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"Wir wollen testen, wie viele Menschen schon immun sind“

Corona hat uns alle im Griff. Die Wissenschaft ist dem Virus auf der Spur.

Forschung

Die Wissenschaft beschäftigt sich mit Hochdruck mit der Frage, wie wir die Corona-Epidemie in naher Zukunft in den Griff bekommen können. Hajo Zeeb ist Professor für Epidemiologie an der Universität Bremen. Er leitet außerdem die Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS. Für up2date hat Christina Selzer mit ihm gesprochen.

Professor Zeeb, wie schätzen Sie die Maßnahmen derzeit ein? Sind die Kontaktbeschränkungen aus Ihrer Sicht effektiv?

Im Moment besteht gute Hoffnung, dass die Maßnahmen effektiv sind. Das sieht man an den Erkrankungsraten und dem Verlauf der Epidemie. Wir werden aber von Tag zu Tag ein deutlicheres Bild erhalten. Sehr wichtig ist, dass die Verdopplungszeit der Infektionen zunimmt. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind.

Es gibt ja derzeit zwei Strategien: Die eine ist das Abstandhalten und das „Herunterfahren“ des gesellschaftlichen Lebens, die andere sind die Tests. Müssen wir mehr testen?

Allmählich hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass mehr Tests sinnvoll sind und die Kapazitäten deutlich hochgefahren werden müssen. Deutschland lag zuletzt sogar schon vor Südkorea, was die Testhäufigkeit angeht. Auf jeden Fall brauchen wir jetzt Tests, die auf einer guten Populationsbasis beruhen.

Professor Hajo Zeeb ist Experte für digitale Gesundheitsversorgung.
Foto: Christina Selzer / Universität Bremen

Viele von uns haben diese diffuse Sorge: Trage ich das Virus vielleicht schon in mir und stecke damit meine Angehörigen an? Die Frage der Dunkelziffer treibt Sie auch um – wie kann man da zu einer realistischen Zahl kommen?

Wir müssen genauer wissen, in welcher Gruppe wir testen. Im Moment ist es so, dass wir vor allem Risikopersonen testen. Das hat Priorität. Aber dadurch können wir noch nicht genau sagen, wie viele Personen in einer Gruppe, die wissenschaftlich ausgewählt ist, oder aus einer Zufallsstichprobe stammen, positiv sind. Es wäre eine wichtige Information, die im Moment noch fehlt, die aber genauer dazu beitragen könnte, dass wir zum Beispiel sagen können, vier Prozent der Bevölkerung sind jetzt schon positiv oder 20 Prozent. Und genau darum geht es bei den Tests, die wir machen möchten, das sind sogenannte Antikörpertests. Im Moment testen wir auf das Virus selbst. Wir erfahren also, wer infiziert ist. Bald gibt es hoffentlich zuverlässige Antikörper-Tests, die die Reaktion im Blut zeigen, also die Immunantwort auf das Virus. Dann könnten wir sehen, ob sich Immunität gebildet hat. Wie lange diese Immunität dann genau bestehen bleibt, ist noch nicht klar. Aber man weiß dann genauer, wer mit dem Virus infiziert war, ohne es selbst zu wissen und inzwischen schon immun ist. Wir hoffen, dass zu den Tests bald mehr Studien vorliegen und dass wir in Bremen dazu beitragen können, wichtige Fragen aufzuklären.

Was haben Sie jetzt mit dem BIPS geplant?

Wir sind ja an der großen Gesundheitsstudie Nationale Kohorte beteiligt, bei der deutschlandweit die Gesundheit von gut 200.000 Bürgerinnen und Bürgern untersucht wird. In Bremen haben wir 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wir haben also schon eine Struktur, die wir nutzen können und die optimal geeignet ist, um relativ schnell Antikörpertests durchzuführen. Wir hoffen, dass wir mit den ersten Studien loslegen können, sobald genauere Tests verfügbar sind. Geplant ist dann, diese Tests nach einiger Zeit zu wiederholen. Weiterhin würden wir auch gern den Verlauf der Infektion und der Genesung bei positiv Getesteten in Bremen und anderen Landesteilen untersuchen, dazu laufen ebenfalls Planungen.

Eine aktuelle Studie am BIPS untersucht die Gesundheit von 200.000 Bürgerinnen und Bürgern.
Foto: unsplash

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus den neuen Tests?

Wir könnten auf diese Weise herausfinden, wie weit sich Sars-CoV-2 schon ausgebreitet hat und wie hoch die Sterblichkeit in Bezug auf alle mit Sars-CoV-2 infizierten Personen tatsächlich ist. Die Ergebnisse dieser Studien werden es für die Politik zum Beispiel leichter machen zu entscheiden, welche Maßnahmen man wie lange aufrechterhalten muss. Sie werden also die Entscheidung erleichtern, wann und unter welchen Bedingungen man etwa Schulen wieder öffnen und Großveranstaltungen wieder erlauben kann.

Weitere Informationen

Homepage BIPS

Hilfreiche Informationen des Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften zu Corona.

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