eck gehen. Daher war hier die Herausforderung, den Platz so gut es geht zu nutzen“, erklärt die 26-Jährige. Tischlermeisterin Christiane Sarnow fügt hinzu: „Bei uns ist großes Wunschkonzert. Wir reparieren nicht nur Türen, Fenster und Mobiliar und führen holztechnische Arbeiten bei beispielsweise Umbauten durch, sondern setzen auch solche Maßanfertigungen um“. Dafür können die Uni-Mitarbeitenden ein Ticket an das Gebäudemanagement schreiben. Wenn sich die Anfrage für eine Spezialanfertigung eignet, werden die Maße genommen, Wünsche besprochen, Entwürfe präsentiert und am Ende alles bis zum Einbau umgesetzt. Und das übernehmen auch schon die Auszubildenden ab dem zweiten Lehrjahr, sobald sie ihren Maschinenschein gemacht haben. An der Ausbildung ist der Tischlermeisterin vor allem wichtig, dass die Auszubildenden selbst alle Schritte abarbeiten und nicht nur bei den Gesell:innen zusehen oder ihnen Werkzeuge reichen. „Dafür ‚jage‘ ich auch schon mal Aufträge für Maßanfertigungen von zum Beispiel Küchen, Vitrinen, Einbauschränken und Büromöbeln. Denn durch diese anspruchsvolleren Aufgaben lernen sie mehr als mit Rest- oder Flickarbeiten“, erklärt Christiane Sarnow.

Jemand benutzt eine Oberfräse auf einer Küchenarbeitsplatte
Mit einer Oberfräse wird die Küchenarbeitsplatte bearbeitet, die Teil einer speziell fürs GEO-Gebäude gefertigten Küche ist.
© Privat

Schönschrift üben

Das Anfertigen einer ganzen Küche ist im ersten Lehrjahr vielleicht noch nicht möglich, doch auch da sind die Auszubildenden schon tatkräftig bei der Sache, erzählt Sarah: „Im ersten Jahr wird viel mit der Hand gearbeitet, weil man erstmal verstehen muss, was man da macht. Im schulischen Teil lernen wir die Theorie, wie man zum Beispiel Zeichenpläne liest. Hier setzen wir es dann um“. Am Bau eines Ecktisches hat sie sich an klassischen Holzverbindungen geübt, erklärt sie. In einem dicken Ordner mit verschiedenen Übungsstücken können sich die Auszubildenden aussuchen, was sie bauen wollen, um Übung im Zeichnungen lesen und dem maßstabsgetreuen Fertigen zu bekommen. „Auf diese Handarbeit lege ich viel Wert. So bilden die Azubis ihre eigene Handschrift aus, die sie später ausweist – quasi wie eine Schönschrift“, beschreibt Christiane Sarnow ihren Lehrplan.

Zettel liegen auf dem gefertigten Ecktisch
Im ersten Lehrjahr in der Tischlerei üben sich die Auszubildenden an Arbeiten, die per Hand erledigt werden können, wie diesem Ecktisch, den die Auszubildende Sarah gefertigt hat. Hier hat sie mit klassischen Holzverbindungen gearbeitet. Das sind in dem Fall sogenannte halbverdeckte Schwalbenschwanzverbindungen, die ineinandergreifen und verleimt sind
© Universität Bremen

„Ich wollte ausbilden, und ich wollte es besser machen.“ Christiane Sarnow

Dass die Auszubildenden der Tischlermeisterin am Herzen liegen, merkt man nicht nur daran, dass sie ihnen viel zutraut und sie viel machen lässt, sondern auch daran, dass sie ihre Stärken gut kennt und schätzt: „Sarah ist nicht nur sehr genau beim Tischlern, sondern schreibt auch schöne und detaillierte Berichtshefte für die Berufsschule, die sie zusätzlich mit tollen Zeichnungen anreichert.“ Seit 2005 leitet Christiane Sarnow bereits die Fachgruppe Holztechnik, wie die Tischlerei an der Uni Bremen offiziell heißt. Dass sie nicht nur tischlern, sondern auch ausbilden will, hat ihr ein bestimmtes Ereignis bewusst gemacht: „Ich habe mal beobachtet, wie ein Geselle auf einer Leiter stand. Der Azubi war unten und ist erst aus seiner Langeweile aufgewacht, als er dem Gesellen ein Werkzeug reichen sollte. Was da oben jedoch gewerkelt wurde, konnte der Azubi unten gar nicht mitbekommen.“ Daraufhin machte Christiane Sarnow ihren Meister in der Abendschule, mit einem Ziel: „Ich wollte ausbilden, und ich wollte es besser machen.“

Auf einem Tisch liegt das Berichtsheft von Sarah, darauf liegt ein Stecheisen.
Nicht jedes Berichtsheft sieht so toll aus wie das von Sarah: Sie zeichnet gerne Skizzen zu ihren Einträgen. Die Führung eines Berichtshefts ist verpflichtend und dient als Dokumentation sowie Nachweis der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten. Bei der Abschlussprüfung muss das vollständige Berichtsheft vorgezeigt werden.
© Universität Bremen

Prüfungsvorbereitungen

Neben Sarahs Werkbank plant Jarnis zurzeit sein Gesellenstück. Er ist im dritten Lehrjahr. Während das Gesellenstück als Abschlussarbeit seiner Ausbildung innerhalb einer festen Prüfungszeit von 100 Arbeitsstunden im Juni hergestellt werden muss, hat er jetzt noch Zeit zu testen, ob seine Planung gelingen kann. Deswegen macht er sich jetzt schon genaue Gedanken über den Baustil und die Holzart für das Sideboard. Dabei legt er auch selbst Wert darauf, dass seine Arbeit einen gewissen Schwierigkeitsgrad hat: „Da wir keine CNC-Maschine haben, mit der ich die Front des Sideboards fräsen könnte, muss ich das per Hand machen. Das ist aufwendig, aber ich will ja, dass es modern und zeitlos aussieht. So, dass ich am Ende auch stolz darauf bin.“ Für eine Holzart hat er sich auch schon entschieden: Kirsche soll es werden. Das Holz sei nicht so porig, weshalb es für seinen Zweck optimal sei. Außerdem sei es nachhaltig, da es aus Europa kommt. Dafür gebe es sicher auch Pluspunkte bei der Prüfung, schmunzelt er. Über ein Modell, dass er vor Kurzem fürs MARUM–Zentrum für Marine Umweltwissenschaften gebaut hat und das ihn in der Ausbildung am meisten herausgefordert hat, sagt er lächelnd: „Das, was mich am meisten genervt hat, hat mich am Ende auch am meisten erfüllt“.

Beliebter Ausbildungsplatz

Vom Mangel an Auszubildenden im Handwerk ist die Uni-Tischlerei bislang nicht betroffen. Auf eine Ausbildungsstelle kommen im Schnitt 54 Bewerbungen mit guten Kandidat:innen, erzählt Christiane Sarnow. Auch Jarnis ist zufrieden mit seiner Ausbildung in der Uni-Tischlerei: „Jeder macht hier alles. Wir bekommen unsere Projekte nach unseren Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten zugewiesen. Ich fühle mich gut für den Start in den Job vorbereitet“. Auf die Frage, warum die Uni-Tischlerei so begehrt bei den Auszubildenden ist, ist sich die Meisterin sicher: „Wir sind ein beliebter Arbeitgeber, weil es sich rumspricht, dass wir niemanden in der Ausbildung hängen lassen“.

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