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„Die Idee einer europäischen Universität wird jetzt konkret erlebbar“

Ein Gespräch mit dem neuen YUFE-Gesamtkoordinator Dr. Philipp Baur

Campusleben

Zehn Hochschulen arbeiten in dem Netzwerk „Young Universities for the Future of Europe“ (YUFE) daran, eine europäische Universität zu gestalten. Seit November hält Philipp Baur die Fäden des Bremer Teams zusammen. Die Allianz kommt jetzt in eine spannende Phase, sagt er – und erklärt, wie Studierende, Mitarbeitende der Verwaltung und Forschende von YUFE profitieren können.

Herr Baur, was sind Ihre Aufgaben bei YUFE?

Als Gesamtkoordinator bringe ich ein Kernteam von mehr als zehn Personen zusammen, die direkt an der Entwicklung von YUFE arbeiten – aus ganz unterschiedlichen Bereichen wie etwa dem Studierendenaustausch, Qualitätsentwicklung, der Weiterbildung für Mitarbeitende, der technischen Infrastruktur oder auch der rechtlichen Beratung. Ich vermittle zwischen diesen verschiedenen Bereichen und arbeite auch daran, YUFE innerhalb der Universität besser zu verankern. So treffe ich mich regelmäßig mit Studierenden, Mitarbeitenden aus der Verwaltung, den Fachbereichen und der Hochschulleitung. Und schließlich habe ich im „Executive Committee“ – dem Management-Gremium auf Allianzebene – eine Scharnierfunktion zu den „Institutional Coordinators“ der anderen Partneruniversitäten. Ich lerne viele unterschiedliche Arbeitsfelder und Menschen kennen. Das ist für mich sehr bereichernd.

Was fasziniert Sie an YUFE?

Eine große Chance von YUFE sehe ich darin, dass die Universitäten intensiv auf einer institutionellen Ebene zusammenarbeiten. Europäischen Austausch von Studierenden, Lehr- und Verwaltungspersonal gibt es natürlich schon lange, nicht zuletzt mit dem Erasmus-Programm. Aber das ermöglicht vor allem den einzelnen Teilnehmenden interkulturelle Erfahrungen, ohne dass die beteiligten Hochschulen notwendigerweise eng kooperieren. Allianzen wie YUFE gehen tiefer: Wir wollen mit den verschiedenen Angeboten nicht nur Individuen fördern, sondern deren Erfahrung und Weiterbildung daheim wieder aufgreifen und in die Weiterentwicklung der Universität Bremen einspeisen. YUFE bietet dafür eine „Community of Practice“, in der wir neue Ideen testen und mit den anderen Partnern lernen können. Was zum Beispiel die Digitalisierung in der Lehre und der Verwaltung angeht, die Weiterbildung von Personal oder die Vorbereitung der Studierenden auf den Arbeitsmarkt, bin ich überzeugt, dass wir uns viel von den YUFE-Partnerhochschulen inspirieren lassen können.

Auf welchem Stand ist YUFE gerade?

Das Projekt ist gerade in einer spannenden Phase. YUFE ist 2019 gegründet worden und in den ersten drei Jahren ging es vor allem darum, Konzepte und Ziele der Zusammenarbeit zu entwickeln. Studierende nutzen bereits seit 2020 verschiedene YUFE Angebote. Allianzweit haben mehr als 1300 Studierende bisher teilgenommen. Ende 2022 wurde dann der Förderzeitraum um vier weitere Jahre verlängert. Jetzt wird vieles konkreter und wir können zeigen, woran all die Zeit hinter den Kulissen gearbeitet worden ist. Im Herbst 2024 bietet YUFE zum Beispiel drei neue Weiterbildungsmodule zu Führungskompetenzen, Personalentwicklung und Open Science an. Die Kurse sind eine Mischung aus Präsenz- und Onlineveranstaltungen. Das Besondere ist, dass die Teilnehmenden nicht nur aus Bremen kommen, sondern von allen YUFE Partneruniversitäten. Diese europäische Dimension ist ein zentraler Bestandteil der Kurse. Weiterhin haben Studierende und Mitarbeitende 2024 wieder die Möglichkeit, Sprachkurse in den Sprachen der YUFE-Partnerländer zu besuchen. Das Angebot reicht von regulären Online- und Präsenzsprachkursen mit ECTS über betreute Selbstlernkurse bis hin zu einem Online-Sprachcafé. Auch dies bietet eine echte interkulturelle YUFE-Erfahrung.

Was wollen Sie konkret an der Universität Bremen umsetzen?

Wir wollen zum Beispiel Initiativen der Fachbereiche mit einer Anschubfinanzierung aus Drittmitteln fördern. Hier soll es künftig Mittel geben, zum Beispiel für technische Ausrüstung zur Unterstützung von digitaler Lehre, studentische Hilfskräften, englischsprachige Lehraufträge und Kooperationen in Form von Blended Intensive Programmes (BIPs). Das Ziel ist, die im Moment entstehenden Zusammenarbeiten zu fördern, um YUFE breiter und nachhaltiger zu verankern. Wir freuen uns auch auf neue „bottom-up“-Initiativen, in denen sich Lehrende bestimmter Disziplinen zusammentun, um Lehrkooperationen zu entwickeln, wie etwa bei BioYUFE oder der YUFE law initiative.

Im April und Mai 2024 wird der nächste Call für die Student Journey geöffnet sein und wir freuen uns schon jetzt auf viele Bewerbungen von Bremer Studierenden. Dieses Angebot ermöglicht es Studierenden, über einen Zeitraum von vier Semestern an verschiedenen Universitäten zu studieren, einzelne Onlinelehrveranstaltungen oder Sprachkurse zu besuchen oder sich ehrenamtlich zu engagieren. Die Möglichkeiten gehen über ein einzelnes Erasmus-Semester weit hinaus. Mit den YUFE Minors gibt es nun auch ein vorstrukturiertes Angebot für ein mögliches YUFE-Auslandssemester. Ein Minor bestehen aus 30 ECTS, beinhaltet eine große Wahlmöglichkeit und wird von einer oder mehreren Allianzuniversitäten angeboten – eine tolle Möglichkeit, YUFE ins eigene Studium zu integrieren. Ein Blick auf die YUFE-Website und den YUFE Virtual Campus lohnt sich also.

Welche internationalen Erfahrungen haben Sie selbst schon gemacht?

Ursprünglich komme ich aus Augsburg und habe dort Neuere und Neueste Geschichte, Germanistik und Anglistik studiert. Während meines Studiums habe ich einige Zeit in England und der University of Georgia in den USA verbracht. Promoviert habe ich dann an der Universität Mannheim, und vor neun Jahren bin ich mit meiner Familie nach Uppsala in Schweden gezogen. Dort habe ich im International Office der Universität gearbeitet, speziell mit internationalen Kooperationsprojekten und Netzwerken. Neben Forschung und Lehre ist Kooperation (Schwedisch: samverkan) ein wichtiger Auftrag schwedischer Universitäten und ich habe viel gelernt, wie man Partnerschaften aufbaut und pflegt. Uppsala ist auch am Aufbau einer Europauniversität beteiligt. Ich kenne daher die Herausforderungen, aber auch die ungeahnten internen Synergien, die die Initiative freisetzen kann.

Wie haben Sie die ersten Wochen in Bremen erlebt?

Der Umzug zurück nach Deutschland mit meiner Partnerin und meinen beiden Kindern war eine ziemliche Hauruckaktion, inzwischen sind wir aber gut angekommen. Meine Partnerin arbeitet als Professorin an der Universität in Oldenburg, wo wir auch leben. An der Universität Bremen habe ich mich sofort wohlgefühlt – dieser Typ Campusuniversität aus den 1970er Jahren weckte bei mir gleich Erinnerungen an die Universität Augsburg. Ich erlebe die Menschen hier als sehr entspannt, das erleichtert die Zusammenarbeit ungemein.

Über YUFE

Im Projekt YUFE baut die Universität Bremen mit neun anderen Universitäten eine europäische Universität auf: der Universität Maastricht (Niederlande), der Nicolaus Copernicus Universität Toruń (Polen), der Universität Carlos III de Madrid (Spanien), der Universität Antwerpen (Belgien), der Universität Zypern, der University of Eastern Finland, der Universität Essex (Großbritannien), der Universität Rijeka (Kroatien) und der Universität Sorbonne Nouvelle (Frankreich). YUFE ist eine von der Europäischen Union ausgewählte und geförderte Allianz. Die Universität Bremen erhält außerdem Unterstützung durch den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) sowie das Land Bremen.

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