„Die sozialen Faktoren haben eine große Bedeutung“
Im Interview erläutert die neue Gesundheitsmanagerin der Universität Bremen, was man braucht, um gesund arbeiten zu können
Alexandra Baumkötter ist seit Anfang 2019 Gesundheitsmanagerin der Universität Bremen. Zu ihren Aufgaben gehören die Analyse von Arbeitsbedingungen und die Entwicklung von Gesundheitsmaßnahmen. Im Interview spricht sie über gesundes Arbeiten – und darüber, was die Universität und ihre Beschäftigten dazu beitragen können.
Frau Baumkötter, was braucht man, um gesund arbeiten zu können?
Zunächst muss man sagen, dass Arbeit generell ein schützender Faktor ist: Menschen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, sind häufiger krank und haben eher eine schlechtere Gesundheit als Berufstätige. Arbeitsbedingungen können sich wiederum belastend oder gesundheitsfördernd auswirken. Um gesund arbeiten zu können, spielen daher mehrere Faktoren eine Rolle. Es kommt darauf an, wie man sie gestaltet.
Welche Aspekte sind hier wichtig?
Da wären einmal die Rahmenbedingungen vor Ort: Wie ist die Raumsituation? Gibt es übermäßigen Lärm, Hitze oder ähnliches? Ist der Arbeitsplatz gut ausgestattet? Kann ich zum Beispiel am Schreibtisch gut sitzen? Ein weiterer zentraler Punkt ist die Arbeitsorganisation. Welchen zeitlichen Anforderungen unterliege ich bei der Arbeit? Habe ich Gestaltungsmöglichkeiten? Werde ich im Krankheitsfall vertreten? Bekomme ich alle Informationen, die ich brauche? Und sind Entscheidungen von Leitung für mich nachvollziehbar und transparent? Zudem spielt die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle: Fühle ich mich ausreichend qualifiziert für meine Arbeit? Verstehe ich meine Tätigkeit, ist sie für mich sinnstiftend? Eine große Bedeutung haben darüber hinaus die sozialen Faktoren: Wie ist die Arbeitsatmosphäre mit der vorgesetzten Person, wie ist sie im Team? Erfahre ich Wertschätzung für meine Arbeit? Und wie ist die Kultur des Miteinanders?
Was wirkt sich am stärksten aus?
Alle Faktoren sind immer im Zusammenhang zu betrachten. Eine wichtige Bedeutung haben jedoch die sozialen Faktoren – das hat die Forschung gezeigt. Besonders das Thema Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie die soziale Unterstützung sind ein wichtiger Faktor für die Gesundheit. Wenn es hier gut läuft, fühlen sich die Beschäftigten wohl und können meist gute Arbeit leisten. Genauso extrem geht es ins Negative: Wenn es Konflikte im Team oder mit Vorgesetzten gibt, kann dies schnell dazu führen, dass Beschäftigte krank werden und langfristig ausfallen. Auch die Gestaltung der Arbeitsorganisation hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden von Beschäftigten. Es gibt also viele Ansatzpunkte, Arbeit gesundheitsfördernd zu gestalten.
Wie unterstützt Ihr Bereich Beschäftigte, damit es ihnen an der Universität gut geht?
Zentraler Bestandteil unserer Arbeit im Betrieblichen Gesundheitsmanagement ist es, Beschäftigte an der Gestaltung ihrer Rahmenbedingungen zu beteiligen. Die Universität hat 2018 eine Beschäftigtenbefragung durchgeführt. Die Ergebnisse sollen in den kommenden Jahren in den einzelnen Bereichen in Workshops gemeinsam analysiert werden, so dass wir möglichst passgenaue Gesundheitsmaßnahmen innerhalb der Universität mit Beschäftigten zusammen entwickeln können. Dabei gibt es immer zwei Ansatzpunkte: Zum einen gilt es, Angebote für einen gesunden Lebensstil zu etablieren. Eine deutlich größere Herausforderung ist es, die Strukturen an der Universität insgesamt und in den einzelnen Bereichen gesundheitsfördernd zu gestalten. Die Ergebnisse der Befragung zeigen die Handlungsfelder auf. Diese sind zum Beispiel Wertschätzung der Arbeit und zeitliche Anforderungen an die jeweilige Tätigkeit. In den Workshops möchten wir die Themen konkretisieren und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Lösungen finden.
„Ein Ausgleich zum vielen Sitzen ist die von uns entwickelte ‚Bewegte Pause‘.“
Was kann man proaktiv tun, um gesund zu arbeiten?
Man kann die sozialen Faktoren mitgestalten, indem man respektvoll und kooperativ miteinander umgeht. Zudem hat man stets die Möglichkeit, selbst für seine Gesundheit aktiv zu werden. An der Universität Bremen gibt es für die rund 3.500 Beschäftigten zahlreiche Angebote.
Welche zum Beispiel?
Einige Beschäftigte belastet beispielsweise das viele Sitzen. Um einen Ausgleich zu schaffen, haben wir die „Bewegte Pause“ entwickelt. Arbeitsteams treffen sich zweimal die Woche 15 Minuten für gezielte Übungen, um sich zu dehnen, zu strecken und den Kopf frei zu bekommen. In jeder Gruppe bilden wir jeweils eine Person aus, die die Übungen dann anleiten kann.
Gibt es weitere Gesundheitsangebote?
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leiden unter Verspannungen. Vor kurzem haben wir mobile Massagegeräte angeschafft, die man sich kostenfrei in der Verwaltung und in den Fachbereichen ausleihen kann. Weitere Angebote für Beschäftigte bieten aber auch andere Bereiche der Universität: Ein vielfältiges Sport- und Bewegungsangebot ermöglicht etwa der Hochschulsport auf dem Campus. Manche Beschäftigte machen dort zum Beispiel Yoga. Die Arbeitssicherheit bietet eine kostenfreie Ergonomie-Beratung an und die Personalentwicklung Weiterbildungsmöglichkeiten zu Gesundheitsthemen. Wer sich während der Arbeit einmal zurückziehen möchte, kann im Gebäude GW2 den Raum der Stille nutzen.
„Führungskräfte sind Vorbilder, aber auch eine besonders belastete Gruppe.“
Welche Rolle haben Führungskräfte im Gesundheitsmanagement?
Sie haben eine sehr zentrale Rolle, weil sie Vorbilder sind. Beschäftigte nehmen sich ein Beispiel daran, wie ihre Vorgesetzten selbst mit ihrer Gesundheit umgehen. Zudem gestalten sie die Arbeitsbedingungen maßgeblich mit. Gleichwohl sind Führungskräfte eine besonders belastete Gruppe, da sie sich oft in einer Sandwich-Position befinden: Sie werden täglich mit den Anforderungen von oben und von unten konfrontiert. Deshalb braucht es für Führungskräfte ein besonderes Angebot. Die Universität bietet solche speziellen Programme und möchte auch hier das Angebot erweitern. Informationen dazu gibt auf unserer Website.
Zur Person:
Alexandra Baumkötter hat im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit bereits mehrjährige Erfahrungen als Gesundheitsmanagerin im Hochschulbereich gesammelt. Vor ihrem Wechsel nach Bremen war die 34-Jährige sieben Jahre lang an der Universität Oldenburg für das Betriebliche Gesundheitsmanagement verantwortlich. Von 2012 bis 2016 hat sie das Gesundheitsmanagement und das Betriebliche Eingliederungsmanagement an der Jade-Hochschule aufgebaut. Die Universität Bremen kennt sie bereits aus Studienzeiten: Alexandra Baumkötter absolvierte von 2005 bis 2011 ihr Bachelor- und Masterstudium in den Gesundheitswissenschaften. Der Bereich, in dem sie jetzt tätig ist, nennt sich Betriebliches Gesundheitsmanagement – kurz: BGM.