„Wie auf einem anderen Planeten“
Gunnar Spreen war drei Monate auf dem Forschungsschiff „Polarstern“ im ewigen Eis unterwegs. Uns hat er ein paar Fragen beantwortet und dabei von seinen Erfahrungen in der Arktis berichtet.
Als Teil von MOSAiC, der größten Arktisexpedition aller Zeiten, ermitteln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Bord die Parameter von Eis und Schnee. Das Ziel: Neue Erkenntnisse über das Klimasystem gewinnen. Der erste Abschnitt der MOSAiC-Expedition ist vorbei und Gunnar Spreen wieder zurück am Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.
Herr Spreen, haben Sie die Dunkelheit und Kälte gut überstanden?
Wir sind im Hellen losgefahren. Wie es dann von Tag zu Tag immer dunkler wurde, mit fantastischen Lichtstimmungen über dem Eis, wenn das Wetter mitspielte, war toll. Die zwei Monate Dunkelheit waren dann mit der Arbeit unter Scheinwerfern auf dem Eis so ungewöhnlich, dass ich sie nicht als sehr unangenehm wahrgenommen habe. Es fühlte sich an wie auf einem anderen Planeten. Die erste Helligkeit am Horizont vor Norwegen bei unserer Rückkehr im Januar war aber schon überwältigend, auch wenn die Sonne noch unter dem Horizont war. Gegen die Kälte kann man sich gut anziehen. Es darf keine Haut, auch nicht im Gesicht, unbedeckt bleiben. Ein Problem sind immer nur die Finger. Die Arbeit an unseren Instrumenten können wir nur mit dünnen Handschuhen oder manchmal mit bloßen Händen durchführen. Da muss man aufpassen, dass es nicht zu Erfrierungen kommt und man sich genügend Zeit zum Händeaufwärmen lässt.
Konnten Sie Ihr Forschungsvorhaben verwirklichen?
Ja, wir haben alle unsere Instrumente zur Satellitenfernerkundung aufgebaut und erste Messungen durchgeführt. Jetzt kommen in fünf weiteren Fahrtabschnitten Kolleginnen und Kollegen an Bord, die die Messungen über das ganze Jahr fortführen. In den nächsten Jahren werden wir dann diese Daten verwenden, um unsere Klimazeitserien des arktischen Meereises aus Satellitendaten zu verbessern und neue Erkenntnisse über das Klimasystem zu gewinnen.
Haben Sie eine besondere Anekdote – beispielsweise einen Eisbärenangriff?
Wir haben einige Eisbären gesehen, insgesamt an neun Tagen des ersten Fahrtabschnitts. Angreifen tun die aber im Allgemeinen nicht, so auch bei uns nicht. Für den Fall der Fälle waren aber immer genügend Eisbärenwachen auf dem Eis und der Brücke.
Gibt es sonst ein persönliches Resümee, das Sie mit uns teilen möchten?
Die Eisdynamik war Wahnsinn. Wir konnten live sehen, wie sich ein Eisrücken binnen weniger Minuten gebildet hat. Die größten Herausforderungen liegen aber nicht nur auf dem Eis. Sich für dreieinhalb Monate mit einer kleinen Gruppe und in den Grenzen des Schiffs wohlzufühlen, ist nicht immer leicht. Mit diesem tollen Team bleiben aber viele schöne Erinnerungen.
Bereits vor der Abfahrt im September 2019 haben wir mit Dr. Gunnar Spreen gesprochen. Im Video-Interview erzählt er von seinen Erwartungen und Gefühlen bezüglich der Arktisexpedition: