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Das Welcome Center der U Bremen Research Alliance hilft internationalen Forschenden beim Ankommen

Uni & Gesellschaft

Wie finde ich eine Wohnung, einen Kitaplatz und wie läuft das mit der Krankenversicherung? Internationale Forschende, die nach Bremen kommen, sind mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Das U Bremen Research Alliance Welcome Center hilft ihnen, Fuß zu fassen – auf vielfältige Weise.

Auf dem Tisch steht ein Ständer mit Länderfahnen, es gibt Kaffee, Tee und Kekse. Ein gutes Dutzend Menschen sitzt auf roten Sofas in der Cafeteria im Gebäude GW2 an der Universität. Sie unterhalten sich angeregt. Immer mittwochs trifft sich der Stammtisch „Café International“ auf Einladung des Welcome Centers, von dem Huma Yari sagt, es sei „wie eine Familie“ für sie, und das Andrew Torget schlicht für eine „unglaublich hilfreiche Einrichtung“ hält, die es bei ihm zu Hause an der University of North Texas auch geben sollte.

Huma Yari steht im GW2.
Lobt die Unterstützung durch das Welcome Center: KI-Expertin Huma Yari aus Afghanistan.
© Jens Lehmkühler

Huma Yari, Systemadministratorin aus Afghanistan, und Andrew Torget, Professor für Amerikanische Geschichte, sind zwei von jährlich rund 400 Forschenden, die das Welcome Center unterstützt. Wissenschaft braucht kluge Köpfe und die werden weltweit umworben. Ihnen den Einstieg in Bremen so einfach wie möglich zu machen und damit die Attraktivität des Wissenschaftsstandortes zu steigern, ist das Ziel der Serviceeinrichtung. „Wir betreuen das gesamte Spektrum, von Doktorand:innen über Postdocs bis hin zu Professor:innen“, erzählt Julia Holz, die gemeinsam mit Janna Wilbers das Welcome Center koordiniert und dabei von einem Team von Mitarbeitenden unterstützt wird. „Ohne deren tolles Engagement wäre unsere Arbeit gar nicht möglich.“ Manche Forschende wie Andrew Torget bleiben als Gäste wenige Monate, andere mehrere Jahre. Wiederum andere wie Huma Yari haben einen Arbeitsplatz gefunden und wollen für immer in Bremen bleiben.

Julia Holz lehnt an einem Geländer, an dem verschiedene Nationalflaggen angebracht sind.
Immer ansprechbar: Julia Holz koordiniert die Arbeit des Welcome Centers.
© Jens Lehmkühler

Die Arbeit des Teams beginnt schon lange vor der Ankunft der Forschenden. „Je nach Herkunftsland ist eines der wichtigsten Themen die Visaerteilung“, erläutert Julia Holz. „Wir arbeiten da super mit der Ausländerbehörde zusammen.“ Auch Beratungen zur Reise- und Krankenversicherung, zur Wohnungssuche und zu den Arbeitsmöglichkeiten von Partner:innen spielen zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Rolle.

„Das wissenschaftliche Geschäft ist hart genug. Sind die Kinder gut versorgt, ist das für viele eine große Erleichterung.“ Julia Holz

Nicht minder bedeutsam für Forschende mit Familien ist ein Kita- oder Schulplatz. „Das wissenschaftliche Geschäft ist hart genug. Sind die Kinder gut versorgt, ist das für viele eine große Erleichterung“, erzählt Julia Holz. In der Regel dauert es zwei bis vier Monate, einen Kitaplatz zu bekommen. Im Notfall hilft man sich bei der Kinderbetreuung unter den Mitgliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance aus.

Auch Huma Yari hat die Betreuung schon in Anspruch genommen. Sie kam 2019 nach Bremen, um mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an der Universität zu promovieren – in Robotik und Künstlicher Intelligenz. Zuvor hatte sie an der Kabul University gelehrt und an der Technischen Universität in Berlin ihren Master in Computerwissenschaften absolviert.

„Wann immer ich nicht weiterwusste, hat mich das Welcome Center unterstützt.“ Huma Yari

Um ihre drei kleinen Kinder und ihren Mann aus Afghanistan nachholen zu können, musste sie für die Visaerteilung eine Wohnung nachweisen. „Das war eine schwierige Zeit“, erinnert sie sich. „Ich war allein, sprach wenig Deutsch, kannte das Visumverfahren nicht. Wann immer ich nicht weiterwusste, hat mich das Welcome Center unterstützt.“ Huma Yari fand schließlich eine Wohnung, nach sechs Monaten war sie mit ihrer Familie wieder vereint.

Andrew Torget kam ebenfalls mit seinen beiden Kindern und seiner Frau nach Bremen. Der Historiker arbeitet an einem Buch über die Immigration von Deutschen nach Texas; vor allem über Bremerhaven waren sie über den Hafen in Galveston in den US-Bundesstaat eingereist. Er wollte in Archiven forschen und lehrte zugleich, unter anderem am Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bremen zusammen mit Professor Dr. Cornelius Torp das englischsprachige Seminar „American History since 1865“ – und zwar so erfolgreich, dass das Duo für ihre Lehre ausgezeichnet wurde.

Andrew Torget
Deutsche Bürokratie kann verwirrend sein: Das Welcome Center half Andrew Torget, Historiker aus den USA, beim Ankommen.
© Lukas Klose

Der Fulbright-Stipendiat kam im Frühjahr 2023 nach Bremen, der Start war nicht frei von Hindernissen. „Den Papierkram, den man in Deutschland bei der Eröffnung eines Bankkontos oder der Beantragung einer Bibliothekskarte erledigen muss, ist schon beeindruckend“, meint Andrew Torget lächelnd. „Für einen Amerikaner sind dies herausfordernde Aufgaben. Da ist es gut zu wissen, dass es jemanden gibt, den man jederzeit fragen kann.“ So unterschiedlich die Ankommenden, so individuell sind ihre Bedürfnisse, die in einem Willkommensgespräch ermittelt werden. Alle jedoch bekommen ein Willkommenspaket mit einer Checkliste, mit Informationen über die Stadt, aber auch mit vielen praktischen Hinweisen: Wie funktioniert das mit der Mülltrennung? Wo kann ich ein Fahrrad ausleihen? Nach dem Erstkontakt werden später Sprechstunden angeboten.

Auch Deutschkurse vermittelt das Welcome Center, gemeinsam mit dem Goethe-Institut und anderen externen Partner:innen. „Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist die Durchführung von Veranstaltungen“, sagt Julia Holz. Das kann eine Wattwanderung sein, gemeinsames Plätzchenbacken, ein Ausstellungsbesuch oder der jährliche Empfang. „Die Möglichkeit, sich kennenzulernen, sich zu verbinden, ist ganz, ganz wichtig. Nur wenn die Forschenden auch sozial eingebunden sind, bleiben sie lange am Standort oder werben als Botschafter:innen für uns.“

Seit inzwischen zehn Jahren kümmert sich Julia Holz, die in England, Spanien und auch in Bremen „Internationale Kommunikation & Europastudien“ studiert hat, um internationale Forschende im Welcome Center. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so lange in meinem ersten Job nach dem Studium verbringen würde“, meint sie lächelnd. Es sind mehrere Dinge, die sie halten: der Kontakt zu Menschen aus aller Welt, immer wieder neue Themen und Herausforderungen, gerade während der Coronazeit – und natürlich, dass sie anderen helfen und etwas bewegen kann.

Der Integration dienen auch das „Café International“ und die Aktivitäten der „SeniorCitizens“ einer Gruppe von gut einem Dutzend älterer Menschen, die Forschenden ehrenamtlich helfen, in einer für sie oftmals fremden Welt zurechtzukommen. Einer, der fast jeden Mittwoch im Café dabei ist, ist Thomas Neumann. Weil ihm nach der Pensionierung als Lehrer langweilig war, hatte er dem Welcome Center eine Mail geschickt mit der Frage: „Kann ich etwas beitragen?“ Daraus entstand das „SeniorCitizens“-Programm. „Normalerweise verengt sich die Welt im Alter“, meint der 72-Jährige. „Durch das Programm hat sie sich für mich erweitert.“

Thomas Neumann
Schätzt den Austausch mit den Forschenden aus aller Welt: Thomas Neumann von den „SeniorCitizens“.
© Jens Lehmkühler

Einmal im Jahr veranstalten die Senioren einen „Free-Shop“, einen Flohmarkt für kostenlose Gebrauchsgegenstände, den auch Huma Yari gerne besuchte. „Ich brauchte für meine Wohnung viele Dinge und hatte nicht viel Geld. Die Gläser, Tassen und Teller vom Flohmarkt nutze ich immer noch.“ Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben sich ihre Rückkehrpläne in ihre Heimat zerschlagen. Inzwischen hat sie einen Job in einem Digitalunternehmen angenommen, die Kinder sind eingeschult und sprechen gutes Deutsch, sie will bleiben: „Ich bin sehr glücklich hier.“

Auch Andrew Torget war ein regelmäßiger Besucher des Stammtisches am Mittwoch. Seit August 2023 ist er zurück in Denton an der University of North Texas. Seine Erfahrungen in Bremen waren positiv, er berichtet gerne von ihnen und wirkt damit auch als ein Botschafter. „Schon bevor man an einen Ort reist, kann man über das Internet viel über ihn erfahren. Aber man weiß doch nicht genau, was einen erwartet. Das Café und das U Bremen Research Alliance Welcome Center machen es viel einfacher anzukommen und sich mit anderen zu verbinden.“

Mitmachen bei den SeniorCitizens

Für Forschende und Studierende aus dem Ausland kann es schwierig sein, sich insbesondere zu Beginn ihres Aufenthaltes zurechtzufinden. Aufgrund kulturell bedingter Missverständnisse können Probleme entstehen. Mit dem SeniorCitizens-Programm des U Bremen Research Alliance Welcome Centers helfen ältere, erfahrene Bezugspersonen den Neuankommenden, sich einzuleben und stehen ihnen ehrenamtlich als Mentor:innen zur Seite. Sie machen internationale Studierende oder Gastwissenschaftler:innen mit der deutschen Kultur vertraut, unternehmen gemeinsame Ausflüge oder unterstützen sie bei Alltagsproblemen. Für beide Seiten kann das eine bereichernde Erfahrung sein, aus der gar nicht selten anhaltende Freundschaften entstehen. Mitstreitende sind immer willkommen.

Der Artikel stammt aus Impact - Dem Wissenschafts-Magazin der U Bremen Research Alliance

In der U Bremen Research Alliance kooperieren die Universität Bremen und zwölf Institute der bundländerfinanzierten außeruniversitären Forschung. Die Zusammenarbeit erstreckt sich über vier Wissenschaftsschwerpunkte und somit „Von der Tiefsee bis ins Weltall“. Das Wissenschafts-Magazin Impact gibt zweimal im Jahr spannende Einblicke in das Wirken der kooperativen Forschung in Bremen.

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