Gute Lehre an der Uni: Post-Docs der Uni Bremen erhalten Landeslehrpreis
Im Interview erzählen die Preisträger:innen des Bremer Hochschulpreises, was für sie gute Lehre bedeutet.
Gute Lehre ist zentral für ein erfolgreiches Studium. Dazu sind motivierte und engagierte Lehrende nötig. Der „Bremer Hochschulpreis für ausgezeichnete Lehre“ ehrt herausragende Dozent:innen. Gewonnen haben den diesjährigen Landeslehrpreis zwei Wissenschaftlerinnen und ein Wissenschaftler der Uni Bremen: Der erste Preis, dotiert mit 25.000 Euro, ging an Dr. Linya Coers und Dr. Christian Staden für ihr Team-Teaching-Projekt „Lehr-Lernprozesse zu ausgewählten Inhalten des Sachunterrichts multimedial gestalten“. Den zweiten Preis und 15.000 Euro Preisgeld erhielt Dr. Solveig Lena Hansen für ihren Wettbewerbsbeitrag „Aufbau eines Curriculums Public Health Ethik in den Bremer Gesundheitswissenschaften“. Das Besondere: Alle drei Ausgezeichneten sind aus dem Mittelbau. Im Interview erzählen die drei Preisträger:innen, was für sie gute Lehre ausmacht und wie sie das Preisgeld nutzen wollen.
Was ist für Sie gute Lehre?
Linya Coers: In unserem Konzept guter Lehre sind Praxisorientierung und Anwendungsbezug sowie ein projekt- und produktorientiertes Vorgehen zentral. Das heißt konkret: Unsere Studierende konzipieren in ihren Kleingruppen selbstorganisiert digital unterstütze Lernmaterialien, die perspektivisch von oder gemeinsam mit Schüler:innen im Unterricht einsetzbar sind.
Christian Staden: Wir legen Wert darauf, die Studierenden bedarfsgerecht und auf Augenhöhe in ihrem Arbeitsprozess zu begleiten und sie transparent an Entscheidungsprozessen partizipieren zu lassen, welche didaktischen und technischen Aspekte für sie zu welchen Zeitpunkten relevant sind. So gelingt es, die motivierte Mitarbeit der Studierenden in besonderem Maße zu fördern.
Solveig Lena Hansen: Für mich hat gute Lehre die Gestaltung der sozialen Lernumgebung im Blick. Sie strukturiert und kreiert einen Ort, der einerseits das fachliche Interesse der Studierenden weckt und andererseits eine Dynamik der Kooperation erzeugt. Das finde ich vor allem bei heterogenen Gruppen sehr wichtig. Gute Lehre ermutigt Studierende, Verantwortung zu übernehmen und sich neuen Aufgaben zu stellen – mit transparenten Leistungsanforderungen sowie einer Unterstützung bei Fragen. Gute Lehre beteiligt Studierenden am Lehr-Lern-Tempo, der Veranstaltungsorganisation bzw. den Themen. Gute Lehre gibt und holt sich regelmäßig Feedback, dadurch bleibt sie wandelbar. In der Public Health Ethik bedeutet gute Lehre für mich, kritische Reflexionskompetenz zu fördern und einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen. Mir ist es wichtig, dass auch Tabus oder schwierige Themen besprochen werden können.
Worum ging es in Ihren jeweiligen ausgezeichneten Lehrkonzepten?
Coers: In unserem Seminar entwickeln die Studierenden in Kleingruppen eigene digitale Lernumgebungen zu einer selbstgewählten Fragestellung im Kontext des sachunterrichtlich relevanten Themenfeldes „Kleidung“. Dazu nutzen sie ein speziell aus dem Seminarkontext heraus und im Sinne des forschenden Lernens entwickeltes, webbasiertes Content-Publishing-System – das sogenannte Content-Kit. Wir unterstützen die Studierenden dabei, selbst gewählte Schwerpunkte fachwissenschaftlich zu durchdringen, auf dieser Basis fach- und mediendidaktisch begründete Aufgaben, Medien und Materialien für den Sachunterricht zu konzipieren und diese letztlich in webbasierten Lernumgebungen zu arrangieren. Die Lernumgebungen werden als offene Bildungsressourcen auf unserer gemeinsam gestalteten Online-Plattform www.sachunterricht-mit-medien.de für pädagogische Fachkräfte bereitgestellt.
Staden: Durch unsere beiden unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergründe schaffen wir in diesem Seminar eine enge Verzahnung zwischen Fachdidaktik, Fachwissenschaft und Mediendidaktik. Sie ermöglicht eine intensive und zielgruppenadäquate Betreuung der Studierenden, da die Potenziale und Herausforderungen der verschiedenen Fachgebiete integrativ thematisiert werden können. Dabei ist stets die Betrachtung des Wechselverhältnisses zwischen didaktisch Sinnvollem und technisch Machbarem relevant.
Hansen: Als ich meine Stelle im Oktober 2020 angetreten habe, habe ich in kurzer Zeit für den Bachelor Public Health/Gesundheitswissenschaften und die drei Masterstudiengänge Lehrveranstaltungen konzipiert, die sehr kompetenzorientiert und stark diskussionsorientiert aufgestellt sind. Dabei habe ich innovative Lehr-Lern-Formate umgesetzt: Inverted Classroom, ethische Filmanalysen sowie Werkstätten für forschungsethische Fragen. So entstand ein Curriculum, welches ab dem Wintersemester 2022/2023 eingesetzt wird. Es enthält sowohl transfer- und skalierbare Themen, wie etwa Gesundheitsgerechtigkeit, gute wissenschaftliche Praxis, Einführung in Theorien und Themen der Public Health Ethik, Forschungsethik, als auch Themen, die Bremen als innovativen Hochschul-Standort stärken, etwa der konsekutive Schwerpunkt „Health Humanities“.
Was planen Sie mit dem Preisgeld von 25.000 Euro beziehungsweise 15.000 Euro?
Coers: Zunächst möchten wir das Content-Kit weiterentwickeln. Das heißt, wir möchten es noch einfacher und zugänglicher nutzbar machen sowie weitere Funktionen implementieren. Dazu haben wir von den Studierenden der vergangenen Semester wertvolles Feedback erhalten, aus dem wir in der technischen Weiterentwicklung nun entsprechende Konsequenzen ziehen können.
Staden: Darüber hinaus möchten wir das Content-Kit und die mit der technischen Umsetzung einhergehende didaktische Konzeption über eine Integration in vorhandene Bremer IT-Struktur umfassender zur Verfügung zu stellen. Wir möchten dadurch Möglichkeiten ausloten, die Plattform für die Verzahnung der verschiedenen Phasen der Lehrkräfteausbildung in Bremen nutzbar zu machen. Hier sehen wir die Chance, schrittweise eine engagierte und kompetente Community mit dem Fokus auf digital unterstütztes Lehren und Lernen im Sachunterricht aufzubauen.
Hansen: Ich möchte das Geld nutzen, um die Public Health Ethik in Bremen weiter auszubauen. Das kann zum Beispiel durch die Weiterentwicklung der Lehr-Lern-Formate, durch Vorarbeiten für Projekte oder durch Veranstaltungen wie Tagungen oder Workshops geschehen. Wie bisher möchte ich diesen Weg gerne mit den Studierenden gehen, das heißt mit ihnen zusammen überlegen, was sinnvolle Einsatzmöglichkeiten sind.