Zwischen grünen Oasen und akademischer Freiheit
Die internationale Studentin Hanh Nhi Nguyen über ihre Erfahrungen an der Uni Bremen
Die grüne Umgebung und die Freiheiten im Studium – das sind nur zwei von vielen Dingen, die Hanh Nhi Nguyen an der Universität Bremen gefallen. Die 22-jährige Vietnamesin lebt seit 2020 in Bremen und studiert hier Elektrotechnik und Informationstechnik. Im Interview mit up2date. berichtet sie, was sie gerne schon vor ihrem Aufenthalt gewusst hätte – von der Mülltrennung bis zur Zimmersuche.
Hanh Nhi, wieso hast du dich für ein Studium an der Universität Bremen entschieden?
Auf die Idee bin ich auf einer Messe in meiner Heimatstadt Saigon gekommen. Dort habe ich Here Ahead kennengelernt. Das ist eine Einrichtung von allen staatlichen Bremer Hochschulen, die Vorbereitungsprogramme für ein Studium in Deutschland anbietet. Solche Angebote für internationale Studieninteressierte gibt es in vielen deutschen Städten. An Here Ahead hat mir aber besonders gefallen, dass man während der Vorbereitungsprogramme schon als Gasthörer:in an Vorlesungen und Seminaren teilnehmen kann. Daher habe ich mich zuerst für Bremen und dann für den Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik an der Universität entschieden. Beides ist für mich auch heute noch eine gute Wahl.
Was gefällt dir besonders daran, in Deutschland zu studieren?
Ich finde es gut, dass man hier sein Studium ziemlich frei gestalten kann. Man kann zum Beispiel schon Veranstaltungen von höheren Semestern besuchen, selbst wenn man durch Prüfungen durchgefallen ist und sie wiederholen muss. Oder man kann auch mal ein Semester lang weniger Veranstaltungen belegen, zum Beispiel, wenn man nebenbei viel arbeitet. Und es gibt ein gutes Netz von Straßenbahnen und Bussen. Das ist praktisch, wenn man kein eigenes Auto hat.
Wie war die erste Zeit in Bremen für dich? Was hat dir geholfen, in der Stadt und an der Uni anzukommen?
Mir hat das Vorbereitungsprogramm von Here Ahead sehr geholfen. Insgesamt hat es ein Jahr gedauert: Ein halbes Jahr lang habe ich vor allem Deutsch gelernt, sechs Unterrichtsstunden am Tag, an fünf Tagen in der Woche. Danach hatte ich noch mal ein halbes Jahr Zeit, um die Universität besser kennenzulernen und mich inhaltlich auf das Studium vorzubereiten. Trotzdem habe ich noch nicht alles verstanden, als ich dann mit meinem Studium anfing und in den ersten Vorlesungen saß. Da hat es mir geholfen, direkt die deutschen Studierenden anzusprechen und mich mit ihnen zu verabreden. Inzwischen kenne ich alle Studierenden aus meinem Studiengang. Das ist gut fürs gemeinsame Lernen.
Was war für dich in Deutschland ungewohnt?
Das Gesundheitssystem ist hier anders als in Vietnam. Als ich zum ersten Mal krank war, bin ich in ein Krankenhaus gegangen, wie ich es von zu Hause gewohnt war. Dort habe ich aber erfahren, dass man in Deutschland normalerweise erst einmal zum Hausarzt geht und nur in Notfällen direkt ins Krankenhaus. Hausärzte kenne ich aus Vietnam nicht, das war ganz neu für mich.
Kompliziert war für mich auch die Mülltrennung, obwohl ich in Vietnam schon davon gehört hatte. Es hat mich überrascht, dass es hier nicht nur Glascontainer gibt, sondern auch noch verschiedene Container für verschiedene Glasfarben. Und wohin man Batterien oder Elektrogeräte bringt, musste ich auch erst mal herausfinden.
Inwiefern haben sich bekannte Vorstellungen von Deutschland und den Deutschen für dich bestätigt?
Ich habe oft gehört, dass den Deutschen Pünktlichkeit besonders wichtig ist. Und auf die Menschen hier trifft das auch häufig zu. Aber die Deutsche Bahn erfüllt dieses Klischee leider gar nicht! Ständig kommen Züge zu spät oder fallen aus. Das ärgert nicht nur mich, sondern auch viele andere internationale Studierende, die ich kenne.
Und wo wir gerade beim Thema Verkehr sind: Ich habe am Anfang ganz schön lange gebraucht, um mich an die vielen Fahrräder in Bremen zu gewöhnen. Das kannte ich aus Saigon gar nicht, dort fährt man eher Motorrad. In meiner ersten Zeit hier bin ich deshalb oft auf den Fahrradwegen gelaufen und die Leute haben mich aus dem Weg geklingelt. Wenn ich heute Tourist:innen sehe, die den gleichen Fehler machen, erinnert mich das an meine erste Zeit in Deutschland. Dann erkläre ich ihnen kurz das System mit den Fahrradwegen.
Welche Erfahrungen hast du mit der Zimmersuche gemacht? Welche Tipps würdest du anderen internationalen Studierenden dazu geben?
Ja, die Zimmersuche – das ist wirklich ein schwieriges Thema. Schon bevor ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich mich beim Studierendenwerk um ein Zimmer beworben. Das hat aber leider erst einmal nicht geklappt. Deshalb habe ich am Anfang ein paar Monate privat bei einer Gastfamilie gewohnt. Am Ende kam dann zum Glück doch die Zusage für einen Wohnheimplatz.
Wenn man noch im Ausland ist, ist die Zimmersuche besonders schwer. Denn dann kann man natürlich erst einmal keine Zimmer vor Ort in Bremen angucken. Deshalb ist es immer gut, wenn man schon eine Person in Bremen kennt, die einem hilft. Das können zum Beispiel Studierende aus den internationalen Studierendencommunities sein. Selbst, wenn man auf diese Art nur eine Unterkunft für ein paar Wochen oder Monate findet, ist das schon viel wert. Denn wenn man erst einmal vor Ort ist, wird die Suche leichter.
Wohin können sich internationale Studierende wenden, wenn sie Fragen haben?
Es gibt viele unterschiedliche Orte und Personen, von denen man Hilfe bekommen kann. So viele, dass es manchmal gar nicht so leicht ist, die passenden zu finden. Mir hat da der AstA oft geholfen. Die Leute vom AStA kennen sich gut an der Uni aus und können einem sagen, wohin man mit sich mit welchem Problem wenden kann. Gut finde ich auch die Beratung des Studierendenwerks. Zur Sozialberatung kann man zum Beispiel hingehen, wenn man Fragen zum Jobben neben dem Studium oder zum Aufenthaltsrecht für internationale Studierende hat. Auch für psychische Probleme gibt es bei der Beratungsstelle Ansprechpersonen. Die Beratung ist kostenlos und auch auf Englisch möglich.
Was kann man neben dem Studium gut in Bremen und im Norden unternehmen?
Mir gefällt, dass Bremen so eine grüne Stadt ist. Zum Beispiel kann man von der Uni aus mit dem Fahrrad in zwanzig Minuten ins Blockland fahren. Dort ist es auf einmal richtig ländlich, mit vielen Wiesen und Weiden und kleinen Bauernhöfen. Auch der Bürgerpark ist ein guter Treffpunkt, zum Beispiel für ein Picknick. Und wenn man mal etwas anderes als Bremen sehen will, ist man schnell in Bremerhaven oder Hamburg.