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EU-Förderungen - eine Wissenschaft?

Die Europäische Kommission fördert Forschung in nahezu allen thematischen Bereichen mit einer Vielzahl von Förderformaten.

Forschung / Uni & Gesellschaft

Aber wie stellt man einen Antrag auf Förderung? Und wer kann überhaupt eine Förderung bekommen? Eine Person, die sich an unserer Universität bestens im „Antragsdschungel“ auskennt, ist Dr. Andrea Gottlieb aus dem Bereich Förderberatung. Seit fast zehn Jahren ist sie in dieser Position tätig. up2date. hat mit ihr gesprochen:

Frau Dr. Gottlieb, welche Rolle haben Sie an der Universität Bremen und wie lange sind Sie schon hier?

Ich bin Biologin, aber schon sehr lange im Wissenschaftsmanagement tätig. An der Uni bin ich bereits seit 1997, damals noch an einem Institut und nun an der Uni selbst. In diesem Bereich, als EU-Referentin, arbeite ich seit 2015. Meine Rolle steht unter der Überschrift „Beratung und Unterstützung von Antragstellenden für EU-Förderungen“.

Wer kann EU-Förderungen beantragen und wie unterstützen Sie dabei?

Die EU-Förderung ist tatsächlich ein riesiges Feld. Da gibt es hunderte von Fördermöglichkeiten. Im Wesentlichen beraten wir zum Rahmenprogramm Forschung & Innovation, das sogenannte „Horizont Europa“. Es können Mittel für Postdocs und Professor:innen beantragt werden. Innerhalb von Horizont Europa gibt es die Förderlinie „Marie Sklodowska-Curie“. Diese ist besonders auch für Wissenschaftler:innen interessant, die ihre Promotion spätestens zur Bewerbungsfrist abgeschlossen haben. Der Löwenanteil meiner Arbeit ist die Beratung von Personen, die schon erste Erfahrungen haben oder auf ganz konkrete Ausschreibung abzielen und entsprechend konkrete Beratung dafür brauchen. Erstberatungen haben wir weniger häufig. Also, dass jemand eine Projekt-Idee hat und wissen möchte, wo dafür Geld zu bekommen ist.

Eines unserer häufig genutzten Angebote ist somit das Lesen und Kommentieren von Antragsentwürfen. Ich mache den Job jetzt schon ziemlich lang und habe entsprechend viel Erfahrung. Ich kenne mögliche Ablehnungsgründe, weiß, was man in einem Antrag nennen muss. EU-Anträge folgen einer festgelegten Struktur und die Ausschreibungen sind in der Regel relativ detailliert. Es gibt einen „Expected Impact“, das ist nicht allen Antragsteller:innen klar. EU-Förderung ist mit hohem Renommee verbunden. Das Antragsaufkommen ist sehr viel höher, als die Mittel, die zur Verfügung stehen. Man befindet sich häufig in einer wirklich harten Konkurrenz und umso wichtiger ist, dass man das adressiert, was erwartet wird. Sonst war die Arbeit umsonst. Wenn ein Projekt irgendwann bewilligt ist, hören die Fragen natürlich nicht auf und wir sind weiter ansprechbar. Wir führen außerdem regelmäßig Infoveranstaltungen zu Fördermöglichkeiten für die Postdoc-Phase, zusammen mit Kolleg:innen aus der Zentralen Forschungsförderung und BYRD, durch. Die nächste wird im November 2024 stattfinden. Und wir versenden monatlich einen Newsletter mit aktuellen Entwicklungen und Terminen.

Wie relevant sind EU-Förderungen für die Uni bzw. ihre Forschenden?

Manche Projekte wären gar nicht möglich ohne Förderungen aus der EU. Wenn sie Fördermittel für länderübergreifende Forschung bekommen möchten, dann müssen sie schon sehr stark Richtung EU gucken. Ein überwiegender Teil der Förderungen insgesamt kommt zwar aus nationalen Töpfen, z.B. von der DFG, aber internationale Konsortien sind darin kaum aufzustellen. Jede Uni, die Wert darauflegt, international aufgestellt zu sein, kommt um die EU nicht herum. Und es gibt EU-Förderlinien, die mit ganz starkem Renommee verbunden sind. Das ist der ERC-Grant zum Beispiel. Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert damit Spitzenforschung in verschiedenen Förderlinien. An der Uni Bremen beschäftigte Professor:innen haben 2023 sechs ERC-Grants eingeworben. Alleine diese 6 Projekte machen knapp 15 Millionen Euro aus. Insofern sind EU-Förderungen für jede Uni wichtig.

Wie entwickeln sich die EU-Fördermöglichkeiten? Was erhoffen Sie sich persönlich?

Das erste Rahmenprogramm ist 1985 relativ klein gestartet. Mittlerweile haben wir das neunte Programm, „Horizont Europa“, das zehnte ist gerade in Vorbereitung. Mit jedem neuen Rahmenprogramm sind die Wichtigkeit und auch das Budget gestiegen. Das aktuelle „Horizont Europa“ stellt von 2021 bis 2027 über 95 Milliarden Euro zur Verfügung. Allerdings sind die Erwartungen an das, was Forschende dafür einbringen müssen, ebenso gestiegen. Für das kommende Rahmenprogramm gibt es Forderungen, die Antragsstellung zu vereinfachen. Die Prozesse erscheinen Neulingen in Antragstellung und Abwicklung oft kompliziert. Was die Wissenschaft ebenfalls eint, ist, dass das Fördervolumen deutlich steigen sollte. Gerade in den ganz freien Bereichen, bei denen jede noch so „verrückte Idee“ eingereicht werden kann, darf auf gar keinen Fall gekappt werden. Ich persönlich würde mir wünschen, dass sich das nächste Rahmenprogramm an ungefähr 200 Milliarden Euro orientiert. Die Herausforderungen, zu deren Lösung Forschung und Entwicklung beitragen können, werden mehr und wir sind dringend auf neue Ansätze und Ideen angewiesen. Entsprechend muss mehr Geld investiert werden. Es ist gerade viel in Bewegung durch die EU-Wahl am 9. Juni und ich bin sehr gespannt, was die Zukunft bringt. Es wird hoffentlich mehr Geld fließen und die Struktur des nächsten Rammprogramms wird sich, wie es im Moment aussieht, nicht völlig ändern. Evolution statt Revolution, denn eigentlich funktioniert es so ganz gut.

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