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Vom Spatenstich bis zur Exzellenz

Jutta Günther und Thomas von der Vring im Gespräch

Campusleben

Als er 1970 Rektor der Universität Bremen wurde, bestand ein großer Teil des heutigen Campus noch aus Bauernwiesen. Sie ist heute Rektorin einer Universität mit über 18.000 Studierenden. Ein Gespräch mit Gründungsrektor Thomas von der Vring und Rektorin Jutta Günther.

Herr von der Vring, wie kam es dazu, dass Sie Rektor der Universität Bremen geworden sind? Frau Günther, was hat Sie motiviert, dieses Amt heute zu übernehmen?

Thomas von der Vring: 1968, nachdem ich mich gerade in Politikwissenschaft habilitiert hatte, kamen einige Studierende aus dem Gründungssenat der Uni Bremen auf mich zu. Sie fragten mich, ob ich mir nicht vorstellen könnte, Rektor der Uni zu werden. Ich war zu der Zeit in meiner Rolle als stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos schon etwas bekannter. Nach einer kurzen Debatte im Gründungssenat bekam ich eine Zusage für zwei Jahre. Am Ende wurden sechs daraus.

Jutta Günther: Ich habe die Universität Bremen zuerst als Wissenschaftlerin kennengelernt: Vor zehn Jahren bin ich als Professorin für Volkswirtschaftslehre hergekommen. Zuerst habe ich nur wissenschaftlich gearbeitet, eine Arbeitsgruppe aufgebaut. Immer mehr habe ich mich aber auch für die Hochschulpolitik interessiert und bin erst Mitglied im Akademischen Senat, dann Konrektorin für Forschung, wissenschaftlichen Nachwuchs und Transfer geworden. Als die Amtszeit meines Vorgängers Bernd Scholz-Reiter endete, habe ich für das Amt kandidiert. Die Möglichkeit, die Entwicklung der Universität auf diese Weise zu gestalten, hat mich fasziniert. Und ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Universität zu mir passt und ich zu ihr.

Welche Herausforderungen gab es in der Gründungszeit der Universität, welche gibt es heute?

Thomas von der Vring: Damals ging es vor allem darum, die Universität endlich aufzumachen. Die Bürgerschaft hatte ja schon 1961 die Einrichtung der Universität beschlossen, und fast zehn Jahre später mussten wir ans Werk gehen. Es ging viel um die Bauplanung und die Einstellung von Mitarbeitenden. Und dann musste ich mich auch noch im Wahlkampf engagieren, denn bei der Bürgerschaftswahl 1971 war der Bau der Universität ein zentrales Thema. Die CDU stellte sich gegen das Projekt, die SPD argumentierte, dass eine eigene Bremer Universität auch jungen Menschen aus sozial schwächeren Vierteln wie Gröpelingen ein Studium ermöglichen könnte. Am Ende gewann die SPD die Wahl deutlich, mit dem besten Ergebnis ihrer Geschichte in Bremen. Die Arbeit war damals sehr stressig, aber auch geprägt von einer großen Aufbruchsstimmung.

Thomas von der Vring
„In der Gründungszeit der Universität war die Arbeit sehr stressig, aber auch geprägt von einer großen Aufbruchsstimmung“, sagt Thomas von der Vring.
© Universität Bremen / Annemarie Popp

Jutta Günther: Heute ist die Universität in Forschung und Lehre gut aufgestellt, steht aber auch in Konkurrenz zu anderen Hochschulen. Mit dem Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ sind wir erfolgreich in der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern. In der aktuellen Ausschreibungsrunde stellen wir für dieses Cluster einen Fortsetzungsantrag, gemeinsam mit der Universität Oldenburg. Darüber hinaus bewerben wir uns noch mit einem weiteren Antrag: „Die Marsperspektive: Ressourcenknappheit als Grundlage eines Paradigmas der Nachhaltigkeit“. Je nach Erfolg der Clusteranträge planen wir auch einen Verbundantrag mit der Universität Oldenburg als Exzellenzuniversität. Das alles beschäftigt mich aktuell in meiner täglichen Arbeit besonders. Aber am Ende ist es immer die vereinte Kraft der Universität insgesamt, die uns für solche Wettbewerbe qualifiziert und erfolgreich macht.

Die Universität Bremen ist als Reformuniversität gegründet worden. Woran zeigt sich das – damals wie heute?

Thomas von der Vring: Die Universität sollte offen für alle sein, und das wurde auch ganz wörtlich verstanden: Fast alle Räume waren frei zugänglich. Zumindest das Isotopenlabor habe ich aber abschließen lassen, das wäre sonst zu gefährlich geworden. In der Lehre war von Anfang an Interdisziplinarität wichtig. Zum Beispiel hat die Rechtswissenschaft mit den Sozialwissenschaften und der Ökonomie einen Fachbereich gebildet. Wir haben das Jurastudium ganz neu gestaltet, mit einem zweisemestrigen Eingangsstudium, das Inhalte des gesamten Fachbereichs umfasste. Der Fokus sollte auf Problemlösungsverhalten liegen, nicht auf stumpfem Auswendiglernen. Leider wurden diese Änderungen in den 1980er Jahren von der Politik wieder kassiert. Dennoch blieb es an der Tagesordnung, dass Lehrende aus verschiedenen Disziplinen gemeinsam Lehrveranstaltungen abhielten…

Jutta Günther: … und so ist vieles bis heute. Die Interdisziplinarität liegt regelrecht in der DNA der Universität Bremen. Dass hier ein Geisteswissenschaftler und eine Ingenieurin gemeinsam lehren und forschen, ist keine Besonderheit. Auch ich habe in meiner Forschung viel mit Forschenden aus den Ingenieurwissenschaften zu Energiesystemen und Energieeffizienz zusammengearbeitet. Und die Offenheit, die Herr von der Vring aus der Gründungszeit beschreibt, ist bis heute ganz wesentlich. In einer Welt im Umbruch stehen wir unverrückbar für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit.

Jutta Günther
„Die Interdisziplinarität liegt regelrecht in der DNA der Universität Bremen“, sagt Jutta Günther.
© Universität Bremen / Annemarie Popp

Mit dem Forum am Domshof gibt es nun das erste Gebäude der Universität im Zentrum der Stadt. War eine Präsenz im Zentrum bereits bei der Gründung der Universität angedacht?

Thomas von der Vring: Nein, es war von vorneherein geplant, die Universität als Campusuni außerhalb des Zentrums aufzubauen. Praxisorientierung im Studium war uns sehr wichtig, und es war damals bereits angedacht, dass sich Unternehmen in der Nähe der Universität ansiedeln.

Jutta Günther: Und das ist ja auch gelungen: Heute gibt es rund um die Uni den Technologiepark, mit mehr als 500 Unternehmen und rund 15.500 Mitarbeitenden. Abgesehen von dieser räumlichen Nähe sind das forschende Lernen und die Praxisnähe auch heute noch ein Markenzeichen der Universität Bremen. Auf diese Verbindungen und alles, was in den letzten 50 Jahren erreicht wurde, sind wir sehr stolz. Ich kann mich also bei Herrn von der Vring und bei allen, die den Grundstein für unsere Universität gelegt haben, nur bedanken.

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