Queer sein während der Apokalypse: Was können wir von indigenen Völkern lernen?
SCIENCE GOES PUBLIC! startet wieder am 12. Oktober.
In der Veranstaltungsreihe SCIENCE GOES PUBLIC! erklären Wissenschaftler:innen in 30 Minuten, woran sie forschen – leicht verständlich und in gemütlichem Ambiente in Kneipen und Bars in Bremen und Bremerhaven. Corina Wieser-Cox ist wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in an der Uni Bremen und promoviert zu dem Thema der Repräsentation von trans*gender und queerer Menschen mit mexikanischen Wurzeln im Film. Wieser-Cox‘ Fokus liegt auf der Rolle indigener Völker, insbesondere queerer Personen, in postkolonialer Literatur und Film.
Corina Wieser-Cox, in Ihrem Beitrag am 9. November geht es um „Indigiqueer & two-spirit futurisms in North America“. Was ist darunter zu verstehen?
Die Begriffe „Two-spirit“ und „Indiqueer“ stehen für Menschen, die sich als LGBTQIA+ identifizieren und einer indigenen Gruppe in Nordamerika angehören. Es ist wichtig, sie als gesonderte Einheiten zu betrachten, denn sie bekamen in der postkolonialen Forschung bis vor kurzem nur wenig Aufmerksamkeit. Erst in den 1990ern kam der von nordamerikanischen indigenen Stämmen geschaffene Begriff „Two-spirit“ auf, der beschreibt, wenn sich jemand in Bezug auf Sexualität oder Geschlecht nicht in eine bestimmte Kategorie einordnen lässt. In den letzten Jahren erlebt das Thema endlich einen Aufschwung: Was bedeutet es, als indigener Mensch queer zu sein? Das ist eine wichtige Frage, der ich in meiner Arbeit nachgehe. In meinem Vortrag konzentriere ich mich dabei auf die Frage, was „indigiqueer“ sein während einer Apokalypse bedeutet und welche Rolle Intimität dabei spielt.
Wie kommen Sie dabei ausgerechnet auf die Apokalypse?
Die indigenen Völker Nordamerikas haben bereits eine Apokalypse hinter sich: Ihnen wurde ihr Land genommen, sie wurden ermordet, ihre Kultur nahezu ausgelöscht. Aber sie haben überlebt. Sie haben eine Denkweise entwickelt, die sie durch Jahrhunderte des Kampfs und der Auslöschung geführt hat. Für queere Menschen ist das Leben noch mal eine besondere Herausforderung, weil sie sich nicht in Kategorien einordnen lassen. Das macht den Umgang mit anderen Menschen, die ihre Sichtweise nicht teilen, oft schwer. Aber dadurch haben queere Menschen erst recht gelernt, in einer Welt zu leben, in denen nichts sicher und leicht verständlich ist. Wer wäre also eine besserer Expert:in für die Apokalypse, als eine queerindigene Person? Die gesamte Menschheit muss sich aktuell der Klimakrise stellen, die zu einer Apokalypse führen kann. Was können wir also von queerindigenen Menschen lernen, die so etwas bereits überstanden haben? Welche Rolle spielen zentrale Themen wie Liebe und Nähe, wenn die Welt den Bach runtergeht?
Es lohnt sich also für jeden Menschen, Ihren Vortrag zu besuchen.
Ganz genau. Das Überleben und Intimität sind zentrale Themen, die jeden Menschen betreffen. Auch die Klimakatastrophe betrifft uns alle. Es schadet sicher nicht, sich vorher ein paar Tipps zu holen.
Über die neue Reihe SCIENCE GOES PUBLIC!
SCIENCE GOES PUBLIC! startet am 12. Oktober mit dem Thema „Intelligent Colonization through Robotic Support“ von Amrita Suresh und Manuel Meder um 20:30 Uhr im Eichkater in Bremen. Dabei sprechen sie über die Besiedlung des Mars und wie uns Roboter dabei unterstützen können. Corina Wieser-Cox ist am 9. November um 20:30 Uhr in der Kono Bar in Bremen zu sehen. Das ganze Programm von SCIENCE GOES PUBLIC! ist auf der Webseite der Veranstaltungsreihe zu finden.