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Damals: Mit der Universität auf hoher See

In den 1970er- und 1980er-Jahren waren Segeltouren mit der Godeke Michels und anderen Booten möglich

Campusleben

„Das Ruder übernehmen“, „sich auf stürmischer See befinden“ oder „(nicht) vom Kurs abkommen“ – Beispiele für metaphorische Formulierungen, die die wechselvolle Geschichte der Universität Bremen beschreiben? Mitnichten! Es ist auch leibhaftig gesegelt worden, vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren.

Welche Bedeutung Aktivitäten dieser Art für die Universität hatten – das ist eine von vielen Fragen, der das neue Projekt zur mündlich überlieferten Geschichte im Universitätsarchiv (BUA) seit Anfang 2019 nachgeht. Übergeordnetes Ziel ist, die bestehende umfangreiche schriftliche Dokumentation der Universitätsgeschichte durch Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu ergänzen. Es gilt auch den Alltag in den Blick zu nehmen, ebenso Informelles sowie bislang kaum dokumentierte Ereignisse.

Törns von Kopenhagen bis Edinburgh

Ein anschauliches Beispiel für Letzteres sind die Segeltörns. Ein nach Bremen berufener Hochschullehrer mit Wirkungsstätte zuvor in Berlin und selbst erprobter Segler brachte alles ins Rollen. Fahrten auf unterschiedlichen Booten fanden seit 1975 statt; etwas bekannter wurde die 1981/82 angeschaffte und bis 1985 genutzte Godeke Michels. Um ihren Erwerb zu ermöglichen, hatten mehrere Hochschullehrer „zusammengelegt“. 1980 gründete ein 40-köpfiger Kreis (wiederum) aus Hochschullehrern und Studierenden die durchaus alternativ - weil nicht ausschließlich akademisch - gedachte Segelgemeinschaft Uni Bremen (SUB). Sie gibt es noch heute. Die Törns reichten bis Kopenhagen oder Edinburgh.

„Es war eine Gemeinschaft“: Kaum einer, der es im Interview nicht so formuliert hätte. Dabei befanden sich an Bord ganz unterschiedliche Statusgruppen: Professoren aus unterschiedlichen Fachrichtungen, Dienstleisterinnen und Dienstleister sowie (anlässlich eines Teils der Fahrten) Studierende.

Dass die Universität damals noch vergleichsweise klein war, erwies sich als hilfreich. Anlässe für die Unternehmungen waren unterschiedlicher Art: von ausschließlich privater Natur über Touren für den Fachbereich (damals: FB 11 Arbeits- und Bildungswissenschaften) bis hin zu Fahrten mit Lehrbetrieb an Bord, dann mit Studierenden vorwiegend aus technischen Bereichen in Verbindung mit Berufspädagogik oder Sport.

Gleich mehrfach stellten Befragte diese Aktivitäten in den Kontext der Drittelparität, einem gegen die Ordinarien-Universität gerichteten Partizipationsmodus. Dieser besaß nur bis 1976 rechtlich Geltung, lebte aber in den Köpfen mancher weiter: Mit den Törns konnten Statusgrenzen ansatzweise aufgebrochen werden. Ein weiteres Motiv zielte darauf, sowohl den als sehr theoretisch und abstrakt erlebten ideologischen Auseinandersetzungen an der Universität als auch der anfänglichen Anfeindung in der Region („Rote Kaderschmiede“) auf pragmatische Weise etwas Positives entgegenzusetzen, ohne jedoch deshalb unpolitisch sein zu wollen.

„Die Uni war ein Fremdkörper“

Mit Blick auf die damit angesprochene universitäts-externe Dimension ist zu betonen, dass über lange Zeit eine Einbindung in die Region erst zu noch bewältigen war; eine Wahrnehmung: „Die Uni war ein Fremdkörper.“ Das Segeln setzte hier gleich mehrfach weitere positive Akzente, beispielsweise

Als die Godeke Michels im Hafen von Vegesack lag, äußerten begeisterte Passanten: „Ach, das ist unsere Uni!“

Wichtig ist der Einbezug sozial benachteiligter Gruppen. Dieser Anspruch - entsprechend dem Ideal an der Universität in ihrer Gründungsphase - schlug sich ganz explizit in der Satzung der Segelgemeinschaft von 1980 nieder (§2). Die Durchführung einer Reihe von Segeltörns mit Angehörigen einer städtischen Kinder- und Jugendinitiative, behinderten Jugendlichen oder Vorbestraften galt als eine auch theoretisch fundierte Möglichkeit zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung. In dieser Zeit entstand der Ansatz des pädagogisch-therapeutischen Segelns, maßgeblich geprägt vom Bremer Psychologen Michael Stadler.

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