
© Matej Meza / Universität Bremen
„Das Engagement für die Praxis ist von großer Relevanz“
Wie die Rechtswissenschaft der Uni Wissen in die Gesellschaft trägt
Transfer wird in den Hochschulen immer wichtiger. Das Wissen und die Expertise der Gesellschaft zu Verfügung zu stellen, gehört neben Lehre und Forschung inzwischen zu den Kernzielen der Unis, genannt „Dritte Mission“. Zentral gelegen im Forum am Domshof bestehen beim Fachbereich Rechtswissenschaft viele Möglichkeiten des Austauschs. Wo überall Tranfer stattfindet, erklärt der Dekan, Professor Sönke Gerhold.
Was gehört alles zu Transfer in den Rechtswissenschaften?
Der Transfer von Erkenntnissen in die Praxis erfolgt in den Rechtswissenschaften zunächst über Publikationen, insbesondere Kommentare, die von Justiz, Verwaltung und Anwaltschaft verwendet werden, um Antworten auf Rechtsfragen zu finden. Auch der Gesetzgeber nimmt diese wahr und reagiert immer wieder auf aus der Wissenschaft erhobene Forderungen. Darüber hinaus werden Rechtswissenschaftler: innen aber auch regelmäßig als Sachverständige und Gutachter:innen befragt und sie begleiten unter anderem Gesetzgebungsvorhaben oder Gerichtsverfahren. Auch eine unmittelbare Einflussnahme auf die Rechtspraxis als Richter:in etwa am Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt oder am Hanseatischen Oberlandesgericht Bremen, als Prozessvertreter:in oder als Mitglied von Expertenkommissionen oder Beiräten ist gängig. Nicht zuletzt werden aus dem Fachbereich heraus auch gezielt Fortbildungen, Vortrags- und Podiumsveranstaltungen mit dem Ziel des Wissenstransfers organisiert.
Wie wichtig ist es für die Gesellschaft, dass sich die Jurist:innen mit ihre Expertise auf vielen verschiedenen Ebenen einbringen?
Das Engagement der Rechtswissenschaften für die Praxis ist gesellschaftlich von großer Relevanz, da das Recht keinen statischen Zustand beschreibt. Es befindet sich in einem stetigen Wandel, der aufgrund der Zusammenhänge und Auswirkungen gesetzlicher Änderungen wissenschaftlich begleitet werden muss, um die jeweiligen Ziele zu erreichen. Exekutive, Legislative und Judikative sind in einem demokratischen Rechtsstaat darauf angewiesen, dass Bedenken gegen Entscheidungen aller Art ebenso wie Zustimmung wissenschaftlich fundiert geäußert werden. Nur auf diesem Weg kann Recht rationalen Anforderungen genügen.
Und umgekehrt: Welchen Effekt hat der Austausch/ Wissenstransfer auf das Fach, also Lehre und Forschung?
Auch die Rechtswissenschaft ist auf Input aus der Praxis angewiesen, um relevante Forschungsfragen überhaupt erst identifizieren zu können und die Studierenden bestmöglich auf die Juristischen Staatsprüfungen vorzubereiten. Eine Besonderheit des Jurastudiums besteht nämlich darin, dass der Abschluss ein staatlicher und kein rein universitärer ist, der die Absolvent:innen auf das Rechtsreferendariat, also die praktische Ausbildung, vorbereiten soll. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es daher sinnvoll, auch schon in den Vorlesungen auf praktische Beispiele Bezug zu nehmen und Einblicke in die späteren Tätigkeiten zu geben.
Welche Rollen spielen Transferprojekte für Studierende, vor allem mit Blick auf die Vorbereitung auf ihr Berufsleben?
Es existieren am Fachbereich spezielle Transferangebote für Studierende, etwa die Legal Clinic Strafvollzugsrecht, in der Studierende Inhaftierte unter Anleitung einer Hochschullehrerin rechtlich beraten und ihre in den Vorlesungen erworbenen Kenntnisse unmittelbar erproben können. Entsprechende Angebote sollen etwa mit einer Legal Clinic für Tierschutzrecht weiter ausgebaut werden.