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Kristalle sind ihre Leidenschaft: Ella Schmidt

Die Juniorprofessorin hat es aus Süddeutschland nach Bremen verschlagen – nach einem Abstecher in Oxford

Forschung / Campusleben

Seit Februar 2022 ist Ella Schmidt Juniorprofessorin für Kristallographie und Geomaterialforschung im Fachbereich Geowissenschaften. Die 32-Jährige aus Süddeutschland erforscht, wie die Anordnung von Atomen die Eigenschaften von Materialien beeinflusst. up2date. stellt sie vor.

Besuch bei Ella Schmidt. Die Juniorprofessorin sitzt gut gelaunt in ihrem Büro im Gebäude Geowissenschaften und ist voll im Stress, was man ihr aber kaum anmerkt. Sie ist auf dem Sprung, kommt gerade aus Grenoble zurück. Und in der Woche darauf fährt sie zu einer Konferenz in die Schweiz. „Ja, ich komme viel herum“, bestätigt die 32-Jährige. Das sei auch das Tolle an ihrem Job. „Der persönliche Austausch mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus meinem Fachgebiet ist total wichtig. Während der Kaffeepausen spricht man ganz anders als über Zoom.“

Von Erlangen über Oxford nach Bremen

Ella Schmidt kommt aus Baden-Württemberg, aus der Nähe von Stuttgart. Vor zwei Jahren hat es sie an die Weser verschlagen. Doch vorher gab es in ihrer Wissenschaftskarriere noch andere Stationen. Das Physikstudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schloss sie mit einer Promotion in der Kristallographie ab. Als PostDoc ging sie dann nach Großbritannien an die Universität Oxford, wo sie am Department für Anorganische Chemie tätig war. Oxford sei ein beeindruckender Ort, der den Geist großer Forschender atme, erzählt die Wissenschaftlerin. „Unsere Labore waren zum Beispiel in den früheren Räumen des bekannten Chemie-Nobelpreisträgers John B. Goodenough“. Bekannt wurde Goodenough vor allem mit seinen Beiträgen zur Entwicklung moderner Lithium-Ionen-Akkus, die in elektronischen Geräten weltweit Anwendung finden. „Von solchen konkreten Fragen der Anwendung bin ich weit entfernt“, sagt Ella Schmidt. Aber ihre Grundlagenforschung geht auch in diese Richtung.

Fehlordnungen von kristallinen Materialien

Sie beschäftigt sich seit ihrer Promotion mit der Verteilung von Defekten in fehlgeordneten kristallinen Materialien. Normalerweise haben kristalline Materialien eine klare atomare Struktur. Aber es kann auch Fehlordnungen, Defekte, Leerstellen geben. Diese können Einfluss auf die Eigenschaften des Materials haben, die man später vielleicht sogar gezielt nutzen kann. Zunächst muss diese Fehlordnung aber auf kleinster Ebene erkannt und gemessen werden. Dazu entwickelt Ella Schmidt zuverlässige Methoden. Den atomaren Aufbau eines Stoffes analysiert man klassischerweise mit der Röntgenbeugung, also der Bestrahlung der klitzekleinen Kristalle mit Röntgenstrahlen, die an den Atomen im Kristall wie Licht an einem Gitter gebeugt werden. Wenn es sich bei den Kristallen um Nanomaterialien handelt, dann kommt unter anderem eine andere Methode, die Elektronenbeugung, zum Einsatz. Ella Schmidt aber hat diese Methode mit einer anderen Analysetechnik mit dem komplizierten Namen „dreidimensionale Differenzpaarverteilungsfunktionsanalyse“ kombiniert. Anhand der Analyse des Materials „Yttriumoxid-stabilisiertes Zirkoniumdioxid“ hat sie bewiesen, dass man mit dieser Methode Fehlordnung an Nanomaterialien charakterisieren kann. Zu diesem Thema hat sie soeben eine international Aufsehen erregende Publikation veröffentlicht. Ganz einfach zu verstehen ist ihre Wissenschaft sicher nicht, aber so ist eben Spitzenforschung.

Ella Schmidt lehnt an einem Geländer und stemmt eine Hand an ihre Hüfte.
Eine besondere Auszeichnung erhielt Ella Schmidt kürzlich: Der Max-von-Laue-Preis wurde ihr am 18. März in Bayreuth von der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie für “hervorragende wissenschaftliche Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem Gebiet der Kristallographie” verliehen.
© Matej Meza / Universität Bremen

Man könnte denken, sie habe immer nur zum selben hochspezialisierten Gebiet geforscht. In ihrer Masterarbeit aber hat sich Ella Schmidt einem ganz anderen Gebiet gewidmet, der Laserphysik. Dann stellte sie fest, dass sie auch die Festkörperphysik fasziniert: „Es geht dabei letztlich auch um die philosophische Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält“, erklärt Ella Schmidt schmunzelnd.

Regelmäßig macht sie Messungen in Großforschungseinrichtungen wie dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, kurz DESY, in Hamburg oder dem ESRF, dem European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble. Die Messdaten, die sie von dort mitbringt, analysiert sie dann, und das braucht Monate und länger. Deshalb wird die Methodenentwicklung immer wichtiger. Denn es gibt immer viel mehr Daten, als sich auswerten lassen.

Als Juniorprofessorin muss Ella Schmidt zwar weniger Vorlesungen halten, aber zu den zwei Vorlesungen pro Woche kommen Forschungsprojekte und die Betreuung von Master- und Bachelorarbeiten hinzu. „Mein Wissen weiterzugeben, macht mir großen Spaß. Und weil ich noch nicht auf viele eigene Vorlesungen zurückgreifen kann, bin ich noch dabei, meinen eigenen Stil zu entwickeln.“

Naturwissenschaftliche Begabung wurde in der Schule gefördert

Ihr Weg in Richtung Naturwissenschaft und Forschung zeichnete sich schon in der Schule ab. Ihre Mutter ist Mathe- und Physiklehrerin und hat Ella Schmidt schon früh zur Teilnahme an Wettbewerben ermuntert. „Ich hatte wohl das, was andere eine ‚nerdige‘ Kindheit nennen würden“, erzählt die Juniorprofessorin lachend. „Ich war zum Beispiel in den Ferien öfter in Mathe- oder Physik-Camps und habe da mit Leuten mit denselben Interessen an Aufgaben gearbeitet. Ich selbst fand das gar nicht seltsam, aber vermutlich fanden das andere.“

Besondere Auszeichnung für hervorragende wissenschaftliche Arbeit

Eine besondere Auszeichnung erhielt die Juniorprofessorin erst kürzlich: Der Max-von-Laue-Preis wurde ihr im März in Bayreuth von der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie für “hervorragende wissenschaftliche Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem Gebiet der Kristallographie” verliehen.

Triathlon hilft, den Kopf freizubekommen

Um sich fit zu halten, macht Ella Schmidt Triathlon, also Schwimmen, Radfahren und Laufen. Während ihrer Schulzeit war sie sogar im baden-württembergischen Landeskader. Inzwischen ist es für sie nur noch ein Ausgleich von der Arbeit am Schreibtisch und im Labor. „Jetzt sehe ich es als Hobby, um den Kopf freizubekommen, mich auszupowern und Leute kennenzulernen.“

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