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Forschendes Lernen im Master Public Health: Praxisnah studieren, Lösungen gestalten

Studierende der Gesundheitswissenschaften erarbeiten Lösungen für die Praxis

Lehre & Studium

Forschendes Lernen mit Lösungen für die Praxis verknüpfen: Im Master-Studiengang Public Health – Gesundheitsversorgung, -ökonomie und -management werden Forschung, Lehre und Transfer in dreisemestrigen Forschungsprojekten verknüpft. Professor Ansgar Gerhardus (Abteilung Versorgungsforschung, Institut für Public Health und Pflegeforschung) und die Master-Studentin Sophie Wanders geben Einblicke in die Forschungsprojekte und den Studiengang.

Professor Gerhardus, was war Ihre Motivation, das Konzept des Forschenden Lernens im Master Public Health – Gesundheitsversorgung, - ökonomie und -management umzusetzen?

Ansgar Gerhardus: Unser Fach ist stark anwendungsorientiert. Wir haben oft beobachtet, dass es den Studierenden während des Erlernens von Theorien und Methoden schwerfällt, den Bezug zur Praxis herzustellen. Dies beeinträchtigt sowohl die Motivation als auch das Verständnis für die Theorien und Methoden. Zudem werden die erlernten Inhalte oft im nächsten Semester wieder vergessen. Mit dem Einstieg ins Berufsleben rücken praktische Themen in den Vordergrund, und die im Studium erworbenen Kenntnisse werden nicht abgerufen. Die Projekte werden von externen Partnern eingebracht. Dazu gehören beispielsweise in diesem Jahr die AOK Bremen/Bremerhaven, der Hebammenverband Niedersachsen, die hkk Handelskrankenkasse sowie die Kassenärztliche Vereinigung Bremen. So ziehen wir die Praxis in das Studium und bieten den Studierenden einen Raum, in dem sie ihre Kenntnisse unter Anleitung selbstständig anwenden können.

Wie sieht das konkret aus?

Ansgar Gerhardus: Wir bitten unsere externen Praxispartner, Themen einzubringen, für die sie eine Lösung benötigen. Diese Lösung entwickeln die Studierenden in drei Semestern. Wichtig ist, dass sie dabei die verschiedenen Theorien und Methoden anwenden, die sie erlernt haben. Man kann sich das wie einen Parcours oder ein Zirkeltraining vorstellen, bei dem die Stationen unserer Studierenden „Arbeiten mit Routinedaten“, „Qualitative Interviews“, „Ethische Einordnung“ oder „Ökonomische Evaluation“ heißen. Dadurch entsteht ein umfassender Blick auf das Thema. Nicht jedes vorgeschlagene Thema ist dafür geeignet. Ein Großteil unserer Arbeit findet daher bereits im Vorfeld des ersten Semesters statt, wenn wir die Themen mit den Partnern besprechen und gegebenenfalls anpassen.

Wie ist das Projekt in das Masterstudium eingebettet?

Ansgar Gerhardus: Das Projekt macht etwa ein Drittel des Studiums aus. Einige Seminare haben wir mit dem Projekt verknüpft, da wir festgestellt haben, dass Motivation und Verständnis steigen, wenn das Gelernte unmittelbar angewandt werden kann. Es gibt jedoch auch Seminare, die unabhängig sind. In einem dieser Seminare arbeiten die Studierenden nach einem ähnlichen Konzept zu einem anderen Thema an der Gründung eines Start-ups.

Sophie, in welchem Projekt arbeitest du?

Sophie Wanders: Ich arbeite in einem Projekt mit dem Hebammenverband Niedersachsen e. V. Darin geht es um die von Hebammen entwickelte LoPH-Methode („Leitlinienorientierte Personalbemessung Hebammen“), die den Personalbedarf in einem Kreißsaal realistisch berechnen soll, sodass eine Eins-zu-Eins-Betreuung ermöglicht werden kann. Ziel unseres Forschungsprojektes ist es, ein Maßnahmenpaket zu entwickeln, das eine schrittweise Annäherung an die Eins-zu-Eins-Betreuung im Kreißsaal ermöglicht. Das grundlegende Problem liegt in der geringen Anzahl der Hebammen, die in der stationären Geburtshilfe tätig sind. Verschiedene Maßnahmen wie monetäre Anreize, flexible Arbeitsmodelle und der Einsatz von Assistenzpersonal sollen dabei helfen, die Zufriedenheit der Hebammen in ihrem Beruf zu steigern. Damit sie in ihrem Job bleiben oder wieder zurückkehren.

„Wir sehen auch, dass die Studierenden in dem Wissen, dass sie ‘echte Themen’ bearbeiten, ein anderes Selbstverständnis und Selbstbewusstsein entwickeln.“ Ansgar Gerhardus

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Praxispartner?

Sophie Wanders: Wir werden von drei Personen aus dem Hebammenverband aktiv unterstützt. Da sie sich berufspolitisch engagieren und zugleich noch im Hebammenberuf aktiv sind, geben sie uns viele wichtige Einblicke in den Beruf. Wir tauschen uns in regelmäßigen Abständen aus, können aber auch mit kurzfristigen Anliegen jederzeit auf den Hebammenverband zukommen. Durch die Vernetzung mit Hebammen in ganz Deutschland können uns auch wichtige Kontakte vermittelt werden. So hatten wir zum Beispiel die Möglichkeit, unser Projekt bei einem Treffen des “Bremer Bündnisses zur Unterstützung der natürlichen Geburt” vorzustellen und dort neue Impulse zu gewinnen.

Welche Inhalte lernst du hier, die in anderen Lehrveranstaltungen nicht vorkommen?

Sophie Wanders: Das Forschungsprojekt ist vom Konzept des Forschenden Lernens geprägt. Dadurch lernen wir, den Forschungsprozess selbstständig und aktiv mitzugestalten, verschiedene Methoden anzuwenden und die Ergebnisse aufzubereiten und zu präsentieren. Dabei können wir das, was wir im Bachelor gelernt haben, erstmals konkret anwenden. Durch den Austausch mit den Praxispartnern können wir an realen Versorgungsproblemen lernen. Außerdem können wir uns mit verschiedenen Akteuren der Gesundheitsversorgung vernetzen und wichtige Kontakte für den Berufseinstieg knüpfen.

Herr Professor Gerhardus, wie schätzen Sie die Effekte für die Studierenden ein?

Ansgar Gerhardus: Wir erleben, dass die Studierenden sehr motiviert sind, ihr Projekt zum Erfolg zu führen. Es macht wirklich Spaß zu sehen, wie viel Kreativität und Eigeninitiative die Studierenden entwickeln können. Dazu gehört auch, dass wir vermitteln, dass wir Dozierenden nicht „die Lösung“ haben, sondern sie auf dem Weg dahin nur fachlich begleiten können. Wir sehen auch, dass die Studierenden in dem Wissen, dass sie „echte Themen“ bearbeiten, ein anderes Selbstverständnis und Selbstbewusstsein entwickeln. Im Projekt erleben sie, was sie bereits können und sind in der Lage, mit den Projektpartnern auf Augenhöhe zu sprechen. Das stärkt auch ihre Position in späteren Bewerbungsgesprächen erheblich, da sie dort vermitteln können, wie sie auch neue Probleme strukturiert angehen können.

Und was passiert mit den Ergebnissen?

Ansgar Gerhardus: Am Ende des dritten Semesters organisieren die Studierenden ein öffentliches Symposium im Haus der Wissenschaft, zu dem Vertreter:innen der Praxis eingeladen sind. Dort stellen die Studierenden ihre Ergebnisse vor. Jeweils im Anschluss erläutern die Praxispartner, wie sie die Ergebnisse umsetzen wollen. Zusätzlich erhalten sie von den Studierenden einen umfangreichen Abschlussbericht, in dem alle Details zu finden sind. Das Symposium ist für die Studierenden, aber auch für die Lehrenden das Highlight des Studienjahres.

Weitere Informationen

Das nächste Abschlussymposium des Studiengangs findet am 31.01.2025 im Haus der Wissenschaft statt. Alle Interessierten sind willkommen. Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier

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