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Auf dem Weg zur Lehrerin: DAAD-Preisträgerin Hadya Sleman

Hadya Sleman kam aus dem Irak, studiert Lehramt und bekam den DAAD-Preis.

Lehre & Studium

Hadya Sleman studiert an der Universität Bremen die Fächer Biologie und Kunst für das Lehramt an Gymnasien und Oberschulen. Die 28-Jährige hat einen weiten Weg zurückgelegt. Sie flüchtete aus dem Irak, kümmerte sich um ihre Familie, lernte währenddessen Deutsch, fand sich im deutschen Behördendschungel zurecht und ist erfolgreiche Studentin an der Universität Bremen. Für ihre eindrucksvollen Leistungen und ihr gesellschaftliches Engagement bekam sie den DAAD-Preis für hervorragende Leistungen internationaler Studierender an den deutschen Hochschulen. Wie hat sie das geschafft?

Was bedeutet Ihnen der DAAD-Preis?

Die Auszeichnung ist eine große Ehre für mich, ein so wunderbarer Preis, der mich motiviert, mich im akademischen und beruflichen Leben immer weiter zu verbessern.

Der Preis würdigt nicht nur Ihre Leistungen im Studium, sondern auch Ihr gesellschaftliches Engagement.

Ich trete gerne für Menschen ein, die meine Hilfe brauchen. Es hat sich so ergeben, dass ich anderen Geflüchteten bei Behördengängen und Arztbesuchen geholfen habe und zum Beispiel übersetzt habe. Und auch die Behörden haben mich dann irgendwann gefragt, ob ich für sie übersetzen kann. In Rotenburg, wo wir wohnen, habe ich mich außerdem beim Kulturfest und in der Flüchtlingshilfe engagiert. Das habe ich immer gerne gemacht, weil ich dadurch viele Menschen kennengelernt habe und dadurch auch meine Deutschkenntnisse verbessern konnte.

Wie war das für Sie, mit Ihrer Familie nach Deutschland zu kommen?

Ich kam mit meinen beiden jüngeren Brüdern Ende 2015 nach Deutschland. Meine Eltern waren damals noch nicht hier. Ich kümmerte mich um meine Brüder und organisierte dann später auch den schwierigen Familiennachzug meiner Eltern und meiner kleineren Geschwister. Ich war mit allem ziemlich überfordert: Das neue System hier, die Behördengänge, die vielen Papiere, ich konnte anfangs kaum Deutsch. Dann habe ich immer besser Deutsch gelernt. Für meinen Bruder habe ich einen Asylantrag gestellt und bin auch seine Erziehungsbeauftragte geworden. Das alles war nicht einfach.

Was waren die größten Herausforderungen für Sie?

Ich wohnte in Rotenburg/Wümme und wusste nicht, dass es ein Vorbereitungsstudium gibt. Ich habe viel herumgefragt. Mir wurde zum Beispiel von den Behörden gesagt: „Du hast im Irak die Schule besucht, der Abschluss ist hier nicht anerkannt.“ Sie wussten es nicht. Schließlich hat mir ein Freund gesagt, dass es in einem anderen Bundesland ein Vorbereitungsstudium für Menschen gibt, die geflüchtet sind und einen akademischen Hintergrund haben. Also habe ich weiterrecherchiert und im Internet schließlich die Information gefunden, dass es das an der Universität Bremen gibt.

„Man muss immer am Ball bleiben, seine Chancen nutzen und an sich glauben, dann kann man alles schaffen.”

Damit haben Sie dann begonnen?

Ja, das Vorbereitungsstudium Here Studies startete ich zum Sommersemester 2019. Bis ich alle formalen Hürden überwinden und mein Studium beginnen durfte, dauerte es noch mal weitere zwei Jahre. Diese Zeit habe ich aber genutzt, indem ich Vorlesungen besuchte, um sich auf mein Studium vorzubereiten. Ich habe während meiner Vorbereitung auf die Zugangsprüfung im Bereich Erziehungswissenschaften schon Kunst-Seminare besucht, die mir später im Studium angerechnet wurden.

Sie mussten viele Herausforderungen meistern. Woher haben Sie die Kraft genommen und auch das Selbstbewusstsein?

Die Beharrlichkeit habe ich wahrscheinlich durch meine schwierigen Lebensumstände gelernt. Sich klarzumachen: Am Ende kann es trotz aller Anstrengungen sein, dass es nicht klappt. Ich habe durch die Fluchterfahrung gelernt, flexibel zu sein und ein Ziel zu haben, auch wenn es viele Umwege gibt. Außerdem bin ich optimistischer Mensch. Ich war oft in Situationen, in denen ich fast gesagt hätte, das geht nicht, ich kann nicht mehr. Aber ich hatte immer ein Ziel vor Augen, das hat mich motiviert. Und ich habe auch von vielen gehört, die es in Deutschland geschafft haben. Auch das hat mir geholfen, nicht aufzugeben. Und natürlich hat mir meine Familie geholfen, mich stark gemacht. Ich habe in Deutschland darüber hinaus viele Menschen getroffen, die mich unterstützt haben.

Was geben Sie anderen Geflüchteten mit auf den Weg, die in ähnlich schwierigen Situationen stecken?

Dass man in Deutschland Kontakt mit Muttersprachlern aufnimmt, sich ehrenamtlich engagiert, um Leute kennenzulernen. Dass man neugierig ist, nachfragt, wenn man etwas nicht versteht, und Geduld hat. Es ist für andere Geflüchtete wichtig, dass sie wissen, dass auch sie eine Chance haben. Meine Botschaft: Man muss immer am Ball bleiben, seine Chancen nutzen und an sich glauben, dann kann man alles schaffen.

Warum möchten Sie Lehrerin werden? Seit wann haben Sie diesen Berufswunsch?

Es gibt sicher mehrere Gründe. Als Kind habe ich viel von meinem Vater über den Beruf erfahren, der Lehrer ist. Ich habe außerdem im Irak schon in einer Schule mitgearbeitet und Kinder unterrichtet. Das hat mir viel Spaß gemacht und war eine Bestätigung für meinen zukünftigen Beruf. Es hat auch eine Rolle gespielt, dass ich keine weiblichen Vorbilder in meiner Schule hatte. An meiner Schule gab es damals noch keine Lehrerin.

Sehen Sie sich als Vorbild für Mädchen und Frauen?

Das ist ein großes Wort, ich sehe mich selbst eigentlich nicht so. Aber ich hoffe, dass Mädchen und Frauen durch meine Geschichte ermutigt werden, ihre Ziele zu verfolgen.

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