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Data Champion 2025

Die Arbeitsgruppe „Radar Data Viewer“ des AWI stellt Forschungsdaten aus drei Jahrzehnten global zur Verfügung

Forschung

Warum Forschungsdaten geteilt und die Datenerhebung und -auswertung in der Wissenschaft stärker honoriert werden sollten. Ein Interview mit Professor Olaf Eisen, der seine Kollegen für den Data Champion 2025 nominiert hat.

Forschungsdatenmanagement, faire Bereitstellung von Forschungsdaten – das klingt für Laien erst einmal sehr trocken. Doch wie schnell dieses Thema an Brisanz gewonnen hat, mussten wir alle in den letzten Wochen in den USA miterleben. Forschungsdaten könnten unwiederbringlich verloren gehen, wenn sie nicht geschützt werden. Und Risiko minimieren heißt in diesem Fall: Forschungsdaten mit anderen teilen, frei zugänglich und nutzbar machen. Das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) führt seit über drei Jahrzehnten luftgestützte Radarechosondierungsmessungen (einfach: Radar) über der Antarktis und Grönland durch, um Eisschilde und ihre Wechselwirkungen mit klimatischen und geologischen Prozessen zu untersuchen. Der „Radar Data Viewer“ des AWI und seine Verknüpfung mit der PANGAEA-Datenbank machen diese Daten der Öffentlichkeit in standardisierten und frei zugänglichen Formaten verfügbar. Dafür wird den drei Wissenschaftlern Dr. Daniel Steinhage, Dr. Veit Helm und Dr. Steven Franke aus der Arbeitsgruppe Feldglaziologie des AWI der Data Champion Award 2025 von DataNord, dem interdisziplinären Datenkompetenzzentrum für die Region Bremen, verliehen. Professor Olaf Eisen nominierte die drei und erklärt, woran sie arbeiten.

Professor Eisen, Daten fair und weltweit zugänglich machen – wie trägt der „Radar Data Viewer“ dazu bei?

Es ist so, dass große Forschungsinfrastrukturen wie zum Beispiel die Polarflieger sehr viel Geld kosten und Daten oft nur für ein bestimmtes Projekt erhoben werden. Werden diese Daten global zur Verfügung gestellt, können über das bestimmte Projekt hinaus viele weitere Forschende die Daten nutzen. Wir haben das schon seit über zehn Jahren im Blick gehabt, eine Plattform zu etablieren, die alle Forschungsdaten des AWI der letzten Jahrzehnte bereitstellt. Das ist kompliziert und arbeitsintensiv, denn es sind sechs verschiedene Radarsysteme zum Einsatz gekommen, eines davon mit drei Generationen von Datenerfassungen. Es ist also nicht nur die Sammlung der Daten gewesen, sondern es musste in einem ersten Schritt ein einheitliches Datenformat definiert und alle Daten auf eine einheitliche Bearbeitungsstufe gebracht werden. Das haben wir mit dem „Radar Data Viewer“ für die Glaziologie-Radargramme getan. Forschungsdaten aus mehr als drei Jahrzehnten sind damit global zugänglich.

Wer von Ihnen spielt welche Rolle in dieser Arbeitsgruppe?

Die Arbeitsgruppe besteht aus vier Personen, die ihre speziellen Kompetenzen neben ihrer eigentlichen Arbeit eingebracht haben. Niemand von uns arbeitet in einem Rechenzentrum, zu dem so eine Datenaufbereitung gehören würde, sondern jeder hat sich für dieses Projekt Zeit abgezwackt.

Dr. Daniel Steinhage, Mitarbeiter des AWI im Bereich Logistik und Forschungsplattformen, ergänzte fehlende Metadaten aus einer Zeit, in der Notizen noch überwiegend auf Papier gemacht wurden, und bereitete ältere Daten auf, damit sie in das aktuelle Verarbeitungssystem des AWI aufgenommen werden konnten.

Dr. Veit Helm, Glaziologie am AWI und vor allem für Satellitendaten zuständig, entwarf einen Datenkonverter, um das gleiche Enddateiformat für Daten aus den letzten Jahrzehnten bereitzustellen. Zusammen mit einem Team aus dem Bereich Dateninfrastruktur des AWI konzipierte und implementierte er den Austausch von Daten (Quicklooks) und Metadaten aus der Glaziologie auf einen Server, der über das Marine Data Portal zugänglich ist.

Dr. Steven Franke, damals Postdoc am AWI, verbesserte die Datenverarbeitung für die neueste Generation von Radardatenerfassungssystemen und stellte die Schnittstelle zu PANGAEA her. Außerdem sorgt er dafür, dass die Forschungscommunity auf den Schatz aufmerksam wird, der durch die Veröffentlichung der Daten zur Verfügung steht und arbeitet gerade an einer Publikation dazu.

Meine Aufgabe war es, die Idee des Radar Data Viewers über die vergangenen Jahre immer wieder in Erinnerung zu rufen. Kontakte herzustellen, bei der Datenabteilung des AWIs nachzuhaken, das Projekt weiter voran zu treiben, bis Ende 2022 dann die konkrete Umsetzung begann.

Vier Forschende stehen nebeneinander und lächeln in die Kamera für ein Gruppenfoto.
Die drei Data-Champion-Preisträger 2025 Dr. Steven Franke, Dr. Daniel Steinhage, Dr. Veit Helm mit Professor Dr. Olaf Eisen, der die drei Wissenschaftler für die Auszeichnung nominierte.
© Dr. Ole Zeising

Was sollte zukünftig im Bereich der Forschungsdaten für eine Richtung eingeschlagen werden? Wo liegen zukünftig Gefahren und Chancen für das Forschungsdatenmanagement?

Das Teilen von Forschungsdaten ist ein ganz wichtiger Punkt. Davon profitieren alle. Es muss sich aber auch die Bewertung von Forschung ändern. Bei einer Befliegung zur Datengewinnung geht ein halbes Jahr ins Land. Dann müssen die Daten ausgewertet werden, da sitzt der oder die Forschende zwei Jahre dran. Das ist viel Arbeitszeit. Bewertet wird Forschung allerdings noch immer vorranging durch Publikationen. Also ist man daran interessiert, an der weiteren Verarbeitung der Daten beteiligt zu sein und stellt sie nicht sofort öffentlich zur Verfügung – es sind die Früchte der eigenen Arbeit. An dieser Stelle ist das aktuelle System ein Hemmschuh für die Bereitstellung von Forschungsdaten. Sie müssten den gleichen Stellenwert bekommen wie Publikationen. Die Wissenschaftler:innen haben für die Daten einen hohen Beitrag geleistet, sind kreativ gewesen und das müsste honoriert werden.

Technische Gefahren, bei denen Daten verloren gehen könnten, werden schon lange durch gespiegelte Server etc. minimiert. Gesellschaftliche Entwicklungen, die dazu führen, dass Forschungsdaten innerhalb eines ganzen Landes verloren gehen könnten, das war jetzt noch mal ein Weckruf. Zukünftig müssen neben diesen technischen Risiken auch das gesellschaftliche Umfeld bei der Risikominimierung miteingeschlossen werden.

Eine große Chance der Forschungsdatenbereitstellung sehe ich in Richtung Machine Learning. Wenn Daten einfach zugänglich sind, könnten sie dafür genutzt werden. Muss man erst Mails schreiben, um an die notwendigen Datensätze zu kommen, ist das einfach hinderlich. Unsere Forschung wird öffentlich gefördert. Das heißt, wir haben auch durchaus die Pflicht, die Daten öffentlich zur Verfügung zu stellen. Dann ist es doch überhaupt kein Problem, dass andere Wissenschaftler:innen diese Daten nutzen, um Technologien weiter voranzutreiben.

Tag der Forschungsdaten am 11. Juni 2025

Am 11. Juni 2025 findet der „Tag der Forschungsdaten 2025“ zum Thema „FAIR future skills“ statt. Er wird von der U Bremen Research Alliance im Rahmen des Bremer Datenkompetenzzentrums DataNord veranstaltet. Am Abend findet die Preisverleihung des Data Champion Awards 2025 statt. Mehr Infos zum Programm und die Anmeldemöglichkeit gibt es auf der Webseite der Veranstaltung.

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