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JupyterHub an der Uni Bremen: Mehr digitale Möglichkeiten im Studium

Mit dem digitalen Tool können Studierende direkt im Browser programmieren, Inhalte visualisieren und Daten analysieren

Lehre & Studium

In ihrem Informatikseminar soll Juliane in der Programmiersprache Python ein Farbspektrum mit einem interaktiven Schieberegler darstellen. Bevor Juliane überhaupt austüfteln kann, wie sie das programmiert, steht sie jedoch vor einer ganz anderen Herausforderung: Juliane hat noch keinen PC, auf dem Python installiert ist. Auch ist sie sich nicht sicher, ob die Rechenleistung ihres Laptops dafür überhaupt ausreicht. Julianes Kommilitone Simon hat ebenfalls Schwierigkeiten, denn er arbeitet immer mit einem Tablet und besitzt keinen Desktopcomputer. Juliane und Simon sind in diesem Szenario ausgedacht, stehen aber beispielhaft für viele Studierende, die solche Anwendungsprobleme bewältigen müssen, noch bevor sie sich mit dem Kursinhalt beschäftigen können. Auch Lehrenden erschwert dies die Betreuung der Studierenden, da sie unter Umständen Anleitungen für verschiedene Betriebssysteme schreiben und Hilfestellung bei der Installation leisten müssen, damit sie den Lernstoff überhaupt vermitteln können.

Hier soll JupyterHub Abhilfe schaffen. Die Open-Source-Software erlaubt es, Programmierungen interaktiv im Browser auszuführen und zu visualisieren. Lehrende haben so die Möglichkeit, ihre Seminare in einem digitalen Raum vorzubereiten und den Studierenden zur Verfügung zu stellen. In dem Arbeitsbereich – auch Jupyter Notebook genannt – können Textelemente eingebunden werden sowie ausführbare Codes, Videos, interaktive Grafiken und weiterführende Verlinkungen – ganz ohne aufwendige Programminstallation. Ein Beispiel: „In dem Notebook kann beispielsweise ein Lehrskript hinterlegt werden als digitales Textbuch, in dem ausgeführte Beispiele und Übungen in verschiedenen Programmiersprachen direkt eingebunden werden. Die Studierenden können die Codes bearbeiten und direkt sehen, welche Auswirkung die Änderung einer Variable auf den Output hat“, erklärt Isabell Schaffer. Sie ist gemeinsam mit ihrem Kollegen Marcel Meissner für das Tool zuständig. Verankert ist Jupyter im Projekt „Studierendenzentriert, kollaborativ, innovativ - Lehren und Lernen an der Universität Bremen“ (SKILL-UB), welches durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wird, und im Zentrum für Multimedia in der Lehre (ZMML).

Keine Installationsschwierigkeiten mehr, dafür mehr Möglichkeiten

Die Vorteile liegen klar auf der Hand, wie Isabell Schaffer beschreibt: „Für die Studierenden entfallen die Installationsschwierigkeiten, denn Jupyter kann über den Browser genutzt werden und ist mit dem Uni-Account verknüpft. Lediglich eine Internetverbindung ist notwendig.“ Damit die Studierenden Zugang erhalten, legen die Lehrenden ein sogenanntes Lehrprofil an, das mit der Lehrveranstaltung in Stud.IP verknüpft ist. Dieses Lehrprofil bestücken sie dann mit den Materialien für ihre Veranstaltung. „Es können bis zu 40 Programmiersprachen verwendet sowie verschiedene Programmpakete, Bibliotheken, Dateien und Dokumente verknüpft werden. Das Lehrprofil wird mit den Uni-Accounts der teilnehmenden Studierenden verbunden, sodass jede:r Studierende:r in der eigenen Kopie arbeiten und Änderungen durchführen kann“, erklärt die SKILL-Mitarbeiterin. Zusätzlich ist kollaboratives Arbeiten möglich, das Gruppenarbeiten ermöglicht.

grafische Darstellung von Jupyter Notebook
Jupyter Notebooks bietet viele Möglichkeiten: Von der explorativen Datenanalyse mit Code bis hin zur Einbindung von multimedialen Inhalten und interaktiven Visualisierungen kann das Tool vielseitig in der Lehre eingesetzt werden.
© Jupyter Project / Isabell Schaffer

Auch ohne eine konkrete Lehrveranstaltung können sich alle Uni-Angehörigen mit ihrem Uni-Account bei JupyterHub anmelden und mit drei Programmiersprachen – Python, R und Java – experimentieren. Allen Nutzer:innen stehen jeweils 4 Gigabyte Speicherplatz und 1 Gigabyte Rechenarbeitsleistung zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil: Die Server, auf denen das Tool läuft, werden von der Universität Bremen gehostet. Dadurch ist JupyterHub datenschutzkonform und sicher.

Geowissenschaften machen den ersten Schritt

Im Rahmen der SKILL-UB Innovation Labs (InnoLabs), bei denen Projekte für eine studierendenzentrierte und innovative Lehre gefördert werden, wurde das digitale Tool das erste Mal im größeren Kontext an der Universität Bremen getestet – zunächst am Fachbereich 5: Geowissenschaften. Professor Heiko Pälike ergriff die Chance, für den Fachbereich eine Bewerbung einzureichen: „Als die Universität Bremen die InnoLabs ausschrieb, wurden bei uns im Fachbereich 5 Geowissenschaften gerade neue Bachelor- und Master-Studiengangsstrukturen eingeführt, die auch digitale Kompetenzen in Lehrmodulen bündelten. Der Zeitpunkt war daher perfekt, die Einführung des Jupyter-Systems und der begleitenden Entwicklung von didaktischen Elementen mit Lernenden als Projekt für die Innolabs vorzuschlagen.“ Ziel der InnoLabs ist es, ein skalierbares und für alle umsetzbares Projekt in der Lehre dauerhaft zu etablieren. Neben der Hardwarebeschaffung sowie der Verknüpfung zu Stud.IP konnten im Pilotprojekt auch erste Bedienungsanleitungen und Tutorials gemeinsam mit den Studierenden erstellt werden. Dies ebnete den Weg, das Jupyter-System seit April 2022 für die universitätsweite Lehre einzuführen.

Isabell Schaffer, Marcel Meissner und Heiko Pälike sitzen auf einem Tisch, im Hintergrund ist eine JupyterHub Präsentation zu sehen.
(von links) Marcel Meissner, Heiko Pälike und Isabell Schaffer
© Annemarie Popp / Universität Bremen

Heiko Pälike ist nach wie vor von der Relevanz von JupyterHub überzeugt und setzt es weiterhin in der eigenen Lehre ein: „Das System erweitert forschungsbasiertes Lernen um kollaborative Aspekte. Ein weiterer wichtiger Aspekt des forschenden Lernens ist die Reproduzierbarkeit des gesamten Spektrums der Datenexploration und Analyse: Es ist daher hochaktuell, unseren Studierenden und Lehrenden einen interaktiven und niederschwelligen Zugang zu einer skriptbasierten Programmier- und Visualisierungsumgebung anzubieten.“ Aktuell wird JupyterHub in sechs Fachbereichen der Uni Bremen genutzt. Im Wintersemester 2024/25 in rund 20 Lehrveranstaltungen, darunter Seminare zu Statistik, Informatik, Datenanalyse und -verarbeitung sowie allgemein in der quantitativen Forschung.

Nicht nur in der Lehre relevant

Auch wenn JupyterHub schon viele Anwender:innen an der Uni hat, arbeiten Isabell Schaffer und Marcel Meissner weiter an der Optimierung des Tools. „Eine Herausforderung ist noch, wie wir das Einreichen von abgeschlossenen Übungsaufgaben erleichtern können. Das ist auch ein Problem, dem sich Lehrende in der Präsenzlehre stellen. Bei einem digitalen Tool ist es nicht anders“, erzählt die SKILL-Mitarbeiterin. Auch über eine Anwendung von JupyterHub in der Forschung wurde bereits nachgedacht, zum Beispiel im Rahmen der Exzellenzstrategie. Die Software wird an vielen Hochschulen und Forschungseinrichtungen genutzt. Das sei zwar noch Zukunftsmusik, aber nicht unmöglich, wie Isabell Schaffer erzählt: „Für die Forschung bräuchte es eine andere Infrastruktur, vor allem eine höhere Speicher- und Rechenleistung. Daher haben wir dies noch nicht umgesetzt, aber das Interesse ist da an der Uni.“

Weitere Informationen

Am 18. November um 10 Uhr sowie am 12. Dezember um 13 Uhr finden die nächsten Einführungsveranstaltungen statt, bei denen Interessierte JupyterHub kennenlernen können. Weitere Termine bis April stehen ebenfalls bereits fest. Darüber hinaus gibt es unter info@jupyter.uni-bremen.de Hilfestellung bei der Integration des Tools in die Lehre.

Weitere Informationen, alle Termine sowie Anleitungen gibt es auf der Webseite

Hier geht es direkt zum JupyterHub der Universität Bremen

Informationen zum Open-Source-System Jupyter

Mehr zum Projekt SKILL-UB und den Innovation Labs

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