up2date. Das Onlinemagazin der Universtiät Bremen

Schule weiterdenken

Bremer Schulen reichen ihre Ideen an der Uni Bremen ein, Studierende entwickeln dazu neue Schul- und Unterrichtskonzepte: Das sind die Studien-Praxis-Projekte in der Bremer Lehrer:innenbildung.

Lehre & Studium

Eigenständig Unterricht entwickeln oder schulische Vorgänge optimieren und damit Bremer Schulen unterstützen: Das können Lehramtsstudierende im Rahmen eines Studien-Praxis-Projekts (SPP) an der Uni Bremen. Bremer Schulen können bei „Schnittstellen gestalten“, das am Zentrum für Lehrerinnen-/Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZfLB), angesiedelt ist, thematische Vorschläge für zum Beispiel neue Lehrmaterialien, Unterrichtspläne oder ähnliche Projekte einreichen, die dann an interessierte Studierende vermittelt werden. Masterstudierende können diese Ideen dann aufgreifen und als eigenes Projekt umsetzen. Ein SPP dient vielen auch als Grundlage für weitere Forschung und als Einstieg in die Masterarbeit. So ist es auch bei Studentin Ina Barwich, die ihre Arbeit im Bereich der Chemiedidaktik schreibt. Up2date. hat sie interviewt:

Hallo Ina! Zu Beginn einmal in deinen Worten, was genau kann man sich unter einem Studien-Praxis-Projekt (SPP) vorstellen?

Ganz allgemein ist ein Studien-Praxis-Projekt eine Zusammenarbeit mit einer Schule. In anderen Studiengängen ist es ja auch häufig so, dass man seine Master- oder Bachelorarbeit in Instituten oder bei Unternehmen, die dafür Bedarf haben, schreibt. Die Studien-Praxis-Projekte machen das für Lehramtsstudierende möglich. SPPs werden in der Regel studienbegleitend über einen Zeitraum von drei bis vier Monaten bearbeitet. Sie können, müssen aber nicht zwingend, als Grundlage für eine Masterarbeit genutzt werden. Die Projekte können in kleinen Gruppen oder alleine bearbeitet werden. Die SPP werden durch Begleitseminare und Reflexionssitzungen ergänzt; die Studierenden werden von Seiten der Universität und von Seiten der jeweiligen Schule betreut und begleitet. Für die Projektleistungen werden den Studierenden Zertifikate ausgestellt, sodass auch auf dem Transcript of Records zu sehen ist, dass eine Zusammenarbeit mit einer Schule stattgefunden hat.

An was für einem Projekt arbeitest du gerade?

Ich komme aus der Chemiedidaktik und habe für eine Schule in Horn Materialien und Unterrichtsstunden entwickelt, die die Themen Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Unterricht integrieren sollen. Die Schule hat im Oktober letzten Jahres eine Förderung für ein Projekt namens “Schule auf dem Weg zur Klimaneutralität” erhalten. Im Rahmen des Projekts arbeitet die Schule daran, im Laufe eines Jahres Schritte in Richtung Klimaneutralität zu machen. Die stellvertretende Schulleitung wollte, dass das Thema in allen Bereichen, also auch im Unterricht, eingeführt wird und hat an der Uni angefragt, ob man daraus nicht ein Studien-Praxis-Projekt entwickeln könnte. Die Schulleitung wünschte sich, dass jemand Unterrichtsstunden zu diesen Themen entwickelt, die im besten Fall auch eine Verbindung zur Schule herstellen. Daran habe ich also das letzte halbe Jahr gearbeitet.

Das Projekt im Detail:

Ich habe in drei Jahrgängen unterrichtet, in der 5., 8. und 10. Klasse. Die Idee war, dass die Schüler:innen in ihrer Schullaufbahn dreimal mit dem Thema konfrontiert werden.

Alle haben eine Einstiegs-Doppelstunde gehabt, in der es um das allgemeine Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz ging, natürlich mit unterschiedlichem Differenzierungsgrad je nach Alter der Schüler:innen. In den darauffolgenden Stunden habe ich dann jeweils einen Aspekt herausgegriffen, der im Chemieunterricht sowieso gerade behandelt wurde und diesen von einer Klima- und Nachhaltigkeitsperspektive betrachtet. Für die fünfte Klasse war das das Thema Recycling, für die Achte habe ich mich mit dem Thema kritische Rohstoffe und Metalle auseinandergesetzt und mit der Zehnten habe ich eine Podiumsdiskussion durchgeführt. Da sollten sie selber gucken, wie es sich anfühlt in verschiedene Rollen zu schlüpfen und auf einmal Entscheidungen für eine Schule zu fällen, darüber, wie sie Klimaneutral werden kann. Das hat echt ganz gut geklappt. Dann habe ich ganz viele Interviews mit den Lehrkräften geführt und Fragebögen von den Schüler:innen ausfüllen lassen und bin jetzt dabei, die Daten auszuwerten.

Du sagst, du kommst aus der Chemiedidaktik. War das Projekt auch dafür ausgeschrieben oder hast du den Fokus auf Chemie selbst dazu gebracht?

Es war schon für den naturwissenschaftlichen Bereich angedacht. Ich glaube, es wäre durchaus auch möglich gewesen, das mit einem anderen Hintergrund, zum Beispiel Biologie, zu machen. Da ich aber aus der Chemie komme und das häufig nicht als getrenntes Fach, sondern im naturwissenschaftlichen Unterricht unterrichtet wird, hat das ganz gut gepasst.

Wie genau bist du dazu gekommen ein Studien-Praxis-Projekt für deine Masterarbeit zu machen?

Ich habe nicht wirklich aktiv danach gesucht. Es wurde natürlich oft vorgestellt, dass man sowas machen kann, aber ich war eher ein bisschen antizyklisch unterwegs. Ich hatte ursprünglich ein anderes Thema, war dann aber wahnsinnig unglücklich damit und habe entschieden, es nicht zu Ende zu machen. Zu der Zeit waren dann eigentlich schon alle Themen vergeben, aber da die Schule auch so antizyklisch unterwegs war und das Thema erst im Herbst angefragt hatte, passte es trotzdem sehr gut. Außerdem finde ich Nachhaltigkeitsbildung ist ein super spannendes und breites Thema. Es hat sich auch direkt so angehört, als wären die Vorgaben sehr offen gefasst, also ein guter Rahmen indem man sich frei bewegen kann.

„Mehr Schulen kennenlernen ist immer besser, um eine gute Entscheidung für seine weitere Laufbahn treffen zu können.“

Inwiefern, würdest du sagen, unterscheidet sich deine SPP-Masterarbeit von einer herkömmlichen Lehramts-Masterarbeit?

Ich würde sagen, an zwei Stellen. Der erste Unterschied ist, dass man mit einer Schule zusammenarbeitet und dort noch mal ganz viel Erfahrungen sammelt. Im Bremer Lehramtsstudium hat man schon relativ viele Praxisphasen, aber ich hatte jetzt noch eine weitere. Es ist einfach spannend, ganz am Ende seines Studiums noch mal diese Möglichkeit zu haben. Mehr Schulen kennenlernen ist immer besser, um eine gute Entscheidung für seine weitere Laufbahn treffen zu können.
Ich konnte Materialien entwickeln, die ich selber unterrichtet habe und war Teil des Schulalltags. Dass man wirklich eine Schule hat, mit der man solche Erfahrungen machen kann, ist bei anderen Masterarbeiten nicht unbedingt so klar gegeben. Im besten Fall hat man natürlich auch gute Unterstützung von der Schule, was ich zum Glück hatte.

Der zweite Punkt sind die Zusatzangebote im Programm SPP. Vielleicht denkt man anfangs, dass das nur noch weitere Aufgaben sind. Zum Beispiel muss man einen Meilensteinplan erstellen. Aber sollte man nicht vielleicht sowieso so etwas wie einen Meilensteinplan für seine Masterarbeit schreiben? So musste man diese Aufgabe erledigen und hat es gar nicht weiter vor sich hergeschoben. Man hatte einen klaren Rahmen, der einem sehr sinnvolle Sachen an die Hand gegeben hat. Es sollte einem aber bewusst sein, dass bei einem SPP mehr Dinge dazukommen, als bei einer „normalen“ Masterarbeit.

Gibt es noch weitere Sachen, die dir im Rahmen deines SPP sehr gut gefallen haben?

Was wirklich noch einmal hervorgehoben werden kann, sind die kollegialen Beratungstermine. Das ist eine bestimmte Reflexionsmethode, bei der man mit Expert:innen zusammenarbeitet. Die stecken nicht akut in deinem Projekt drin und bewerten dich nicht, sondern sind einfach nur da, um drei Stunden mit dir darüber zu sprechen, was gerade los ist. Das hat wirklich richtige Knackpunkte in meinem Kopf an einem Nachmittag in Luft auflösen lassen.

Ihr studiert Lehramt im Master und würdet gerne noch mehr Erfahrungen im Schulalltag sammeln, bevor ihr ins Referendariat geht? Dann könnte ein Studien-Praxis-Projekt genau das richtige für euch sein. Auf der Webseite von Schnittstellen gestalten könnt ihr durch die Forschungsanfragen der Schulen stöbern und etwas Passendes aussuchen. Aktuell findet ihr dort bereits alle abgeschlossenen und laufenden Projekte, sodass ihr euch ein Bild davon machen könnt, wie vielfältig das Themenspektrum ist.

Weitere Informationen

Projekt „Schnittstellen gestalten“ – Qualitätsoffensive Lehrerbildung

zurück back


Auch interessant…

Universität Bremen