up2date. Das Onlinemagazin der Universtiät Bremen

Und dann? Wissen sinnvoll einsetzen

In dieser Reihe stellen wir Absolvent:innen der Uni Bremen und ihren Karriereweg vor. Diesmal: Dr. Alexander Wolf, Regionalkoordinator für West- und Zentralasien sowie Westafrika bei der zivilgesellschaftlichen Expert:innenorganisation BORDA.

Lehre & Studium

BORDA, was ist das denn? Diese Frage hört Alexander Wolf recht häufig, wenn er von seinem Arbeitsleben erzählt. BORDA ist die „Bremer Arbeitsgemeinschaft für Überseeforschung und Entwicklung“. Sie wurde bereits 1977 gegründet, ist allerdings nur wenigen Menschen in der Hansestadt ein Begriff. Im Kern geht es BORDA darum, Entwicklungszusammenarbeit auf kommunaler Ebene zu stärken, zugunsten benachteiligter Bevölkerungsschichten in urbanen Räumen und letztlich verbessertem Umweltschutz. Ein Betätigungsfeld, das optimal zu Alexander Wolf passt.

Alexander, wie sah dein Weg zum jetzigen Beruf aus?

Nicht gerade gradlinig (lacht). Ich habe schon früh gemerkt, dass ich mich für das Meer, genauer gesagt für marine Ökosysteme interessiere. Nach dem Abitur 1998 habe ich zunächst Chemie in Erlangen studiert, um eine gute naturwissenschaftliche Grundlage zu bekommen. Im Chemie-Studium hatte ich nicht nur gelernt, wie marine Ökosysteme wie beispielsweise Mangroven funktionieren, sondern auch, dass sie vielfach bedroht sind. Ich wollte wissen, was wir tun können, um sie besser zu schützen. Deswegen habe ich nach meinem ersten Abschluss noch „Ressourcenmanagement in Entwicklungsländern“ an der Universität Leiden in Holland studiert. Das war sehr spannend, denn hierbei standen die umweltbezogenen Aspekte von Entwicklungszusammenarbeit im Fokus. Das passte sehr gut zu mir. Dann tat sich die Möglichkeit auf, im Rahmen einer Promotion in Bremen mehr über Meeressysteme zu lernen. Da habe ich nicht lang gezögert und beim Leibniz Zentrum für Marine Tropenforschung an der Universität Bremen schließlich meinen Doktor gemacht. Das war von 2009 bis 2012. In dieser Zeit war ich in Bremen und in Curaçao, wo ich zu Korallenriffsystemen in Zeiten des Klimawandels und der Umweltverschmutzung geforscht habe.

Das klingt nach einer umfassenden wissenschaftlichen Ausbildung. Wie ist es dazu gekommen, dass du nicht in der Forschung geblieben bist?

Ich wollte mein Wissen praktisch einsetzen. An der Uni fehlte mir die Möglichkeit, aktiv etwas bewegen zu können. Uns allen ist klar, dass die allermeisten Korallenriffe absterben und marine Ökosysteme Schaden nehmen werden, solange sich nicht etwas an den Ursachen ihrer Gefährdung ändert. Ich wollte aktiv die Ursachen bekämpfen, nicht nur die Symptome. Nach meiner Doktorarbeit habe ich mich also umgesehen, wo es eine Möglichkeit gibt, mein Wissen gewinnbringend anzuwenden. Da bin ich auf BORDA aufmerksam geworden, wo ich nun seit gut zehn Jahren tätig bin. Hier gehen wir gezielt die Ursachen an, die zur Wasserverschmutzung führen. Ein Team von Expert:innen aus unterschiedlichen Disziplinen setzt gemeinsam mit den Menschen vor Ort in 15 Ländern Asiens und Afrikas Maßnahmen rund um das Thema Abwasserreinigung und Stadtentwicklung sowie Ernährungssicherheit um.

Alexander Wolf sitzt an einem Tisch, vor ihm ist eine Tasse zu sehen. Er gestikuliert mit seinen Händen während er spricht.
Als Regionalkoordinator ist Alexander Wolf an der Schnittstelle zwischen Geldgebern und den BORDA-Regionalbüros in Asien und Afrika tätig.
© Matej Meza / Universität Bremen

Was genau ist deine Tätigkeit bei BORDA?

Ich bin Regionalkoordinator für West- und Zentralasien sowie Westafrika. Das heißt, ich bin vor allem in einer Schnittstellenfunktion zwischen Geldgebern und unseren Regionalbüros tätig und unterstütze die regionalen Kolleg:innen, die vor Ort BORDAs Mission umsetzen. Gemeinsam wollen wir verhindern, dass die Abwässer aus großen Städten ungeklärt im Boden versickern oder ins Meer geleitet werden. Denn im Meer sorgen sie für einen zu großen Nährstoffgehalt, das lässt beispielsweise Algen unkontrolliert wachsen, was die Ökosysteme zum Kippen bringt. Doch das Leben ganz ohne Kanalisation ist in Asien und Afrika vielerorts immer noch gängige Praxis. Manchmal ist es nämlich gar nicht so leicht, umweltfreundlichere Lösungen umzusetzen. Städte wie Jakarta oder Delhi beispielsweise sind mehr und mehr gewachsen, ohne dass sich jemand Gedanken über eine Kanalisation gemacht hat. Das bedeutet, dass eine zentrale Kanalisation, wie sie beispielsweise in Berlin im Laufe der Jahrzehnte nach und nach aufgebaut wurde, dort gar nicht mehr möglich ist. Wir entwickeln also alternative Ansätze. Das sind viele dezentrale Lösungen mit möglichst wenig Hightech, da in vielen dieser Regionen Strom nicht durchgängig verfügbar ist. In solchen Fällen arbeiten wir dann beispielsweise mit Gravitation, sprich natürlichem Gefälle statt mit Pumpen.

Das klingt, als sei Kreativität gefragt…

Ja, so ist es. Es geht darum, funktionierende Lösungen zu entwickeln und diese mit den Partner:innen vor Ort exemplarisch umzusetzen. Unsere Partner:innen sind vor allem Städte und Gemeinden, aber auch UN-Organisationen, lokale Nichtregierungsorganisationen oder Universitäten. Wir möchten zeigen, dass technische einfache Lösungen möglich sind und gleichzeitig die Kapazitäten vor Ort stärken und das Wissen verankern – also Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Häufig sind wir, sowohl in unseren Länderbüros, als auch der Zentrale in Bremen, gezwungen, auf Unvorhergesehenes zu reagieren. In solchen Situationen merke ich, dass mir die Erfahrungen aus der Promotion in Bremen immens weiterhelfen. Damals ging es nämlich auch darum, ein Thema trotz aller Widrigkeiten selbstständig voranzubringen und nicht zu verzweifeln, wenn etwas schiefläuft. Ein Projekt bei Rückschlägen einfach noch mal anders anzugehen – das hilft damals wie heute enorm.

Welchen Tipp gibst du den heutigen Studierenden?

Studiere dein Lieblingsthema! Wenn du dich mit dem, was du tagtäglich machst, verbunden fühlst, ist es viel leichter, das Studium erfolgreich abzuschließen. Und wenn du merkst, dass deine erste Wahl vielleicht doch nicht die richtige war, ist das noch kein Grund zum Verzweifeln. Eine Promotion allerdings ist nicht immer notwendig, finde ich. Das sollte man sich gut überlegen, weil es sehr kräftezehrend sein kann. Für mich persönlich war es tatsächlich ein Sprungbrett, weil ich vorher kaum Erfahrung in Meeressystemen hatte. Aber in den Meereswissenschaften ist es meiner Meinung nach nicht unbedingt ratsam, die Doktorarbeit direkt an das Studium anzuschließen. Ich würde sagen, dass es zielführender ist, erst mal Arbeitserfahrung zu sammeln.

Apropos Erfahrung: Mach Praktika, auch ruhig mehrere. Denn so ist es leichter, den wirklich passenden Beruf zu finden. Bei BORDA bieten wir Praktika in verschiedenen Bereichen an – inhaltlich reicht das Angebot von Geografie über IT bis Social Media. Und geografisch sind wir noch weiter aufgestellt: Du kannst in einem unserer Regionalbüros in Asien oder Afrika mitarbeiten oder hier in der Zentrale in der Bremer Neustadt, wo das administrative Herz schlägt.

Weitere Informationen

Webseite BORDA

Kontakt für Praktikumsanfragen: office@borda.org

zurück back


Auch interessant…

Universität Bremen