Was ist gute Lehre?
Mit dem Berninghausenpreis werden die besten Lehrenden der Uni Bremen geehrt
Jedes Jahr im Dezember wird der „Berninghausenpreis für hervorragende Lehre“ an der Universität Bremen vergeben. Mit dieser Auszeichnung werden Lehrende geehrt, die ihre Seminare und Vorlesungen besonders gut gestaltet haben. Doch was bedeutet das genau, und wer vergibt den Preis? Darüber sprachen wir mit Professorin Sabine Doff, die der Jury von 2018 bis 2023 angehörte.
Frau Doff, warum gibt es den „Berninghausenpreis für hervorragende Lehre“?
Der Preis wird seit 1991 von der Universität und dem Verein “unifreunde – Freunde der Universität Bremen und der International University Bremen e.V.” vergeben. Initiiert wurde die Auszeichnung, die heute als einer der ältesten Lehrpreise Deutschlands gilt, von einer Privatperson: Friedo Berninghausen rief die Auszeichnung ins Leben. Der Unternehmer und Hobby-Biologe setzte sich stark für die Universität ein. Die Wissenschaft und das Vermitteln von Wissen waren ihm sehr wichtige Anliegen. Mit dem Preis wollte er das Engagement für besonders gute Lehre auszeichnen und sichtbar machen. Auch nach seinem Tod stiftet die Familie Berninghausen weiterhin das Preisgeld, die Auszeichnung wird nun von seinem Sohn Carl verliehen.
Was bedeutet denn „gute“ Lehre?
Bei der Preisvergabe rücken bestimmte Kriterien in den Fokus, die die Jury in ihrer Diskussion über die nominierten Lehrveranstaltungen berücksichtigt. Dazu gehören zum Beispiel ein interdisziplinärer Ansatz, innovative Methoden und die Resonanz bei den Studierenden. Gute Lehre muss bei den Studierenden gut ankommen. Sie soll Chancen zum Lernen eröffnen und für die Studierenden Sinn ergeben – manchmal auch erst im Nachhinein. Sie schafft neue Denkräume, ist vielleicht auch mutig und risikobereit.
Schwerpunktkategorien für den Preis können sich verändern, wenn die Umstände es erfordern. Während der Pandemie hat die Jury beispielsweise einen Fokus auf digitale Lehre gelegt. Stets unverändert ist aber die Kategorie „Studierendenpreis“. Hier können nur Studierende nominieren.
Wie setzt sich die Jury zusammen?
In der Jury sind alle an der Lehre beteiligten Statusgruppen vertreten: Studierende, der Mittelbau und Professor:innen aus niedrig- und hochnumerischen Fachbereichen. Die Jurymitglieder werden vorgeschlagen und vom Akademischen Senat offiziell eingesetzt.
Wie trifft die Jury ihre Entscheidungen?
Nachdem alle Nominierungen eingegangen sind, sichten die Jurymitglieder alle Unterlagen und treffen eine kriteriengeleitete Vorauswahl. Die Nominierten, die Studiendekan:innen und die Studierendenvertreter:innen des Fachbereichs – das sind in der Regel die Stugen – geben dann eine Stellungnahme zu der betreffenden Lehrveranstaltung ab. Auf dieser Basis diskutiert die Jury alle nominierten Einreichungen und trifft dann die finale Entscheidung über die Gewinner:innen. Es können auch mehrere Personen als Gruppe nominiert werden, wenn sie zum Beispiel eine Lehrveranstaltung als Team durchgeführt haben. In der Kategorie „Studierendenpreis“ hat das Votum der Studierenden exponiertes Gewicht. Hier setzt die Jury die Zahl der Nominierungen jedoch in Relation zur absoluten Studierendenzahl, denn ein Seminar mit zehn Teilnehmer:innen kann natürlich genauso erfolgreich sein wie eine Vorlesung mit 300 Studierenden, auch, wenn es dann natürlich weniger Nominierungen gibt.
Wie war Ihre Zeit in der Jury?
Ich empfand die Arbeit in der Jury immer als enorm gewinnbringend. Sie bietet vielfache Ansätze, sich fächer- und statusgruppenübergreifend mit der Lehre auseinander zu setzen und den eigenen Horizont dadurch deutlich zu erweitern. Im Jahr 2022 habe ich den Preis selbst erhalten. Mit dem Bekanntwerden der Nominierung habe ich in der Jury natürlich während der Auswahl ausgesetzt. In solchen Fällen springt eine Vertretung ein.
Was bedeutet die Auszeichnung für die Lehrenden?
Für mich war es eine der schönsten Auszeichnung, die ich jemals erhalten habe. Es ist eine große Ehre, den Berninghausenpreis zu bekommen. Dass es dann auch noch der Studierendenpreis war, hat mich ganz besonders gefreut. Die ausgezeichnete Lehrveranstaltung fand im Wintersemester 2021/22, also während der Pandemie, statt. Damals war noch nicht klar, ob die Veranstaltung in Präsenz oder digital stattfindet. Überhaupt war die Lehre damals von den Auflagen und Unsicherheiten arg gebeutelt. Der Preis war für mich auch eine besondere Würdigung der Bewältigung dieser Herausforderungen. Denn meiner Meinung nach ist Wissen dann besonders wertvoll, wenn man es mit anderen teilt; die Voraussetzung dafür ist, dass es gut vermittelt wird. Nach über 20 Jahren Lehre an der Hochschule nun so eine Auszeichnung zu bekommen, war eine wunderbare Bestätigung für diese Position.
Wie profitiert die Lehre von der Auszeichnung?
Der Preis hat mich persönlich sehr motiviert, neue Projekte zu wagen. Ich habe das Preisgeld, das übrigens jeweils 3.000 Euro pro Kategorie beträgt, in eine Fortbildung investiert und im anschließenden Jahr zwei große neue Lehrprojekte angestoßen. Dabei habe ich ganz neue Formate ausprobiert. Ob ich das ohne die Auszeichnung gewagt hätte? Der Berninghausenpreis hat mich auf jeden Fall dazu angespornt, noch einmal neu über Lehre nachzudenken. Er hat mich auch in Diskussionen über die Lehre selbstbewusster gemacht. Die Preisverleihung in der Handelskammer, die tolle Laudatio und die Anwesenheit vieler Kolleg:innen und Studierenden dort war ebenfalls eine schöne Anerkennung. Daher möchte auch ich dazu aufrufen: Nominiert eure Lehrenden, nominiert eure Kolleg:innen! Das ist nicht nur eine tolle Würdigung, sondern auch ein Ansporn für die ständige Weiterentwicklung von hervorragender Lehre.
Über den Berninghausenpreis für hervorragende Lehre
Seit 1991 verleihen die Universität Bremen und die “unifreunde - Freunde der Universität Bremen und der International University Bremen e.V.” jährlich den von der Familie Berninghausen gestifteten Preis, um besondere Leistungen in der universitären Lehre auszuzeichnen. Der Preis ist mit 6.000 Euro dotiert und kann auf mehrere Kategorien verteilt werden. Lehrende können von Studierenden und Kolleg:innen nominiert werden oder sich selbst vorschlagen. Die aktuelle Ausschreibung, die noch bis zum 21. Juli 2023 läuft, findet ihr auf der Webseite. Nominiert jetzt eure Favoriten!