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Gastprofessuren für Spitzenkräfte

Mit den U Bremen Excellence Chairs gehen die Universität und das MARUM neue Wege bei der internationalen Zusammenarbeit

Uni & Gesellschaft

Spannende Projekte über Ländergrenzen hinweg, frische Ideen, ganz neue Formen der Kooperation: Die Universität und das MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften haben ein neues Format der internationalen Zusammenarbeit aus der Taufe gehoben – die U Bremen Excellence Chairs. Ausgesuchte Expertinnen und Experten aus aller Welt forschen künftig in Bremen auf Gastprofessuren gemeinsam mit hier arbeitenden Kolleginnen und Kollegen. In neuen Projekten zu speziellen Fragen der jeweiligen Fachgebiete wird die Expertise beider Seiten zusammenfließen. Die ersten sieben Chairs sind jetzt besetzt worden, weitere werden folgen.

Thema „Datenaustausch zwischen Kleinsatelliten“: Professor Petar Popovski (links) aus Aalborg und Professor Armin Dekorsy aus Bremen arbeiten nun noch enger zusammen.
Foto: Kai Uwe Bohn / Universität Bremen

Zwei Männer, eine Tafel – und eine angeregte Diskussion: Professor Petar Popovski, einer der angesehensten Experten für drahtlose Kommunikation, bespricht mit seinem Kollegen Professor Armin Dekorsy die Ziele der künftigen Zusammenarbeit. Beide wollen neue Technologien für die Kommunikation von untereinander vernetzten Kleinsatelliten entwickeln, die bald den sogenannten New Space bilden. Der wird unter anderem wichtig für die Internet-Anwendungen der Zukunft – ob es nun um das „Internet der Dinge“, um störungsfreies Streaming oder den Hochfrequenzhandel von Bankern geht. Die sicheren Datenströme von heute und morgen fußen auch auf den Forschungen der Arbeitsgruppen von Kommunikationstheoriker Petar Popovski und Signaltheoriker Armin Dekorsy. Beide kooperieren schon länger miteinander. Jetzt haben sie an der Universität Bremen mit dem Excellence Chair eine ideale Plattform der Zusammenarbeit gefunden, um gemeinsam noch besser voranzukommen.

Auch die Professorin Shalini Randeria – eine hoch angesehene Sozialanthropologin und Soziologin, die in Wien und Genf namhafte Institutionen leitet – hat schon ihre Arbeit als U Bremen Excellence Chair-Gastprofessorin begonnen. Im Rahmen der Forschungsplattform „Worlds of Contradiction“, zu der sich Geistes-, Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaften zusammengeschlossen haben, arbeitet sie jetzt eng mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Professorin Michi Knecht und Professor Ingo Warncke zusammen.


Prof. Dr. Shalini Randeria ist Rektorin des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen in Wien und Professorin für Sozialanthropologie und Soziologie am Graduate Institute for International and Development Studies in Genf, wo sie auch das Albert Hirschman Centre on Democracy leitet. In Bremen baut sie im Rahmen der interdisziplinären Forschungsplattform „Worlds of Contradiction“ (WoC) an der Schnittstelle von Kultur-, Rechts- und Sozialwissenschaften eine Forschungsgruppe zu „Weichen Autoritarismen“ auf. In Fallstudien werden die Prozesse der schleichenden, systematischen Transformation demokratischer Institutionen untersucht. Foto: Klaus Ranger, Zsolt Marton / IWM

Mindestens sechs Wochen im Jahr wird Shalini Randeria in Bremen sein, Forschungsprojekte anleiten, Summer Schools durchführen und einen intensiven Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen führen. Dazwischen ist sie durch regelmäßige Videokonferenzen präsent. Dafür will die Forschungsplattform sogar einen eigenen Raum herrichten, in dem stabile und hochwertige Übertragungen ermöglicht werden. Inhaltlicher Kern der von ihr eingerichteten Forschungsgruppe in Bremen sind „Weiche Autoritarismen“ in all ihren Facetten: Prozesse der schleichenden, systematischen Transformation demokratischer Institutionen hin zu autoritären Regimen, etwa in Ländern Osteuropas, in Indien und der Türkei.

Schub für die internationale Zusammenarbeit

Rektor Professor Bernd Scholz-Reiter freut sich über die internationalen Spitzenkräfte, die mit den Excellence Chairs an die Universität kommen. „Mit dieser Maßnahme bekommen die Wissenschaft in Bremen und unsere internationale Zusammenarbeit einen weiteren großen Schub“, ist er überzeugt. „Wir binden in wissenschaftlich hochinteressanten Gebieten sehr erfolgreiche Forscherinnen und Forscher aus anderen Ländern an uns und intensivieren die fachliche Zusammenarbeit. Beide Seiten profitieren dabei von den jeweiligen Netzwerken der Beteiligten.

Auch das Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften richtet drei meereswissenschaftliche Excellence Chairs ein. „Es ist uns gelungen, international führende Forschende auf den Gebieten der marinen Biogeochemie, der Geomikrobiologie und der Analyse von sogenannter ‚alter‘ DNA in die Ozeanbodenforschung einzubinden“, sagt MARUM-Direktor Professor Michael Schulz. „Unser Cluster wird dadurch fachlich komplementär verstärkt und gleichzeitig international hervorragend vernetzt.“


Prof. Dr. Jack Middelburg ist Professor für Geochemie an der Universität Utrecht und Research Insitute Director. Seine Forschung ist dort an der Schnittstelle zwischen Umweltwissenschaften, Biogeochemie und Geowissenschaften angesiedelt. Als U Bremen Excellence Chair wird er am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität experimentell und theoretisch am marinen Kohlenstoffkreislauf forschen. Ein besonderer Schwerpunkt: Wie wird Kohlenstoff durch die Wassersäule transportiert, von der lichtdurchfluteten Zone bis in die Tiefsee und letztlich in den Ozeanboden – das Habitat der tiefen Biosphäre? Foto: Ulrike Prange / MARUM

1,5 Millionen im Jahr für jeden Chair

Die U Bremen Excellence Chairs werden aus der „Universitätspauschale“ von jährlich einer Million Euro finanziert, welche die Universität Bremen im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern von 2019 bis 2025 bekommt. Diese Mittel wurden der Universität zusätzlich zum erfolgreichen Clusterantrag des MARUM bewilligt. Das Land Bremen verstärkt diese Förderung noch mal um 500.000 Euro pro Jahr. „Die im Exzellenzcluster-Wettbewerb erfolgreichen Universitäten sollen sich damit auch in ihrer Breite strategisch weiterentwickeln können“, sagt Fabian Heuel von der Stabstelle Strategische Projekte und Exzellenz. „Als ‚freie Strategiemittel‘ können sie nach Belieben eingesetzt werden. Wir haben uns für die Schaffung von insgesamt acht Excellence Chairs entschieden, das MARUM – finanziert aus Mitteln der Clusterförderung – für drei Chairs.“

Die Gastprofessuren sind langfristig angelegt und laufen über mindestens vier Jahre. Für jeden Gast werden zwei Nachwuchswissenschaftlerstellen finanziert. Die Bremer Forschungsgruppe kann aus anderen Mitteln zudem erweitert und ausgebaut werden. Die Excellence Chairs sind in die fachlichen Strukturen in Bremen eng eingebunden und können hier auch Promotionen betreuen.

Zunächst wurden jetzt sieben Excellence Chairs an der Universität Bremen und dem MARUM gestartet. Vier weitere werden im Laufe dieses Jahres eingerichtet.

Weitere U Bremen Excellence Chairs:

Prof. Dr. Eske Willerslev ist Professor und Direktor des GeoGenetics Institute an der Universität Kopenhagen und Prince Philip Professor für Ökologie und Evolution an der Universität Cambridge. Er gilt als Pionier der Anwendungen fossiler DNA in Paläoumweltstudien. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen am Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität möchte er nun das fossile DNA-Archiv in marinen Ablagerungen erschließen. Foto: Universität Kopenhagen

Prof. Dr. Victoria Orphan ist Professorin für Umweltwissenschaften und Geobiologie am California Institute of Technology. Zu ihren Forschungsthemen gehören die mikrobiellen Gemeinschaften, die am Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelkreislauf beteiligt sind. Am Cluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittelle der Erde“ am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften wird Orphan ihre Forschung in Zusammenarbeit mit den MARUM-Mitgliedern erweitern. Mit Hilfe modernster Analyseeinrichtungen und einzigartiger Tiefseeinstrumente in Bremen soll ein neues Verständnis für die dynamische Umwandlung von Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelverbindungen in mikrobiellen Gemeinschaften entwickelt werden. Foto: California Institute of Technology

Prof. Dr. Petar Popovski ist Professor für drahtlose Kommunikation an der dänischen Universität Aalborg. Drahtlose Kommunikation und Netzwerke, Kommunikationstheorie, die Konnektivität des „Internets der Dinge“ und die drahtlosen 5G-Systeme sind Kernthemen des mehrfach ausgezeichneten Elektroingenieurs. Sein U Bremen Excellence Chair ist in die Clusterinitiative „Advancing Earth Observation Sciene“ (AEOS) der Universität integriert. Ziel der Forschungsgruppe ist die Verbesserung der Datenübertragung zwischen Kleinsatelliten und der Erde unter Anwendung moderner Verfahren des maschinellen Lernens. Foto: Kai Uwe Bohn / Universität Bremen

Prof. Dr. Nicola Marzari ist Inhaber des Lehrstuhls „Theory and Simulation of Materials“ an der Schweizer École Federale Polytechnique de Lausanne (EPFL) und einer der prominentesten Materialwissenschaftler der Welt. An der EPFL leitet er das MARVEL Exzellenzzentrum für das rechenunterstützte Design und Entdeckung neuartiger Materialien. Auf dem U Bremen Excellence Chair, an dem er zusammen mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des MAPEX Center for Materials and Processes der Universität arbeitet, will Mazari neue Materialien auf Abruf entwickeln – mit Hilfe künstlicher Intelligenz, aus der Perspektive der Atome, ressourcenschonend und zukunftsweisend. Foto: Harald Rehling / Universität Bremen

Prof. Dr. Haizhou Li ist Professor am Department of Electrical and Computer Engineering und dem Department of Mechanical Engineering an der National University of Singapore. Als U Bremen Excellence Chair wird er am Wissenschaftsschwerpunkt „Minds, Media, Machines“ der Universität Bremen ein Forschungsprogramm zur Modellierung, Implementierung und Verifizierung eines biologisch inspirierten auditiven Modells für das Maschinenhören leiten, das die menschliche Hörfähigkeit nachahmt. Dafür wird Professor Li das „Machine Listening Laboratory“ einrichten und eng mit Informatikerin Professorin Tanja Schultz am Cognitive Systems Lab kooperieren. Foto: privat

Die Homepage der Universität zu den Excellence Chairs

Die Homepage des MARUM zu den Excellence Chairs

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