„Gemeinsam neue Impulse geben“
Transfer weiterdenken: up2date. stellt euch Menschen unserer Universität aus unterschiedlichen Disziplinen vor, die Transfer leben.
Ob Schule oder Erwachsenenbildung: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Bremen gestalten die Bildungslandschaft des Landes mit großem Engagement. Zwei dieser Überzeugungstäterinnen sind die Historikerin Dr. Ulrike Huhn und Mathematik-Didaktikerin Professorin Christine Knipping. Beide teilen die prägenden Erfahrungen eines Lehramtsstudiums, ihre Begeisterung für den Bremer Stadtteil Gröpelingen und ein dialogorientiertes Transferverständnis.
Als Dozentin bringt Ulrike Huhn Studierende mit Bremerinnen und Bremern in interaktiven Formaten zusammen. Ein Beispiel ist das Projekt „Ein KZ für die Werft – die Geschichte des KZ-Außenlagers Schützenhof“. Hier haben Studierende einen Audiowalk entwickelt, mit dem man den Spuren von Zwangsarbeitern der AG Weser durch den Bremer Stadtteil Gröpelingen folgen kann. Er schildert anschaulich die Lebensumstände der Menschen und beleuchtet historische Hintergründe. GPS-gesteuert werden Spaziergänger geleitet und hören immer wieder professionell aufgenommene Szenen und Geräusche. Am „Tag des offenen Denkmals“ haben die Studierenden im September 2018 ihr Projekt vor Ort zahlreichen Besucherinnen und Besuchern vorgestellt. „Da kamen 200 Leute. Das macht einen schon stolz“, sagt Ulrike Huhn.
Außerdem setzt sich die engagierte Historikerin für den Austausch zwischen Studierenden aus Deutschland, Russland und der Ukraine ein. „Und ich könnte mir auch gut vorstellen, in Zukunft verstärkt Angebote für Schülerinnen und Schüler an der Uni anzubieten“, sagt die Wissenschaftlerin, die auch mal Lehramt studiert hat. Das hat sie geprägt.
„Wir wollen der Gesellschaft nutzen“
Auch Christine Knipping hat ihre Wurzeln als Lehrerin nicht vergessen. Nach ihrem Studium entdeckte sie bald ihre Begeisterung für eine moderne Didaktik der Mathematik: „Im eigenen Studium hatte ich Pech, da war didaktisch alles ziemlich angestaubt. Erst als ich nach dem Referendariat einige Zeit in Frankreich studiert und als Lehrerin gearbeitet habe, wurde mir klar: Das geht auch anders.“ Seither hat Knipping die Begeisterung für die Vermittlung von Mathematik gepackt: „Leider glauben viele, dass sie ein starres, lebloses System ist. Ich will zeigen, dass Mathematik lebendig ist.“ Um Schülerinnen und Schülern ihr Fach näherzubringen, engagiert sich Knipping gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in ihrem Fachbereich im „matelier“. Gemeinsam setzen sie dort neue Impulse für das Bremer Schulsystem. Der außerschulische Lernort bietet Lehrkräften und Lehramtsstudierenden Anregungen für Unterricht in allen Jahrgangsstufen. Außerdem finden dort wöchentlich Veranstaltungen für Schulklassen statt und es gibt Angebote in Kooperationsschulen – seit 2018 auch an der Neuen Oberschule in Bremens Stadtteil Gröpelingen.
Ulrike Huhns Selbstverständnis als Historikerin ist eindeutig: „Ich könnte an der Universität nicht tätig sein, wenn meine Arbeit nicht wirksam für die Gesellschaft wäre. Ich will nützlich sein.“ Auch Christine Knipping ist davon überzeugt, dass Transfer nötig ist, um Wissenschaft und Gesellschaft zu verbinden und so dafür zu sorgen, dass auch kommende Generationen den Nutzen hinter der Wissenschaft erkennen: „Wir schaffen uns selbst als Fach ab, wenn wir nicht einsehen, dass Transfer notwendig ist“, sagt sie.
„Durch den Austausch gewinnt meine Forschung“
Dass Transfer als Dialog auf Augenhöhe stattfindet, ist beiden Wissenschaftlerinnen dabei besonders wichtig. „Das Ganze ist stets ein ergebnisoffener Prozess“, sagt Ulrike Huhn. „Deswegen finde ich den Begriff ‚Transfer‘ etwas schwierig. Er klingt, als vermittle man etwas Fertiges. So ist es aber nicht für mich. Durch den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern gewinnt meine Forschung noch Aspekte und andere Perspektiven hinzu, die mir vorher oft gar nicht bewusst waren“, so die Wissenschaftlerin. Auch Christine Knipping geht es darum, ihr Gegenüber zum Handeln zu bringen: „Nachhaltiger Transfer kann nur funktionieren, wenn wir unserem Gegenüber die Chance geben, etwas für sich selbst zu erarbeiten und zu begreifen.“
Sich für die Forschung aus der Universität herauszubewegen, scheuen die beiden Frauen nicht. „Als Wissenschaftlerin kann man sich nicht im Büro einschließen“, ist Ulrike Huhn überzeugt. Das Foto der beiden Frauen in diesem Jahrbuch ist im Bremer Stadtteil Gröpelingen entstanden, für den beide unabhängig voneinander über die Zeit ein Faible entwickelt haben. „Für mich war interessant zu sehen, wie überrascht die Studierenden waren, als wir für die Entwicklung des Audiowalks das erste Mal zu Fuß durch Gröpelingen gegangen sind: so schöne kleine Straßen, Häuser und Bäume“, schwärmt Ulrike Huhn. Ihre Kollegin ergänzt: „An manchen Orten ist es dort sogar recht ländlich. Das entspricht nicht dem Klischee des Stadtteils als ein sozialer Brennpunkt.“ Beide Wissenschaftlerinnen haben Gröpelingen durch ihre beruflichen Projekte besser kennengelernt. „Man muss selbst auch immer neugierig bleiben“, sagt Christine Knipping.