Bremer Konzept verbindet Forschung und Schulpraxis
Wie funktioniert die Duale Promotion?
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Programms „Die Duale Promotion in der Lehrerbildung: Wissenschaft macht Schule“ an der Universität Bremen schreiben ihre Dissertation und absolvieren ein Referendariat im Schuldienst – innerhalb von vier Jahren. Was zunächst vor allem nach viel Arbeit klingt, offenbart die einzigartige Chance, Schulalltag und Wissenschaft auf ganz neue Art zu verbinden.
Wie holt man digitale Inhalte ins Klassenzimmer – auch ohne WLAN?
Carmen Naber fühlte sich nach dem Abitur sowohl der Sozialpädagogik als auch der Informatik verpflichtet. Also studierte sie zunächst Informatik im Bachelor, hängte dann jedoch den Master im Lehramt für berufsbildende Schulen an. Danach stand sie wieder am Scheideweg: An die Schule gehen, oder doch weiter an IT forschen? Dank der Dualen Promotion kann sie nun beides verbinden. Sie forscht am sogenannten „Digi.Cube“, einem Projekt des Instituts Technik und Bildung der Universität Bremen. Das Gerät funktioniert wie eine Art USB-Stick mit WLAN: Der kleine Kasten kann mit digitalen Inhalten bestückt werden und diese Inhalte dann ohne externes WLAN auf Geräte in der Umgebung spielen. Perfekt also für den Einsatz im Klassenzimmer, in dem es keine Internetverbindung gibt. Das Gerät hat Carmen Naber bereits während des Studiums als studentische Hilfskraft programmiert, dann eine Potenzialanalyse im Rahmen ihrer Masterarbeit durchgeführt. In der Dualen Promotion wird sie das Gerät nun im Referendariat einsetzen und somit in der Praxis erkunden, wie es im Schulalltag von Lehrkräften eingesetzt werden kann. „Die Möglichkeit, das Gerät direkt im Berufsalltag ausprobieren zu können, ist für die Forschung natürlich großartig“, erzählt Naber. „Mein Ziel ist es, in der Promotion ein Lehr- und Lernkonzept für den Digi.Cube zu entwickeln.“ Möglicherweise wird der Cube oder ein ähnliches Gerät also zukünftig Bremer Lehrkräfte im Schulalltag unterstützen – entwickelt aus der Praxis, für die Praxis.
Wie kann man die Lebensgestaltungskompetenz von Schülerinnen und Schülern fördern?
Ein ganz anderes Thema beschäftigt Marieke Jochimsen. Nachdem sie Englisch und Philosophie auf Lehramt studiert hatte, arbeitete sie zunächst als Dozentin in den Sprachwissenschaften an der University of Malta. Doch auch sie ließ das Thema Schule nicht los. Ihre Dissertation befasst sich mit dem Thema „Lebensgestaltungskompetenz und Achtsamkeit im Philosophieunterricht“: Wie können Schülerinnen und Schüler sich selbst die Frage nach einem gelingenden Leben beantworten – losgelöst von Vorstellungen, die in der Gesellschaft allgemein als ideal angesehen werden? Dies möchte Jochimsen im Unterricht in Form eines Lebenskunstprojektes umsetzen. Ziel ist es, die Lebensgestaltungskompetenz – also die Fähigkeit, ein autonomes, selbstgestaltetes Leben zu führen – zu fördern. „Spannend wird natürlich vor allem die Frage, wie die Schülerinnen und Schüler solch eine Aufgabe umsetzen – und wie man dies am Ende qualitativ vergleichen und bewerten kann“, so Jochimsen. „Mich interessiert dabei auch die Frage, ob man durch Rituale im Unterricht – zum Beispiel in Form von Achtsamkeitsübungen – die Entwicklung eines inneren Kompasses, also sozusagen die innere Orientierung, der Schülerinnen und Schüler fördern kann.“ Wenn dies gelingt und durch Jochimsens Arbeit wissenschaftlich aufbereitet wird, könnten Projekte dieser Art eines Tages zu einem Werkzeug der Schuldidaktik werden, das die Lebensgestaltungskompetenz der Heranwachsenden fördert.
In diesen Beispielen offenbart sich das ganze Potenzial der Dualen Promotion: Sie bietet nicht nur wissenschaftlich interessierten Lehrkräften eine Möglichkeit, Schulpraxis zu erleben und dennoch im in der Forschung zu bleiben, sondern auch Raum für Ideen – von bodenständig bis idealistisch.
Über die Duale Promotion
Das strukturierte Promotionsprogramm “Die Duale Promotion in der Lehrerbildung: Wissenschaft macht Schule” am Zentrum für Lehrerinnen-/Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Bremen verbindet eine fachdidaktische Promotion mit dem Vorbereitungsdienst am Standort Bremen und bietet damit einen bundesweit einzigartigen innovativen Qualifikationsweg. Die aktuelle Kohorte der Dualen Promotion ist im Januar 2021 gestartet. Die auf vier Jahre angelegte Duale Promotion schließt mit der Promotion in der Fachdidaktik in einem der beteiligten Schulfächer und dem zweiten Staatsexamen ab. Absolventinnen und Absolventen der Dualen Promotion qualifizieren sich damit für eine wissenschaftliche Karriere und werden gleichzeitig darauf vorbereitet, als Lehrpersonen und Multiplikatoren an der Weiterentwicklung und Gestaltung von Unterricht und Schule mitzuwirken.
Das Programm ist am Zentrum für Lehrinnen-/Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Bremen angesiedelt und kooperiert eng mit dem Bremer Landesinstitut für Schule sowie den beteiligten Schulen. Die Dual Promovierenden sind während der Gesamtdauer von vier Jahren in ein strukturiertes Promotionsprogramm eingebunden.