Tag der Ozeane: Was Forschende der Unis Bremen und Oldenburg sich wünschen
up2date. hat Forschende zum Tag des Meeres am 8. Juni gefragt, was sie mit ihrer Forschung bewirken möchten
Am 8. Juni ist Welttag des Meeres. Er wurde 2009 von den Vereinten Nationen ausgerufen und will weltweit Aufmerksamkeit für aktuelle Herausforderungen im Zusammenhang mit den Ozeanen erzeugen. An der Uni Bremen erforschen Wissenschaftler:innen schon lange in unterschiedlichen Disziplinen das Meer und die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf das marine Ökosystem. Der Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ am MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen stellt als Verbundantrag erstmals gemeinsam mit der Uni Oldenburg, diese ist bislang Partner im Exzellenzcluster, einen Folgeantrag. up2date hat Forschende beider Unis passend zum Tag des Meeres gefragt, was sie mit ihrer Forschung bewirken möchten.
Dr. Florence Schubotz, Organische Geochemikerin am MARUM, Universität Bremen
“Mikroorganismen sind Überlebenskünstler und haben es geschafft sich über Jahrmillionen von Jahren an die widrigsten Umweltbedingungen anzupassen. In meiner Forschung trage ich dazu bei, diese Anpassungsmechanismen zu entschlüsseln.
In der Tiefseeforschung und speziell in meinem Fachgebiet, der Lipid- und Metabolit-Forschung, gibt es noch so viel Unbekanntes zu entdecken, da glüht das Entdeckerherz! Man weiß, dass die Proben einzigartig sind und Einblicke in eine uns komplett fremde Welt bieten, die wir erkunden wollen.
Mit meiner Forschung hoffe ich dazu beizutragen, dass wir die komplexen Zusammenhänge zwischen Ökosystemen und der Umwelt besser verstehen. Wenn wir begreifen, wie wichtig Kleinstlebewesen in der Tiefsee für die globalen Stoffkreisläufe und letztendlich das Klima sind, werden wir auch bestrebt sein, diese Lebensräume zu schützen und zu erhalten.”
Prof. Dr. Helmut Hillebrand, Meeresökologe am ICBM/ HIFMB, Universität Oldenburg
“Unsere Meere werden künftig wärmer und saurer sein, extreme Ereignisse wie Hitzewellen häufiger. Ob ein Ökosystem gesund und funktionstüchtig bleibt, hängt von der Fähigkeit der Lebewesen und ihrer Gemeinschaft ab, Umweltveränderungen zu überstehen. Daher müssen wir verstehen, was Meeresökosysteme widerstandsfähig macht – auch um beurteilen zu können, wie wir die Meere am besten schützen.
Wir erforschen, warum manche Ökosysteme empfindlicher auf Umweltveränderungen reagieren als andere – etwa mit Experimenten oder indem wir Ergebnisse anderer Studien statistisch zusammenfassen, um übergreifende Muster zu finden. Gemeinsam mit Forschenden der Uni Bremen analysieren wir zudem Daten aus der Erdgeschichte, um zu prüfen was wir aus dem Umweltwandel der Vergangenheit lernen können. Es zeigt sich: Lebensgemeinschaften neigen dazu, stabiler zu sein, wenn sie aus einer Vielzahl von Arten bestehen, die unterschiedlich auf Umweltveränderungen reagieren.
Ursprünglich wollte ich erforschen, was zu der unglaublichen biologischen Vielfalt führt, die wir in vielen Ökosystemen haben. Aber angesichts des rapiden globalen Wandels wurde es immer wichtiger, zu erforschen, welche Konsequenzen ein Verlust dieser Vielfalt hat.”
Dr. Luz Maria Mejia Ramirez, Biogeowissenschaftlerin am MARUM, Universität Bremen
“Meine Forschung zielt darauf ab, die wärmeren Klimazonen in der Vergangenheit zu entschlüsseln, um Lehren daraus zu ziehen, wie sich diese Vergangenheit als Reaktion auf die menschliche Produktion von Treibhausgasen in Zukunft wiederholen könnte.
Für mich ist es besonders inspirierend, unser Wissen mit jungen Menschen zu teilen. Es liegt in den Händen dieser und der nächsten Generation, das Problem des Klimawandels zu lösen. Wenn ich sehe, wie während eines Vortrags oder einer öffentlichen Diskussion Leidenschaft und Interesse erwachen, erfüllt das mein Herz mit Hoffnung und Freude.
Ich bewundere die riesige Artenvielfalt, die die Evolution über Millionen von Jahren geschaffen hat, und mein Ziel ist es, zu ihrer Erhaltung beizutragen. Ich habe meine Karriere als Meeresbiologin in die Biogeowissenschaften verlagert, um eine größere Wirkung zu erzielen, indem ich unseren größten Feind, den Klimawandel, direkter angehe.”
Prof. Dr. Sinikka Lennartz, Ozeanmodelliererin am ICBM, Universität Oldenburg
“Der Klimawandel ist eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen. Robuste Abschätzungen über mögliche Zukunftsszenarien sind nicht nur auf politischer Ebene als Entscheidungsgrundlage wichtig. Daher wollen wir besser verstehen, wie biologische Prozesse im Meer auf das Klimasystem rückwirken um künftige Entwicklungen besser abzuschätzen.
Mit Hilfe mathematischer Modelle erforschen wir, wie der Ozean auf natürliche Weise CO2 speichert und damit der Atmosphäre langfristig entzieht. Doch bisher berücksichtigen solche Modelle mikrobielle Prozesse nicht ausreichend. Jedes Jahr binden Mikroalgen in etwa so viel Kohlenstoff wie alle Landpflanzen zusammen, Bakterien im Meer verwandeln einen Großteil davon wieder zu CO2. Indem wir diese Prozesse in Modellen besser abbilden, tragen wir dazu bei, Modellszenarien realistischer zu gestalten.
Mich fasziniert, wie winzige Mikroorganismen eine so große globale Wirkung entfalten, etwa indem sie Kohlenstoff im Meer speichern. Mich reizt auch die Herausforderung, den Überblick über ein komplexes Wirkgefüge zu behalten und gleichzeitig den Blick fürs Detail nicht zu verlieren.”
Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs, Organischer Geochemiker am MARUM, Universität Bremen
“Als organischer Geochemiker interessiert mich sehr, wie sich Kohlenstoff in seinen verschiedenen Formen durch marine Biota, den Ozean und den Meeresboden bewegt – heute und in der Vergangenheit, und wie diese Prozesse mit dem Klima interagieren.
Ich war schon immer von der Vision fasziniert, ein tiefes Verständnis dafür zu erlangen, wie die Natur funktioniert.
Die Forschung meiner Gruppe trägt zu einem mechanistischen Verständnis der Rolle von Mikroorganismen im Kohlenstoffkreislauf bei. Dieses Wissen ist entscheidend für die Vorhersage biologischer Rückkopplungen als Reaktion auf künftige Umweltveränderungen.”
Prof. Dr. A Murat Eren (Meren), Mikrobiologe und Informatiker, HIFMB an der Universität Oldenburg
“Mikroben leben in allen Ökosystemen der Erde und der Meere. Von den Faktoren, die ihre Ausdauer und Widerstandsfähigkeit bestimmen, können wir viel lernen. Die mikrobielle Biotechnologie trägt bereits zur nachhaltigen Landwirtschaft, zum Herstellen von Biokraftstoffen oder neuen medizinischen Behandlungen bei. Mögliche Lösungen für globale Umweltprobleme werden mit Sicherheit von Mikroben kommen, und dies wird nur möglich sein, wenn wir mehr über ihre Evolution und Lebensweise erfahren.
Mit Hilfe von Berechnungen und riesigen Datenströmen bringt meine Arbeitsgruppe Licht ins Dunkel der mikrobiellen Ökologie und Evolution in marinen Systemen und darüber hinaus. Wir entwickeln zum Beispiel Methoden, die uns helfen zu verstehen, wie Mikroben mit den sich ständig verändernden Lebensräumen zurechtkommen und sich an Umweltbedingungen anpassen.
Molekularbiologie, Informatik und Technologie haben unser Wissen über die verborgene Mehrheit unserer Welt rasant erweitert. Und wir stehen erst am Anfang. Angesichts der enormen Datenmengen, die aus mikrobiellen Systemen gewonnen werden, glaube ich, dass ich als Informatiker und mikrobieller Ökologe am richtigen Platz bin, um zu unserem neuen Verständnis von Mikroben beizutragen.”