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Das digitale Hafenseminar

Sebastian Möller verbindet akademische Inhalte mit Alltagserfahrungen

Lehre & Studium

Per Blog in einen Hotspot der weltwirtschaftlichen Entwicklungen: Offiziell heißt die Lehrveranstaltung „Schlüssel zur Welt: Die Bremischen Häfen in der Globalen Politischen Ökonomie“. Doch was zunächst trocken klingt, ist ein digitales „Hafenseminar“, in dem der Politikwissenschaftler Sebastian Möller die Studierenden trotz Corona-Pandemie per „Hafenblog“ aktiv in die Lehre einbindet.

Herr Möller, warum gerade ein „Hafenseminar“?

Das Seminar geht der Frage nach, welche Auswirkungen Veränderungen in der Weltwirtschaft auf die lokale Wirtschaft, Gesellschaft und Politik haben. Die Häfen sind dafür ein idealer Ausgangspunkt, weil sie als Infrastruktur des Welthandels und als Schlüssel zur Welt Kristallisationspunkte global-lokaler Interaktionen sind. Sie sind auch deshalb für ein Seminar gut geeignet, weil man sie – wenn nicht gerade eine Pandemie ausbricht – besichtigen kann und mit Menschen, die dort arbeiten oder hafenpolitische Entscheidungen treffen, direkt ins Gespräch kommen kann.

Gegenstand des Seminars: Der Hafen als Kristallisationspunkt global-lokaler Interaktion
© DJI-FUNK / Adobe Stock

In meiner Lehre versuche ich immer wieder akademische Inhalte mit Alltagserfahrungen der Studierenden zu verbinden, um die Lust am Lernen zu steigern und abstrakte Theorien und Konzepte besser begreifbar zu machen. Das findet meist im Seminarraum statt, bezieht aber regelmäßig auch audiovisuelles Material und viele interaktive Elemente mit ein. Meine Lehre soll die Studierenden vor allem aktivieren und ihre Neugier wecken. Digital ist das aber viel schwieriger zu erreichen.

Wie ergänzt ihr „Hafenblog“ das Seminar?

Der Hafenblog ist neben Stud.IP, wo wie gewohnt die Lernmaterialien abgelegt werden und organisatorische Fragen geklärt werden, der zentrale Lernort des Seminars. Zu jeder Lerneinheit – das, was früher die Seminarsitzungen waren – schreibe ich einen einführenden Blogpost, der zentrale Themen und Fragen anspricht und auf die Pflichtlektüre eingeht. Studierende können für alle inhaltlichen Fragen und Hinweise die Kommentarfunktion nutzen. Darüber hinaus gibt es noch die „Hafennews“, in denen die Studierenden und ich aktuelle Ereignisse mit Verlinkungen zu Medienberichten sammeln. Ein wöchentliches Fotorätsel schickt die Studierenden auf digitale Erkundungstour durch die Bremischen Häfen.

Der zentrale Vorteil des Blogs: Die studentischen Texte werden als Lernbeiträge für die Seminargruppe aufgewertet und es entsteht ein konstruktiver und asynchroner Austausch über die Themen.
© Universität Bremen

Der zentrale Nutzen des Blogs liegt aber in der Bereitstellung studentischer Beiträge, die jeweils innerhalb von drei Wochen nach Beginn einer Lerneinheit gepostet werden. Die Studierenden beschäftigen sich darin mit selbstgewählten Teilaspekten der Lerneinheiten und präsentieren die Ergebnisse ihrer Recherche. Besonderen Wert lege ich dabei auf die Auswertung von empirischem Material, da es sich um ein Forschungsseminar handelt. Die studentischen Beiträge werden dann von mir und anderen Seminarteilnehmenden kommentiert. Bei manchen Posts hat sich eine richtige Diskussion in den Kommentaren entwickelt.

Das ist für mich auch der zentrale Vorteil des Blogs: Die studentischen Texte werden als Lernbeiträge für die Seminargruppe aufgewertet und es entsteht ein konstruktiver und asynchroner Austausch über die Themen. In einer Stud.IP Umfrage haben sich 95 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dafür entscheiden, dass der Blog auch öffentlich einsehbar ist. Damit schreiben die Studierenden im Hafenseminar nicht nur für die Uni, sondern auch für die – wenn auch vermutlich kleine – Öffentlichkeit.

Sie nutzen das Blogsystem der Uni Bremen. Wie schwierig war die Einrichtung?

Die Bedienung ist eigentlich sehr einfach und intuitiv. UBlogs stellt einige Lernvideos, einen hilfreichen Chat und einen sehr guten Usersupport zur Verfügung. Das war wirklich sehr hilfreich und hat mich dazu bewogen, dieses Instrument einzusetzen. Die Uni Bremen Blogs laufen über das Wordpress-System, mit dem ich bereits gearbeitet habe. Ich habe vorher schon die Internetpräsenz der Forschungsgruppe administriert, in der ich tätig war. Außerdem veröffentliche ich häufiger Beiträge auf sozialwissenschaftlichen Blogs. Daher war ich mit dem Medium schon ein bisschen vertraut, bin vorher aber noch nie auf die Idee gekommen, es in der Lehre einzusetzen.

Die Funktionen des Uni-Blogsystems
© eSTUDI/Universität Bremen

Wie hoch ist die Beteiligung der Studierenden am Blog?

Insgesamt bin ich wirklich sehr positiv überrascht. Mir war natürlich klar, dass die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer die geforderten Blogbeiträge schreiben würden, um ihre CP zu erwerben. Aber ich hatte nicht erwartet, dass sich viele Studierende so aktiv mit Kommentaren, eigenen Hafennews und sogar einem eigenen Fotorätsel einbringen. Ich bin wirklich sehr beeindruckt davon und habe schon viel von meinen Studierenden gelernt, auch wenn aus meiner Sicht kein digitales Tool der Welt den gemeinsamen Lernprozess und die Diskussion im Seminarraum ersetzen kann. Natürlich gibt es aber auch in meinem Seminar das allseits bekannte Phänomen, dass sich einige sehr engagieren und man von anderen Teilnehmenden sehr wenig hört. Uns muss aber auch klar sein, dass das Studium gerade unter sehr erschwerten Bedingungen stattfindet und dass nicht alle gute Voraussetzungen für das digitale Lernen und Beteiligen haben.

Nutzen Sie noch weitere digitale Formate für Ihr Seminar?

Neben gelegentlichen Zoom-Konferenzen erstelle ich zu vielen Themen Lernvideos. In den Videos erkläre ich dann zentrale Aspekte oder Begriffe und interviewe Gäste, die wir unter normalen Umständen persönlich getroffen hätten – zum Beispiel die Kuratorin des Hafenmuseums, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Stadtteilzentren oder einen Referatsleiter aus dem Bremer Senat. Studierende können für eine mittlere Prüfungsleistung auch selbst einen Podcast oder Vlog erstellen, der dann über den Hafenblog zur Verfügung gestellt wird. Ich tweete auch regelmäßig über das Hafenseminar und habe dort die Liste „Bremen, Ports & Logistics“ erstellt, um meinen Studierenden das Potential von Twitter als Quelle für Forschungsdaten näherzubringen.

Das Blogsystem der Universität Bremen

Lehrende und Studierende können das Blogsystem „UBlogs“ der Universität Bremen nutzen. Die Einrichtung ist mit einem ZfN-Account unter blogs.uni-bremen.de möglich. Erklärvideos und Support sind unter blogs.uni-bremen.de/support zu finden. Das System wird vom Zentrum für Multimedia in der Lehre (ZMML) der Universität Bremen betreut.

Link zum Hafenblog

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